Meiningen, Staatstheater – PARSIFAL

von Richard Wagner (1813-1883), Musik und Text, Bühnenweihfestspiel in drei Akten, UA: 1882, Bayreuth.
Regie: Gerd Heinz, Bühnenbild: Rudolf Rischer, Kostüme: Monika Frenz
Dirigent: Hans Urbanek, Meininger Hofkapelle, Chor und Extrachor des Meininger Theaters
Solisten: Dae-Hee Shin (Amfortas), Jörn E. Werner (Titurel), Dominik Nekel (Gurnemanz), Hans-Georg Priese (Parsifal), Erdem Baydar (Klingsor), Anna-Maria Dur (Kundry/Stimme aus der Höhe), Gerhard Göbel (1.Gralsritter), Roland Hartmann (2.Gralsritter), Sybille Sachs (1. Knappe), Maida Karisik (2. Knappe), Stan Meus (3. Knappe), Jacques le Roux (4. Knappe), Sybille Sachs, Girn-Young Je, Ute Dähne (Blumenmädchen 1.Gruppe), Daniela Dott, Maida Karisik, Christiane Schröter (Blumenmädchen 2. Gruppe).
Besuchte Aufführung: 28. März 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
meiningen-parsifal.jpgGurnemanz unterweist gerade Knappen, als der kranke König Amfortas zum Bad getragen wird. Er leidet unter einer nicht heilenden Verletzung, die er bei dem versuchten Raub des heiligen Speers durch Klingsor im Zaubergarten erlitten hat. Kundry bringt Heilkraut für Amfortas Wunde. Doch gelingt die Heilung nicht, denn Amfortas Genesung würde nur durch die Berührung mit dem heiligen Speer möglich sein. Dies erreichte nur „ein reiner Tor“. Da taucht Parsifal auf. Gurnemanz hält ihn für den „reinen Tor“ und nimmt ihn mit in die Gralsburg. Als er sich getäuscht sieht, setzt er Parsifal vor die Tür. Parsifal findet den Zaubergarten Klingsors mit seinen verführerischen Mädchen. Als auch Kundry ihn im Zaubergarten nicht halten kann, versucht Klingsor ihn mit dem Speer zu bannen. Parsifal ergreift den Speer, der Zaubergarten versinkt. Parsifal kehrt zurück zur Gralsburg. Dort fordern die Ritter nach dem Tode Titurels von Amfortas, den Gral ein letztes Mal zu enthüllen. Doch Amfortas will lieber sterben. Parsifal heilt die Wunde mit dem Speer und enthüllt den Gral.
Aufführung
Die Vorstellung beginnt mit einer Überraschung: man fühlt sich in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Bayreuth zurückversetzt: Wieland Wagners bewegliche Scheibe wird reaktiviert. So hat Klingsor einen eleganten Abgang, indem sich die Scheibe teilt und dreht. Die Kostüme von Monika Frenz erinnern ebenso in Form, Schnitt und Farbe an die fünfziger Jahre, genauso wie die Reduzierung auf die notwendigsten Requisiten.
Gerd Heinz erzählt minutiös die Geschichte der Oper Parsifal mit einer genauen Personenführung in einer österlichen Schlichtheit. Nur das Schlußbild gestaltet er anders als vom Komponisten vorgesehen: Parsifal erlöst Amfortas mit dem Speer, vereint Amfortas mit Kundry und die Gralsritter mit den Blumenmädchen. Parsifal ermöglicht im neuen Ritual allen den Zugriff auf den Gral und dessen Kraft. Gleiches Recht für alle – vielleicht auch für freie Liebe?
Sänger und Orchester
Unter der Leitung von Hans Urbanek stellt die Hofkappelle unter Beweis, daß man ihr durchaus eine Festspielwürdigkeit für das Bühnenweihfestspiel attestieren kann. Was da an diesem Abend aus diesem viel zu kleinen Orchestergraben heraufdringt (es passen nur 55 Musiker in den Graben!) stellt selbst größere Orchester hinsichtlich Klangvielfalt, Farbenpracht, Spielwitz und Exaktheit im Zusammenspiel in den Schatten. Ihm gelingt es, eine klare Linie zu zeichnen ohne die Klangbilder allzu breit auszuwalzen: Die Dauer des ersten Aktes (unter 90 Minuten!) ist nicht nur für Wagnerianer ein deutliches Zeichen – Andere Dirigenten benötigen mehr als zwei Stunden. Auch der Karfreitagszauber im dritten Akt gerät zu einem unvergeßlichen Ereignis!
Durchgehend adäquat besetzt ist die Sängerriege. Dae-Hee Shin ist ein immerwährend leidender Amfortas – auch stimmlich. Dominik Nekel hat einen jugendlich hellen Bariton, der so gar nicht in die Gepflogenheiten der Besetzung des Gurnemanz paßt, denn normalerweise ist die Rolle tiefer, meist mit einem Baßbariton besetzt. Anna-Maria Dur (Kundry) ist ein hochdramatischer Sopran, mit manchmal etwas zu viel Härte. Auch die Stimme aus der Höhe ist für sie kein Problem. Hans-Georg Priese hat sich vom lyrischen Tenor des Eriks (Fliegender Holländer) aus der letzten Spielzeit weiterentwickelt, ihm fehlt nur noch ein wenig Durchschlagskraft. Die Rolle des Parsifal füllt er in allen Facetten voll und ganz aus. Auch die übrigen Rollen sind überzeugend besetzt. Besonders zu erwähnen die Blumenmädchen, die stimmlich (und körperlich!) nicht nur zusammen passen, sondern auch eindrucksvoll zusammen klingen.
Fazit
Ein Abend, der mit stürmischem Applaus für alle Beteiligten endet. Zu Recht, denn der Abend auf hohem Niveau zeigt, daß eine Entrümpelung der Bühne (vor allem von den Regieeinfällen wie Dixie-Toilette und Duschkabine) durchaus sinnvoll und vom Publikum angenommen wird. Und eben diese Bühnenentrümpelung war ein Ziel im Neu-Bayreuth der fünfziger Jahre.
Oliver Hohlbach

Bild: Foto ed Meiningen
Das Bild zeigt: Parsifal erlöst Amfortas mit dem Speer.

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