COSÌ FAN TUTTE – München, Theater am Gärtnerplatz

von: Wolfgang A. Mozart, Oper in zwei Akten, Libretto: Lorenzo Da Ponte UA: 26. Januar 1790 Wien, Burgtheater

Regie: Olivier Tambosi, Bühne: Bengt Gomér, Kostüme: Carla Caminati

Dirigent: Michael Brandstätter und das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Solisten: Magdalena Hinterdobler (Fiordiligi), Maria Fiselier (Dorabella), Matija Meić (Gulielmo), Stefan Cifolelli (Ferrando), Elaine Ortiz Arandes (Despina), Holger Ohlmann (Don Alfonso)

Besuchte Aufführung: 14. Juni 2015 (2. Premiere)

München Cosi fan tutteKurzinhalt

Ferrando und Guglielmo sind überzeugt von der Treue ihrer Verlobten Fiordiligi und Dorabella. Doch Don Alfonso wettet mit ihnen auf das Gegenteil: Zusammen mit dem Kammermädchen Despina plant er eine Intrige, um ihre Treue auf die Probe zu stellen. Die Männer geben vor in den Krieg zu ziehen und verkleiden sich als fremdländische Verehrer, mit der Absicht, ihre Verlobten in anderer Kleidung zu verführen. Zunächst weisen Fiordiligi und Dorabella die beiden ab. Doch nach einigem Hin und Her lassen sie sich verführen. Als die Intrige aufgedeckt wird, klagen Fiordiligi und Dorabella Don Alfonso an, doch dieser beteuert, die Paare nur belehren zu wollen. Die wiedervereinten Paare schwören sich von nun an Treue und Vernunft in ihrer Beziehung walten zu lassen.

Aufführung

Im ersten Akt erinnert die Bühne an ein Schwimmbad. Der Raum ist komplett mit weißen Kacheln ausgekleidet, auf weitere Requisite wird komplett verzichtet. Im zweiten Akt wird mit grünen Bambusstämmen versucht, eine exotische Gartenatmosphäre zu erzeugen. Glasterrarien mit Schlangen und Äpfeln deuten wohl das biblische Motiv der Versuchung im Paradies an. Fiordiligi und Dorabella machen mit ihrer Kostümierung eine Reise durch verschiedene Stilepochen: vom barocken Gewänder mit seitlichen Reifröcken und weißen Perücken bis hin zu weiß-roten Schürzenkleidern. Einziger roter Faden bleibt die Farbsymbolik weiß-rot: im Laufe der Verführung wird die Tugend der Schwestern mehr und mehr von einer inneren femme fatale besiegt.

Sänger und Orchester

Schon die Ouvertüre verspricht höchstes Niveau, bei der musikalischen Ausführung. Michael Brandstätter dirigiert mit sehr konzentrierten Bewegungen das Andante und schenkt jedem Ton die nötige Aufmerksamkeit. Sein Legatodirigat entfaltet von Anfang bis Ende einen weichen, sehr subtilen Klang. Die Männerstimmen sind in ihrer Klangfarbe sehr unterschiedlich und ergänzen sich in den Terzetten zu einem harmonisch abwechslungsreichen Gesamteindruck. Stefan Cifolelli (Ferrando) hat einen klirrenden, schlanken Tenor, mit dem er kraftvoll in die Höhe kommt. In der Arie Un aura amorosoDer Atem der Liebe zeigt er gefühlvollen und differenzierten Stimmeinsatz. Im ersten Durchlauf ist er zwar etwas aufgeregt und kurzatmig, fängt sich aber in der Wiederholung und zeigt solides Können beim An- und Abschwellen der Stimme. Sein Mitstreiter Matija Meić (Guglielmo) überzeugt durch seinen leidenschaftlichen Einsatz: sein Bariton hat eine angenehm warme Färbung, die in den Höhen strahlt und in der Tiefe sonor und klar wirkt. Besonders gut zur Geltung kommt sein technisches Können in der Wutarie Donne mie la fate a tantiMädchen, so treibt ihr‘s mit allen : die schnellen Achtelsprünge in der Melodie akzentuiert er mit Präzision und schmettert dem Zuhörer in rhythmischer und tonaler Perfektion seine ganze Verachtung für das weibliche Geschlecht entgegen. Weniger emotional, dafür mit stoischer Haltung, präsentiert sich Holger Ohlmann in der Rolle des erhabenen Drahtziehers Alfonso. Sein dumpfer Baß klingt fest in der Tiefe und sorgt durch intensiven Gesang besonders in der kurzen Schlüsselszene Tutti accusan le donneAlle schelten die Weiber für Spannung. Die weiblichen Partien sind mit ebenfalls sehr unterschiedlichen Stimmfarben besetzt. Maria Fiselier (Dorabella) besticht mit sinnlich klingendem Mezzosopran, der hohen Widererkennungswert hat und dunkel und samtig klingt. Die lauten Töne liegen ihr besser als die leisen, was in der Arie Smanie implacibile – Furchtbare Qualen besonders zum Tragen kommt. Elaine Ortiz Arandes (Despina) setzt in ihren Partien mit i verspieltem, kühlen Sopran auf ihr komödiantisches Geschick und zeigt eine solide Leistung. Höhepunkt des Abends ist aber Magdalena Hinterdobler (Fiordiligi). Gleich in zwei Arien erbringt sie eine Glanzleistung mit ihrem lyrisch-vibrierenden Sopran, beide Male gefolgt von starkem Applaus. In Come ScoglioWie ein Fels besticht sie durch den weichen Wechsel zwischen Brust- und Kopfstimme und der unerschütterlichen Festigkeit in den Spitzentönen, rhythmisch perfekt und mit großer Dynamik. In der Arie per pietà ben mio – oh verzeih, Geliebter gelingen ihr selbst die harmonisch schwierigen Intervallsprünge vom g‘‘ zum c° mit Bravour. Im Zusammenklang mit Maria Fiseliers warmem Sopran sind auch die Terzharmonien in den Duetten ein Genuß, da beide Stimmen sich gegenseitig stützen und einen runden Klang erzeugen.

Fazit

Die musikalische Leistung des Ensembles geht unter die Haut und sorgt für eine atemberaubende Stimmung. Leider fällt die Inszenierung im Vergleich eher ab. Das Klamaukschauspiel und die vielen albernen Phallussymbole passen nicht immer und werden der vielschichtigen, psychologischen Dichte des Librettos kaum gerecht. Gesanglich wird man aber vor allem, dank Magdalena Hinterdobler und Matija Meić, enschädigt. Das Publikum würdigte ihre Leistung mit einem besonders kräftigen Applaus.

Melanie Joannidis

Bild: Thomas Dashuber

Das Bild zeigt: Magdalena Hinterdobler (Fiordiligi), Maria Fiselier (Dorabella), Elaine Ortiz Arandes (Despina), Holger Ohlmann (Don Alfonso), Stefan Cifolelli (Ferrando), Matija Meić (Guilelmo) v.l.n.r.

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