von Giuseppe Verdi, Libretto: Temistocle Solera, Dramma lirico, UA: 9. März 1842, Mailand
Regie: Andreas Baesler, Bühne: Harald Thor
Dirigent:: Noam Zur, Essener Philharmoniker, Opern- und Extrachor des Aalto-Theaters, Choreinstudierung: Alexander Eberle
Solisten: Marco Chingari (Nabucco), Felipe Rojas Velozo (Ismaele), Michail Ryssov (Zaccaria), Francesca Patané (Abigaille), Bea Robein (Fenena)
Besuchte Aufführung: 11. April 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Nabucco, der König von Babylon, belagert die Stadt Jerusalem. Seine Tochter Fenena wird von den Hebräern als Geisel gefangen genommen. Sie verliebt sich in Ismaele, den Neffen des Hohenpriesters Zaccaria. Die beiden werden ein Paar. Als Nabucco den Tempel einnimmt, droht Zaccaria Fenena zu töten. Ismaele rettet sie aber. Nabucco läßt den Tempel niederbrennen und übergibt seiner Tochter Fenena den Thron, während er in einen weiteren Feldzug zieht. Fenenas Schwester, Abigaille, findet heraus, daß sie eigentlich von einer Sklavin abstammt. Hinzu kommt, daß auch sie Ismaele liebt. Sie
mißgönnt ihrer Schwester die Machtstellung und ihre Beziehung mit Ismaele und plant Rache. Nabucco kehrt aus dem Krieg zurück und will nicht nur wieder König sein, sondern auch noch als Gott verehrt werden. Er wird vom Blitz getroffen und mit Wahnsinn bestraft. Abigaille nutzt die Schwäche des Königs aus: sie reißt die Macht an sich, versklavt die Hebräer und verurteilt Fenena und Ismaele mit den anderen zum Tode. Nabucco läßt sie ebenfalls verhaften, um sich dafür zu rächen, daß er ihre Schwester bevorzugt hat. Im Gefängnis betet Nabucco aus Verzweiflung zu Jahwe, dem Gott der Hebräer, und wird erhört. Er kann das Liebespaar retten und läßt alle Gefangenen befreien. Zaccaria, der Hohepriester der Hebräer, anerkennt ihn als wahren König. Abigaille sieht ihre Schuld ein und nimmt sich das Leben.
Aufführung
Der Tempel der Hebräer wurde durch einen Obelisken angedeutet, der jüdische Schriftzeichen zeigte und als Altar diente. Eine drehbare Konstruktion, die von der Form an das römische Colosseum erinnerte, stellte den Palast Nabuccos dar. Darin gab es einen Treppenaufgang und mehrere Fenster, die wie Schaukästen aussahen. Die Kostüme ordneten den Schauplatz der Moderne zu. Sie waren zeitgenössisch: schlicht, aber aussagekräftig. Abigaille beispielsweise erschien in blauer Soldatenuniform und war mit einem Maschinengewehr bewaffnet. Die Hebräer hatten gemischte Kleidung an, manche glichen Rabbinern. Nabucco zeigte sich im eleganten Anzug mit langem Mantel. Seine Königsrobe, Umhang, Zepter und Krone, wurden zuerst in einem der Schaukästen präsentiert und später von Abigaille angelegt, Das sollte wohl die Machtergreifung symbolisieren.
Sänger und Orchester
Von Anfang an war die musikalische Präsenz aller Mitwirkenden auffallend. Bei der Ouvertüre gab Noam Zur ein schnelles Tempo vor, das vom Orchester aber befolgt wurde. Auch die Sänger paßten sich dem Eifer des Dirigenten an und sangen technisch einwandfrei. Besonders der Chor der Hebräer ist zu erwähnen, der allein durch seine zahlenmäßige Größe auffiel. Gesanglich brachte er ein unglaubliches Volumen auf die Bühne. Dabei wirkten die einzelnen Stimmen wie ein gut eingespieltes Team. Dies verdeutlichte besonders die Einheit der Hebräer untereinander. Michail Ryssov (Zaccaria) konnte durch seinen voluminösen und stabilen Baß den fürsorglichen Charakter seiner Rolle sehr gut darbieten. Als Hohepriester versuchte er sein Volk zu erbauen und ihm Hoffnung zu schenken. Ganz anders hingegen agierte Francesca Patané (Abigaille), deren energischer und an einigen Stellen fast schriller Sopran dennoch einer der Höhepunkte des Abends war. Sie verkörperte Rachsucht und Haß durch aggressive Gesten. Z.B. zielte sie am Anfang mit einem Maschinengewehr auf alle, die ihr im Weg standen. Besonders betroffen von ihrer Machtbesessenheit war Marco Chingari (Nabucco). Er gab einen sehr charismatischen Nabucco ab. Aber seine Baritonstimme wurde häufig von seiner Gegenspielerin Francesca Patané mit ihrer lauten Stimme übertönt. Chingari Stimme zeichnete sich aber durch ein sehr dunkles und erhabenes Timbre aus, das wiederum zu einem König sehr gut paßte. Die leibliche Tochter des Tyrannen Fenena wurde von Bea Robein gespielt. Sie verkörperte mit ihrem warmen Mezzosopran die Güte und Liebe zum jüdischen Volk. Felipe Rojas Velozo (Ismaele) machte mit seiner sehr klaren Tenorstimme auf sich aufmerksam.
Fazit
Bemerkbar war, daß die unterschiedlichen Gefühle, die in Verdis Musik zum Ausdruck gebracht werden, auch die Zuschauer ergriffen. Dies war ein großer Verdienst der Aufführung. Insgesamt blieb es der Vorlage nämlich sehr treu. Besonders heftigen Beifall und Begeisterungsausrufe gab es vom Publikum für Francesca Patané und Michaill Ryssov. Ein sehenswertes Stück mit vielen Höhepunkten.
Melanie Joannidis
Bild: Matthias Jung
Das Bild zeigt: Francesca Patané (Abigaille), Michael Haag (Oberpriester des Baal), Opern- und Extrachor des Aalto-Theaters, Marco Chingari (Nabucco), Felipe Rojas Velozo (Ismaele), Bea Robein (Fenena)