DIE PRINZESSIN VON TRAPEZUNT – Theater Baden-Baden

von Jacques Offenbach (1819-1880), Opéra-bouffe in drei Akten, Libretto: Charles Nuitter und Etienne Victor Tréfeu de Tréval, UA: 31. Juli 1869 Baden-Baden, Theater am Goetheplatz,

Regie: Anna Drescher Bühne/Kostüme: Hudda Chukri Dramaturgie: Maximilian Anton Hagemeyer

Dirigent: Martin Nagashima Toft, Philharmonie Baden-Baden

Solisten: Tayoung Lee (Cabriolo), Amelie Petrich (Zanetta), Elisandra Melián (Regina), Nadine Kettler (Paola), David Fischer (Tremolini), Oliver Jacobs (Fürst Kasimir), Hongmee Youn (Raphael), Nikolaj Alexander Brucker (Sparadrap)

Kooperation mit dem Festspielhaus Baden-Baden, der Stiftung Berliner Philharmoniker, der „Akademie Musiktheater heute“, der Deutsche Bank Stiftung und der Philharmonie Baden-Baden

Besuchte Aufführung: 6. Juni 2015 (Premiere 28.03.2015)

Theater Baden-Baden  Die prinzessinVorbemerkung

Das Theater Baden-Baden wurde nach den Plänen des französischen Architekten Charles Couteau in den 1860er Jahren errichtet und 1862 eingeweiht. Für die Theatereröffnung komponierte Hector Berlioz die Oper Béatrice et Bénédict, die am 9. August desselben Jahres dort unter dem Komponisten ihre Uraufführung erlebte. Neben Berlioz gastierten u.a. auch Johannes Brahms, Richard Strauss und Johann Strauß an diesem Haus, das somit auf eine ruhmreiche historische Tradition zurückblicken kann. Nicht zuletzt hat auch Jacques Offenbach selbst die Uraufführung seiner Princesse de Trébizonde in Baden-Baden geleitet. Das Gebäude wurde in den 1990er Jahren aufwendig restauriert und beeindruckt die Besucher bis zum heutigen Tag durch sein geschmackvolles historisches Ambiente.

Kurzinhalt

Cabriolo leitet eine Akrobatentruppe mit seiner Schwester Paola, seinen Töchtern Regina und Zanetta dem Clown Tremolini. Regina liebt Tremolini, gleichzeitig hat sich Prinz Raphael in Zanetta verliebt, die in der Wachsfigurenausstellung die in die Brüche gegangene Puppe der Prinzessin von Trapezunt nachstellt. Raphaels Vater Casimir würde seinen Sohn nicht unstandesgemäß verheiraten, weswegen er ihn durch seinen Diener Sparadrap bewachen läßt, welcher sich in Paola verliebt. Raphael hat heimlich ein Lotterielos in Cabriolos Kasse geschmuggelt, die Truppe gewinnt das Schloß. Bei einem Souper der Verliebten im Schoß platzt Casimir herein. Im letzten Moment stellt sich heraus, daß Casimir in jungen Jahren eine Zirkusakrobatin geheiratet haben soll. Durch Zufall lösen sich die Standesunterschiede auf und alle Paare können heiraten.

Aufführung

Das Bühnenbild ist einfach gehalten: zu Beginn eine Litfaßsäule, Kletterstangen und ein paar Requisiten. Im zweiten Akt ist ein scherenschnittartiges Schloß zu sehen, das einer Kinderzeichnung entstammen könnte, im dritten Akt wechselt die Szene in eine Zirkusmanege. Die Kostüme sind in weiten Teilen der Commedia dell’arte entlehnt. Die Inszenierung stammt von der Stipendiatin Anna Drescher der Stiftung „Musiktheater Heute“. Die Regisseurin versucht in einer flippigen Erzählweise die Balance zwischen der Commedia dell’arte und der heutigen Zeit zu finden. Offenbachs Opéra-bouffe ist sehr dialoglastig, doch die deutsche Dialogfassung von Maximilian Anton Hagemeyer ist durchaus kurzweilig.

Sänger und Orchester

Da das Theater Baden-Baden nicht über ein festes Sängerensemble verfügt, hat man für dieses Projekt überwiegend junge Nachwuchskünstler in Kombination mit einigen Schauspielsängern des Ensembles engagiert. Die Dialoge sind in deutscher Sprache, die Gesangsnummern auf Französisch. Amelie Petrich als Zanetta überzeugt mit einem klaren beweglichen Sopran. Verspielt und ausdrucksstark beweist sie auch in den hohen Lagen eine sichere Technik. Hier könnte in den kommenden Jahren eine interessante stimmliche Entwicklung stattfinden. Elisandra Melián kämpft vor allem in den Dialogen mit der deutschen Artikulation, im Französischen ist ihr sprachlicher Ausdruck bereits wesentlich mehr geglättet, jedoch steht sie hinsichtlich der Textverständlichkeit hinter ihrer Sängerkollegin. Mit Fleiß und Präzision agiert auch die junge Südkoreanerin Hongmee Youn in der Hosenrolle des Prinzen Raphael. Allerdings merkt man ihr an, welche Herausforderung sie mit den Dialog- und Gesangstexten hat. Auch ihr Gesang wirkt zwar stimmlich passabel, jedoch sehr blaß und kühl im Ausdruck. David Fischer dagegen interpretiert die Partie des Tremolini mit kräftigem Timbre und einer sauberen französischen Artikulation. Der Bariton Taeyoung Lee singt äußerst stimmgewaltig den Cabriolo. Auch hier sind in Dialog und Gesang noch gewisse Sprachdefizite zu erkennen, sein Timbre ist dagegen durchdringend und beinahe etwas zu kräftig im Gegensatz zu den anderen Sängern. Erfrischende Schauspielkunst lieferten dagegen Oliver Jacobs (Fürst Casimir), Nikolaj Alexander Brucker (Sparadrap) und Nadine Kettler (Paola), die in den Ensembles auch Gesangspartien übernehmen. Diese wirken in der musikalischen Einstudierung von Judith Kubitz und Martin Nagashima Toft sehr ausgeglichen und lassen die Unterschiede zu den professionellen Sängern in den Hintergrund treten. Überraschend ist die überdurchschnittlich gute Akustik des Opernhauses. Trotz reger Bühnenaktion innerhalb der Gesangsnummern hat der Raum keine akustischen Löcher, die den Höreindruck vermindern oder stören. Die Philharmonie Baden-Baden überzeugt hier als Opernorchester. Die solistischen Passagen, wie u.a. in Violine und Klarinette, sind sanft und lyrisch, das Orchester ist sehr gut einstudiert worden. Aus dem Orchestergraben steigt ein in sich geschlossener warmer Klang, der nie die Solisten übertönt.

Fazit

Ein am Ende musikalisch doch sehr gelungener Opernabend. Allerdings schade, daß an diesem Haus meist nur zwei Opernproduktionen im Jahr gastieren. Ein Ausflug ans Theater Baden-Baden ist auf alle Fälle zu empfehlen.

Daniel Rilling

Bild: Stephanie Schweigert

Das Bild zeigt: Oliver Jacobs (Fürst Kasimir), David Fischer (Tremolini), Tayoung Lee (Cabriolo), Amelie Petrich (Zanetta), Hongmee Youn (Raphael), Elisandra Melián (Regina), Nikolaj Alexander Brucker (Sparadrap), Nadine Kettler (Paola) v.l.n.r.

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