Bremen, Theater am Goetheplatz – MAOMETTO SECONDO

von Gioachino Rossini (1792-1868), Dramma per musica in zwei Akten, Libretto: Cesare della Valle, UA: 03.12.1820, Neapel
Regisseur: Michael Hampe, Bühne: Alberto Andreis, Kostüme: Maria Chiara Donato
Dirigent: Daniel Montané, Bremer Philharmoniker und Chor des Theater Bremen, Einstudierung: Tarmo Vaask
Dramaturgie: Hans-Georg Wegner
Solisten: István Kovács (Maometto II.), Anna Pegova (Anna Erisso), Luis Olivares (Paolo Erisso), Nadja Stefanoff (Calbo) u.a.
Besuchte Aufführung: 15. März 2009 (Premiere, Übernahme vom Rossini Opera Festival, Pesaro 2008)

Kurzinhalt
bremen-maometto.jpgAnna verliebt sich auf einer Schiffsreise in den Sultan Maometto, der seine wahre Identität nicht preisgibt. Bei der Eroberung der Zitadelle Negroponte werden Annas Vater Erisso (Statthalter) und Offizier Calbo, die die Venezianer befehligen, gefangengenommen. Maometto bietet ihnen Frieden an, wenn sie sich ergeben. Erisso und Calbo lehnen ab, woraufhin sie hingerichtet werden sollen. Anna, die den Kampf miterlebt hat, bittet den Sultan, ihren Vater zu verschonen. Dabei erkennt sie in ihm ihren Geliebten. Unter der Drohung, sie würde sich umbringen, läßt Maometto ihrem Vater und Calbo die Fessel abnehmen. Erisso muß mit ansehen, wie seine Tochter ins feindliche Lager gebracht wird. In seinem prächtigen Zelt versucht Maometto Anna, von seiner Liebe zu überzeugen, bis diese nachgibt. Als er sich erneut zum Kampf rüsten muß, verlangt Anna von ihm ein sie schützendes Pfand und bekommt seinen Siegelring. Am Grab ihrer Mutter läßt Erisso Anna schwören, daß sie ihr Vaterland nicht verraten hat. Als Beweis dafür gibt sie ihm den Siegelring, und die beiden können fliehen. Dadurch erringen die Venezianer den Sieg gegenüber Maometto. Anna stellt sich den aufgebrachten Türken und dem Sultan, der außer sich vor Zorn seinen Siegelring zurückfordert. Da ersticht Anna sich und stirbt in den Armen ihres Geliebten.
Aufführung
Michael Hampe inszenierte in der historischen Spielzeit von 1473. Die Protagonisten trugen für die damalige Zeit etwas zu prächtige Kostüme. Dabei steckten die Venezianer in graublauen Rüstungen mit stahlfarbenen Helmen und die gegnerischen Muselmanen (Türken) in rot-goldfarbenen Gewändern mit glänzenden Brustschilden und turbanähnlichen Kopfbedeckungen. Alle Männer trugen Lederstiefel und Säbel, alle Frauen bodenlange Kleider.
Die Bühnenbilder wirkten wie Gemälde. Über den jeweils im Mittelpunkt der Handlung stehenden Gegenstand (Mauer, Kreuz, Grab) wurde das Wesentliche der Szene ausgedrückt.
Mit der Beleuchtung auf der Bühne wurde erreicht, sich in die jeweilige Tageszeit des aufziehenden Morgens oder der sich verdunkelnden Nacht gut einzufühlen.
Sänger und Orchester
Den Sängerinnen und Sängern des Chores gelang es, den muselmanischen und venezianischen Frauen und Soldaten darstellerisch und musikalisch während der gesamten Aufführung eine tragende Rolle zu geben. Präzise und aufmerksam in ihren Einsätzen, differenziert in der Lautstärkensteuerung vom feinen Piano bis zum großen Forte unterstrichen sie die jeweilige Stimmung. Sie ließen kleine Szenenwechsel kaum merkbar ineinander überfließen und gaben der Oper mit dem Kriegsrat der Soldaten einen höchst eindrucksvollen Anfang.
Daniel Montané, der erste Kapellmeister des Hauses, begeisterte mit den Bremer Philharmonikern über die drei Stunden der Aufführungsdauer. Sauber intonierende Blechbläser, aber auch fein gesetzte Klarinettensoli zeichneten auftauchenden Kriegslärm sowie Aufbruchs- oder Abschiedsstimmung mit ihren hereinbrechenden Gefühlen musikalisch nach. Das Harfenspiel als Verbindung zum Himmlischen war ein besonderer musikalischer Leckerbissen.
Die koloraturengespickte Stimmführung in der Komposition stellte an die vier Solisten außerordentliche Ansprüche. Allen voran sang Nadja Stefanoff (Calbo) ihre sich zum Ende hin fulminant steigernden Partien mit einem unglaublichen Stimmumfang und wurde zum Publikumsliebling des Abends. Anna Pegova (Anna Erisso) gelange es mit ihren kraftvollen und klagenden Melodien von starker Ausstrahlung die schwierige Ambivalenz ihrer Rolle den Zuschauer spüren zu lassen. István Kovács (Maometto) gab dem türkischen Herrscher zwar ein äußerst passendes Gesicht, aber sein Baß klang manchmal etwas zu angestrengt. Luis Olivares (Paolo Erisso) körperliche Präsenz füllte seine Rolle als verzweifelter Vater und loyaler Statthalter im wahrsten Sinne des Wortes aus. Stimmlich gelang ihm dies mit Ausnahmen ebenfalls.
Fazit
Diese üppig ausgestattete Rossini Oper – eine Opera seria und keine Opera buffa – berührte über die Spannung der kaum lösbaren Schwierigkeiten zwischen Vater und Tochter sowie über die immer wieder ausgebremste Angriffslust der politischen Feinde, die dramatisch und musikalisch differenziert gestaltet wurden. Hampe stellte die historischen Zusammenhänge zwar etwas plakativ auf die Bühne, aber er unterließ eine ansonsten gerne gewagte Übertragung in die heutige Zeit. Das Publikum wußte das offenbar zu schätzen und dankte mit donnerndem Applaus.
Carola Jakubowski

Bild: Jörg Landsberg

Das Bild zeigt: Anna (Anna Pegova) bittet um die Freilassung der Gefangenen

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