von Richard Strauss (1864-1949), Oper in einem Akt, mit Prolog, Libretto: Hugo von Hofmannsthal, U.A. 4. Oktober 1916, Wien Hofoper
Regie/Kostüme: Laurent Pelly, Bühne: Chantal Thomas, Licht: Joël Adam, Dramaturgie: Agathe Melinand
Dirigent: Michael Schønwandt, Orchestre der Opéra Nationale de Paris
Solisten: Franz Grundheber (Haushofmeister), Martin Gantner (Ein Musiklehrer), Sophie Koch (Der Komponist), Klaus Florian Vogt (Der Tenor/Bacchus), Kevin Amiel (Ein Offizier), Dietmar Kerschbaum (Ein Tanzmeister), Piotr Kumon (Ein Perückenmacher), Ugo Rabec (Ein Lakai), Elena Muşoc (Zerbinetta), Karita Mattila (Primadonna/Ariadne), Olga Seliverstova (Najade), Agata Schmidt (Dryade), Ruzan Mantashyan (Echo), Edwin Crossley-Mercer (Harlekin), Oleksiy Palchykov (Scaramuccio), Andriy Gnatiuk (Truffaldino), Cyrille Dubois (Brighella)
Besuchte Aufführung: 22. Januar 2015 (Premiere)
Vorbemerkung
Ursprünglich als Dank für Max Reinhardt gedacht, der die Uraufführung des Rosenkavaliers inszeniert hatte, und inspiriert durch die comédies-ballets Molières und Lullys zur Zeit Ludwigs XIV., wurde die Oper in einer Bürger als Edelmann Version 1912 in Stuttgart aufgeführt. Die Reaktion war kühl. Im Laufe der nächsten Jahre haben Hofmannsthal und Strauss sie völlig überarbeitet und zum eigenständigen Werk gemacht, wie wir es heute kennen. Molière wurde gestrichen und der ganze Prolog sowie Teile der „Oper in der Oper“ neu geschrieben. Die Uraufführung dieser neuen Kammeroper fand dann mit großem Erfolg 1916 in Wien unter der Leitung von Bruno Walter statt, u.a. mit Lotte Lehmann und Maria Jeritza. In einem Brief von 1924 schreibt Hofmannsthal an Strauss: Ariadne ist nun einmal mein Liebling unter den Kindern.“
Kurzinhalt
Im Prolog erfährt man, daß zum Fest eines reichen Mäzens in Wien erst die opera seria Ariadne, und anschließend noch eine Posse à la commedia dell’arte aufgeführt werden sollen. In den Ankleideräumen bereiten sich die Künstler darauf vor. Der junge, idealistische Komponist der Oper versteht nicht, warum man nach seinem tragischen Werk noch eine so leichte Komödie aufführen will. Die frivole Zerbinetta wiederum versteht nicht, warum die im Stich gelassene Ariadne sich nicht sofort einen neuen Liebhaber zulegt statt auf den Tod zu warten. Als aus Zeitmangel die beiden Werke verschmolzen werden sollen, hält den entsetzten Komponisten nur das für ihn lebenswichtige Honorar davon ab, sein Werk zurückzuziehen. Zerbinetta und ihre Tänzer hingegen finden es sehr angebracht, die Tragik der Oper etwas aufzuhellen. In der „Oper in der Oper“ beklagt die tief veranlagte Ariadne todessehnsüchtig den Verlust ihres Geliebten. Weder die fröhlichen Tänze noch die leichtfertige Arie der Zerbinetta können sie trösten. Erst als Bacchus erscheint, den sie für den Todesgott hält, erwacht sie in seinen liebeszaubernden Armen zu neuem Leben, zu neuer Liebe. Doch Zerbinetta, die die Wandlung beobachtet, versteht nicht wirklich, was in Ariadne vorgeht.
Aufführung
Der Salon im Hause des reichen Mäzens ähnelt mehr der Empfangshalle eines modernen Fünf-Sterne-Hotels. Draußen schneit es, Hauspersonal erscheint in Lederhosen. Die Primadonna in langemAbendkleid entsteigt einer Luxuslimousine. Der Musiklehrer trägt Smoking, sein Komponistenschüler einen eleganten Straßenanzug, die Tänzer sind bunte gekleidete Vorstadtkerle. In der „Oper in der Oper“ ist Naxos der Rohbau eines Betonhauses in der Ariadne in langem Gewande „squattet“, dahinter entsteigen die Tänzer diesmal als Strandtouristen in bunten Shorts und Buschhemden einem VW Bus. Die Choreographie ist lebendig.
Sänger und Orchester
Mit ihrem hellen, feinen Timbre und klarer Stimmführung beherrscht Sophie Koch als der junge Komponist den Prolog. Auch im Sprechgesang bleibt ihre Stimme klangvoll. Tiefer Ernst in Musik ist eine heilige Kunst und leichte Verwunderung im Zwiegesang mit Zerbinetta. Mit warmem Bariton ist Martin Gantner der beschwichtigende Musiklehrer. In der „Oper in der Oper“ kommt dann auch der volle, in den hohen wie in den tiefen Passagen starke Sopran Karita Matilas als Ariadne voll zur Geltung. Besonders ausdrucksstark, stimmlich wie schauspielerisch, der zweite Monolog Es gibt ein Reich, wo alles rein ist. Mit leichtem beweglichem Koloratursopran spielt und singt Elena Muşoc den allgegenwärtigen Irrwisch Zerbinetta. Sie ist umwerfend und erntet anhaltenden Szenenapplaus für ihre Bravourarie Großmächtige Prinzessin. Schließlich erweckt Klaus Florian Vogts Bacchus mit intensivem unwiderstehlichem Heldentenor in einem bewegendem Schlußduett, Ariadne zu neuer Liebe. Michael Schønwandt dirigiert das Orchester durch die reichhaltige Partitur und läßt die Soloinstrumente klar hervortreten.
Fazit
Die Inszenierung ist nicht übermäßig originell, aber stört auch nicht. Musikalisch hingegen ist die Aufführung einheitlich ausgezeichnet. Es gab viel Applaus.
Alexander Jordis-Lohausen
Bild: Bernard Coutant
Das Bild zeigt: Karita Mattila (Ariadne), dahinter die Tanztruppe