von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Dramma per musica in drei Akten in italienischer Sprache mit Übertiteln in Deutsch, Englisch, Französisch und Türkisch. Libretto: Nicola Francesco Haym. UA: 20. Februar 1724 London, King’s Theatre Haymarket
Regie: Lydia Steier, Bühne: Katharina Schlipf, Kostüme: Ursula Kudrna, Dramaturgie: Johanna Wall, Licht: Diego Leetz
Dirigent: Konrad Junghänel mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin
Solisten: Dominik Köninger (Julius Cäsar), Valentina Farcas (Cleopatra), Ezgi Kutlu (Cornelia), Theresa Kronthaler (Sesto Pompeo), Anna Bernacka (Tolomeo), Günter Papendell (Achillas), Mika Yoneszawa (Solo-Violine)
Besuchte Aufführung: 31. Mai 2015 (Premiere)
Vorbemerkung
In dieser Produktion sind die Rezitative und Arien teilweise gekürzt, die Rollen des Curio und Nireno gestrichen. Stattdessen sind Pompeo sowie die Kinder Cleopatra und Tolomeo dazu gedichtet. Damit ist das Gleichgewicht der Charakterzeichnung und der Handlung gestört.
Kurzinhalt
Julius Cäsar eilt nach Ägypten, um seinen Widersacher Pompeo zu besiegen. Pompeos nichts ahnende Gattin Cornelia drängt Cäsar, mit ihm Frieden zu schließen. Der Herrscher ist bereit auf ihren Antrag einzugehen. Doch zur Begrüßung serviert ihm Pharao Tolomeo den abgeschlagenen Kopf des Pompeo. Der Kaiser verabscheut diese Greueltat an einen römischen Staatsbürger und schwört Rache. Achillas erwartet von Tolomeo die Erfüllung seines Versprechens: für die Ermordung des Pompeo die schöne Cornelia, seine Witwe, zu bekommen. Allerdings wird Cornelia auch vom Pharao begehrt. Anstatt sich die Regentschaft mit seiner gleichberechtigten Schwester Cleopatra zu teilen, regiert Tolomeo alleine. Cleopatra sieht in der Ankunft Cäsars ihre Chance und will Cäsars Herz erobern. Dies gelingt ihr auf Anhieb und eine gegenseitige, innige Liebesbeziehung entsteht.
Es kommt zum Kampf. Achillas ist von seinem Herrn enttäuscht. Im Sterben übergibt er Cäsar die Gewalt über seine Truppen. Cäsar macht Cleopatra zur Königin Ägyptens.
Aufführung
Das Lichtgestaltung von Diego Leetz steigert durch ändert Farbänderungen effektvoll die ästhetische Wirkung der Bilder. Die Bühne stellt einen hohen Barocksaal in renovierungsbedürftigem Zustand dar. Links und rechts schließen sich zwei Nebenräume an, deren sehr breite Seitenwände sie schmaler erscheinen lassen. Blumen und Blätterranken schmücken vergoldete Gesimse. Ein rotes Sofa, ein Gemälde und ein Spiegel möblieren das linke Zimmer. Einige Hirschgeweihe zieren die Zimmerwände im rechten Raum. Die Bühnenmitte dominiert eine große Tür mit einer schwarz gedeckten Tafel davor. Auf der Tafel liegen ein übergroßer Fisch, einige Obstschalen und ein großer Schinken. Dazwischen landet auch der abgetrennte Kopf des Pompeo. Später verwandelt sich die Tafel in drei Terrarien mit jeweils darin liegenden lebensgroßen Krokodilen. Der Chor tritt in schwarzer, opulenter Garderobe auf, teilweise tragen die Sänger auffällige Glatzen. Cäsar erscheint auf einem weißen Pferd, flankiert von Cornelia und Sesto Pompeo. Cleopatras Kleid ist in Ockergold mit ausgestelltem Unterrockgitter. Im selben Kostüm und Maske sind alle Frauen des pharaonischen Harems gekleidet. Später erscheint Cleopatra in schwarzer Reizwäsche, darüber geschnürtem weißen Tuch und Overknee-Lederstiefel. Cäsar trägt ein weißes Hemd, eine Trägerhose und darüber eine braune Weste.
Sänger und Orchester
Das Orchester musizierte auf historischen Instrumenten. Sein gepflegter Klang wurde zwischendurch gestört durch Klatschen und Trampeln des Chores und der Statisten oder der Schmerzensschreie Sestos. Konrad Junghänel führte das Orchester musikalisch auf vollkommener Weise. Doch die klangschönen Chöre waren etwas albern im Auftreten. Zentrale Rolle der Oper zeigte sich in Valentina Farcas (Cleopatra) leidend und liebend mit einem warmen Sopran, deutlich in der Aussprache und meisterhaft ausgesungenen Koloraturen vor allem in V’adoro pupille – Ich bete euch an, ihr Augen (2. Akt). Ihren Geliebten Julius Cäsar gab Dominik Köninger mit einer überzeugenden Bühnenpräsenz. Der Mezzosopran von Ezgi Kutlu (Cornelia) faszinierte mit ihrem Timbre, war durchsetzungsstark und brillant. Sie spielte ihre Einsätze zauberhaft und die in der Rolle ihres Sohnes fungierende Theresa Kronthaler (Sesto Pompeo) wirkte knabenhaft, klar und leidenschaftlich. Mit vielen Seufzern ergreifend und temperamentvoll gestaltete sie Sestos Arie Svegliatevi nel core, furie d’un alma offesa – Erwache im Herzen, Wut einer gekränkten Seele (1. Akt) mit fließendem Registerwechsel. Gemeinsam meisterten sie makellos ihr Duett Son nata a lagrimar –Zum Weinen bin ich geboren (1. Akt). Den brutalen Pharao sang die Altistin Anna Bernacka (Tolomeo). Besonders klangschönen Einsätze von Achillas waren Günter Papendell vorbehalten, die Verzierungen klangen in Tu sei cor di questo core – Du bist das Herz meines Herzens (1. Akt) mühelos und angenehm in der Tiefe. Mika Yoneszawa (Solo-Violine) brillierte mit ihren Einsätzen in Cäsars Arie Se in fiorito ameno prato – Wenn auf der lieblichen Blumenwiese (2. Akt) und harmonierte mit dem Bariton von Dominik Köninger (Julius Cäsar).
Fazit
Diese kurzweilige Aufführung ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Interessant wurden die Kadenzen der historischen Praxis getreu verziert und durchzuführt. Das offensichtlich berührte Publikum würdigte die ästhetische und musikalische Leistung mit herzlichem Applaus und Bravorufen. Einige Buhs gingen in Richtung des Regieteams. Sie schufen ein weiteres Element in der Zerstörungskunst unserer Kultur.
Ruta Akelyte Hermann
Bild: IKO Freese/drama-berlin.de
Das Bild zeigt: Anna Bernacka (Tolomeo), Günter Papendell (Achillas) und auf dem Tisch; Dominik Köninger (Cäsar)