von Giacomo Puccini, Dramma lirico in drei Akten, Libretto: Giuseppe Adami und Renato Simoni, Schlußduett und Finale komplettiert von Farnco Alfano, UA: 26. April 1926, Mailand
Regie: Andrea Moses, Bühne/Kostüme: Christian Wiehle
Dirigent: Will Humburg, Staatskapelle Weimar, Opernchor, Philharmonischer Chor Weimar, Einstudierung: Markus Oppeneiger,
Solisten: Catherine Foster (Turandot), Ki-Chun Park (Prinz Calaf), Larissa Krokhina (Lìu), Renatus Mészár (Timur), Klaus Gerber (Altoum, Kaiser von China), Alexander Günther (Ping), Artjom Korotkov (Pang), Friedrich Aurich (Pong)
Besuchte Aufführung: 28. März 2009 (Premiere).
Kurzinhalt
Die Vereinbarung Prinzessin Turandot mit ihrem Vater Altoum besagt, daß sie nur den Mann heiraten muß, der drei von ihr gestellte Rätsel lösen kann, ansonsten wird er geköpft. Während der Hinrichtung des Prinzen von Persien trifft Prinz Calaf auf seinen zusammen mit der Sklavin Lìu im Exil lebenden Vater Timur. Obwohl Calaf Turandot anfänglich wegen ihrer Grausamkeit verflucht, erliegt er ihrer Schönheit. Trotz flehender Bitten des Vaters und dem Liebesgeständnisses Lìus schlägt er den Gong zum Zeichen, daß er sich den Rätseln der Prinzessin stellen will. Unerwartet kann er alle drei Fragen beantworten, doch Turandot weigert sich ihm zu beugen. Calaf möchte sie jedoch nicht unter Zwang zur Frau nehmen, sondern ihre Liebe gewinnen und stellt ihr daher ein Gegenrätsel. Wenn es ihr gelingt, bis zum Morgen seinen Namen zu erfahren, dann darf sie ihn töten. Daraufhin befiehlt sie, daß keiner in dieser Nacht schlafen darf, bevor nicht der Name gefunden ist. Lìu und Timur werden gefangen genommen und verhört. Aus Liebe zu Calaf ersticht sich Lìu, um dadurch sein Geheimnis zu schützen. Calaf hat wieder gesiegt und Turandot gibt widerwillig zu, daß sie vom ersten Augenblick an ihn sowohl haßte aber auch liebte. Ein erster Kuß besiegelt ihre Liebe.
Aufführung
Der Bühnenraum wird durch eine halb runde Tribüne beherrscht, welche zu Beginn der Oper mit der Rückseite zum Publikum den Blick auf den dahinter liegenden Raum versperrt. Der Chor in weißer, Sportbekleidung und mit Sonnenbrillen das anonyme Volk und den Hofstaat verkörpernd, betritt bei noch angeschalteter Saalbeleuchtung als quasi zusätzliches Publikum den Zuschauerraum zu beiden Seiten und erobert langsam die Bühne. Ein Ausrufer im silberglänzendem „Onkel Sam“-Kostüm lockt sie in den Innenraum. Die Tribüne dreht sich langsam und offenbart einen langen Laufsteg, welcher in eine runde Bühne mündet. In großen Lettern zu Fuße der Bühne steht Turandot’s Riddlers Club (Turandots Rätselclub). Die Prinzessin, in schwarzem Hosenanzug, wird durch ein Gruppe Cheerleader in weiß-silbernen Trikots mit dazu passenden Pompoms in das Stadium hereingeführt. Das Bild erinnert unwillkürlich an die Superbowl-Veranstaltungen in den USA. Für die Rätselzeremonie werden zwei weiße Drehsessel auf der Bühne plaziert, so daß sich Turandot und Calaf wie in einer Quizshow gegenüber sitzen. Der Stimmungswechsel der Beleuchtung verstärkt diesen Effekt zusätzlich. Immer wieder wird die Bühne gedreht, um unterschiedliche Blickwinkel zu ermöglichen.
Sänger und Orchester
Puccinis letzte Oper ist schon allein durch Klangkomposition und Pentatonik, das Lokalkolorit des Morgenlandes verstärkend, ein Erlebnis.
Will Humburg verstärkt durch seine stringente Orchesterführung und gezieltes Herausarbeiten einzelner Klanggruppen der Staatskapelle Weimar die Melodiengewalt der Oper. Vor allem das Blech wird dem Hörer nicht nur aus dem Orchestergraben präsentiert, sondern auch auf der Bühne. Allein von der Lautstärke her wäre dies, vor allem mit dem durch den Philharmonischen Chor Weimar verstärkten stimmgewaltigen und dynamischen Opernchor völlig ausreichend gewesen, doch wurden zum störenden Überfluß durch Lautsprecher weitere Bläser eingespielt: ein Dolby-Surround-Effekt im sprichwörtlichen Sinne.
Die beiden Hauptdarsteller, Catherine Forster (Turandot) und Ki-Chun Park (Calaf), beherrschen zwar bravourös und mit strahlenden, starken Stimmen ihre überaus schwierigen Gesangspartien, aber in der Darstellung ihrer Charaktere können beide nicht überzeugen. Gerade der dramaturgisch schwierig zu begründende Wechsel Turandots Gefühle zu Calaf wird in ihrem Ausdruck kaum aufgegriffen. Park erreicht nicht den erwarteten Gänsehauteffekt im berühmten Nessun dorma – niemand schläft und wirkt allgemein mehr ab- als anwesend. Hingegen begeisterte Larissa Krokhina (Lìu) sowohl stimmlich als auch darstellerisch. Die weiten Intervallsprünge ihrer Arien bewältigte sie ohne Schwierigkeiten und führte ihre Stimme überaus leicht und leise in die höchsten Höhen. Für ihre glühende Liebeserklärung erntete sie den ersten Szeneapplaus des Abends und ihr selbstloser Freitod rührte zu Tränen.
Fazit
Das gelungene Zusammenspiel von puristischer Bühnenausstattung, intelligenter Regieführung und glänzenden Sängern macht die Weimarer Turandot zu einem gelungenen Opernerlebnis und ist für alle Puccini-Liebhaber zu empfehlen.
Josephin Wietschel
Bild: Anke Neugebauer
Das Bild zeigt: Larissa Krokhina (Lìu) beschwört Ki-Chun Park (Calaf) Catherine Foster (Turandot) zu vergessen und mit ihr und Renatus Mészàr (Timur) zu fliehen.