von Giuseppe Verdi (1813-1901), Melodramma in 3 Akten, Libretto: Francesco Maria Piave, UA: 6. März 1853, Venedig. Regie: Yona Kim, Bühnenbild: David Hohmann, Kostüme: Nadine Grellinger, Dramaturgie: Carla Neppl
Dirigent: Domonkos Héja, Robert-Schumann-Philharmonie, Chor der Oper Chemnitz
Solisten: Svetlana Katchour (Violetta Valéry), Tiina Penttinen (Flora Bervoix), Kathleen Glose (Annina), Zurab Zurabishvili (Alfredo Germont), Hans Christoph Begemann (Giorgio Germont), André Riemer (Gastone, Vicomte de Letorières), Matthias Winter (Baron Douphol) u. a.
Besuchte Aufführung: 2. Mai 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Auf einem Fest der Kurtisane Violetta Valéry, die kürzlich von einer Krankheit genesen ist, wird der Gastgeberin von Gaston ihr neuer Verehrer Alfredo Germont vorgestellt. Baron Douphol, Violettas momentaner Liebhaber, wittert mit Recht einen Nebenbuhler, denn Germont gesteht Violetta in einem Moment der Zweisamkeit seine tiefe Zuneigung. Der Verehrer erhält von der bewegten Angebeteten eine Kamelie, mit der Einladung, sie am nächsten Tag zu besuchen. Beide verlieben sich ineinander und ziehen hinaus aufs Land. Ihr Liebesglück wird jedoch durch die Ankunft von Alfredos Vater, Giorgio Germont, erheblich getrübt.. Er drängt Violetta, ohne Alfredos Mitwissen, seinen Sohn wieder zu verlassen, um seine Familie nicht in Verruf zu bringen. Violetta verschweigt Alfredo den Vorfall und verläßt ihn unter Liebesbezeugungen in Richtung Paris. Auf einem Ball von Violettas Freundin Flora begegnen sich Alfredo und Violetta, die wieder zu Baron Douphol zurückgekehrt ist. Es kommt zum Eklat und Alfredo wirft Violetta zornig ein Geldbündel vor die Füße, um sie für ihre Dienste zu entlohnen. Schon bald bereut Alfredo, unter den Vorwürfen des Vaters, seine Tat. Wochen später eilt Alfredo zur schwer erkrankten Geliebten, da er inzwischen von seinem Vater die Wahrheit über ihre scheinbare Abwendung erfahren hat. Doch beiden bleiben nur wenige Momente der Zweisamkeit, bis sie schließlich stirbt.
Aufführung
Das Bühnengeschehen wird durch alle Akte hindurch von einem großen Rundaufbau mit hohen Türen und Vorhängen dominiert, der durch dezent eingesetzte Drehbühnentechnik sowie variierende Tür- und Vorhangstellung immer neue Ein- und Ausblicke auf unterschiedliche Szenerien erlaubt. Es wird überzeugend deutlich, daß die weiße Außenfarbe Violettas Zartheit und Liebe wiedergibt, denn an der Außenseite der Rotunde spielen sich auch die intimen Szenen ab. Die rote Innenfarbe jedoch ist dem wollüstig ausschweifenden Leben der Bälle und dem Schlußbild mit herabgestürztem Leuchter vorbehalten. Die intelligent eingesetzte Ausleuchtung intimer Szenen und der Einsatz von in weiße Kleider gehüllten Mädchen, als Allegorie von Violettas Gefühlsleben, sorgen für dezente Bewegung auch außerhalb der Massenszenen. Die Ausstattung, auch der Kostüme, ist klassisch, ohne allzu verspielt oder überbordend zu wirken. Die Ausstattungsreduktion fällt jedoch an einigen Stellen auch eher nachteilig ins Gewicht, nämlich wenn z. B. die Protagonisten laut Gesangstext auf Briefpapier schreiben oder dieses lesen, aber gar keines in der Hand halten.
Sänger und Orchester
Die von Svetlana Katchour verkörperte Violetta ist von einer unglaublichen Zerbrechlichkeit in ihrer stimmlichen Ausgestaltung und ihrem Spiel. Ihre filigrane Technik kommt insbesondere in der Mittellage zum Tragen, wobei in den Spitzenbereichen der erstaunlich elastische Stimmumfang und das unvermutet eingesetzte Stimmvolumen aufhorchen lassen. Ihr zur Seite steht mit Zurab Zurabishvili (Alfredo) ein grandioser Tenor, der in der lyrischen Mittellage ebenso in seinen Bann zieht, wie in den stimmgewaltigen dramatischen Abschnitten. Sein Trinklied (Brindisi) im ersten Akt und seine Verzweiflung im letzten Akt, wie auch das Zusammenspiel beider, insbesondere im ersten und letzten Akt, beeindrucken stimmlich wie schauspielerisch über weite Strecken. Hans Christoph Begemann (Giorgio Germont) kann mit seinem Bariton dramatische Glanzpunkte setzen. Die Leistungen von Tiina Penttinen (Flora), Kathleen Glose (Annina), Matthias Winter (Douphol), André Riemer (Gastone) oder auch Martin Gäbler (Grenvil) fügen sich mit solidem Gesamteindruck passend in die gesanglich gut aufgestellte Aufführung ein. Die Robert-Schumann-Philharmonie unter Domonkos Héja erweist sich als subtiler Klangkörper, der sich wohltuend gegenüber den Solisten zurücknimmt und dennoch ein ausgesprochen ausgeprägtes Profil zeigt. Der bestens gestimmte Chor der Oper Chemnitz zeigte bedauerlicherweise einige Temposchwankungen.
Fazit
Eine schlanke Inszenierung mit intelligent zurückhaltendem Einsatz technischer Mittel, bei der die musikalische Darbietung der teilweise glänzenden Sänger im Vordergrund steht. Die Zuschauer dankten es mit lang anhaltendem Applaus und Bravorufen.
Dr. Andreas Gerth
Bild: Dieter Wuschanski
Das Bild zeigt: Svetlana Katchour (Violetta) und Zurab Zurabishvili (Alfredo)