von Richard Wagner, Musik und Test, Große romantische Oper in drei Aufzügen, UA: Dresdener Fassung 1845, Pariser Fassung,1861, Regie: Hermann Schneider, Bühne: Falko Herold, Choreografie: Anna Vita
Dirigent: Jonathan Seers, Philharmonisches Orchester Würzburg, Ballett, Chor und Extrachor des Mainfranken Theaters Würzburg
Solisten: Stefan Klemm (Landgraf Herrmann), Paul McNamara (Tannhäuser), Heiko Trinsinger (Wolfram), Randall Bills (Walther), Johann F. Kirsten (Biterolf), David Fielder (Heinrich), Ipca Ramanovic (Reinmar), Anja Eichhorn (Elisabeth), Karen Leiber (Venus), Anna Nesyba (Hirt)
Besuchte Aufführung: 2. Mai 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Der Sänger Tannhäuser hat lange Zeit im Venusberg zugebracht, dem legendären Zufluchtsort der antiken Liebesgöttin im Mittelalter. Der permanenten erotischen Ekstase überdrüssig, will Tannhäuser sie verlassen. Seine Rückkehr in die irdische Welt wird von ihrem Fluch begleitet, daß er sein Heil auf Erden nie finden möge. Von seinen Freunden und künstlerischen Konkurrenten wird er überredet, an seine alte Wirkungsstätte, die Wartburg, zu einem Sängerwettstreit zurückzukehren. Thema des Wettstreits ist das Wesen der Liebe, der Preis ist Elisabeth, die Tannhäuser in Zuneigung ergeben ist. Während seines Beitrags gesteht Tannhäuser jedoch seinen Aufenthalt im Venusberg, und nur Dank des Eintretens von Elisabeth darf er sein Leben behalten unter der Bedingung, nach Rom zu pilgern und für seine Verfehlung beim Papst um Absolution zu bitten. Der aber überantwortet Tannhäuser der ewigen Verdammnis, vor der ihn das selbstlose Opfer Elisabeths rettet.
Aufführung
Der Würzburger Intendant Hermann Schneider setzt auf leerer Bühne einzig die Bühnentechnik ein.
Dabei hatte es mit einem Knalleffekt begonnen, denn die Balletteinlage (erster Akt) wird von Anna Vita als wahrhaft exstatischer Bacchantenreigen choreographiert. Projektionen von schwimmenden Nixen unterstützen den ästhetischen Eindruck.
Nach seiner Flucht aus dem Venusberg vor den zu Schlangen mutierten Bacchanten gerät Tannhäuser in einen Wintereinbruch in den Bergen (dargestellt mit einer Rampe). Zwar singt der Hirt vom Mai und pflanzt Frühlingsblumen, die Jagdgesellschaft als Seilschaft trägt jedoch Winterkleidung.
Die Wartburg ist zunächst eine leere Bühne mit einem Loch in der Mitte, durch das dann die Gäste mittels Drehbühne und quietschenden Hubpodium hereingehoben werden. Die Umgruppierung der Sänger und des Chores hat teilweise komische Züge. Tannhäuser wird durch das Opfer Elisabeths (sie stirbt) erlöst, was durch den grünen Hirtenstab des Hirten dargestellt wird.
Sänger und Orchester
In Würzburg werden gewissermaßen die Höhepunkte aus beiden Fassungen zusammengeführt: Zunächst die Pariser Fassung mit dem Bacchanal (Ballett-Einlage) und der ausführlichen Fassung des Duetts Venus/Tannhäuser im ersten Akt, danach der Sprung in die Dresdener Fassung mit dem längeren Sängerkrieg und der stringenteren Schlußfassung.
Jonathan Seers hat genügend Erfahrung mit dieser Fassung, denn er zeichnete schon in den Neunzigern für die erste Tannhäuser-Produktion verantwortlich und kehrte jetzt als alter und neuer GMD ans Haus zurück. Es wird wundervoll ausmusiziert mit Klangwolken, die sich wie Duftwolken über die Zuhörer senken und sie lyrisch einhüllen. Die Emotion, die Dramatik der Romantik gehen dabei aber unter, Lautstärkewechsel und Tempobeschleunigungen sind zu selten, z.B. um die Emotionen beim Sängerwettstreit darzustellen.
Paul McNamara ist ein Nachwuchstenor, der mit seinem Rollendebüt als Tannhäuser erste Erfahrungen sammelt. Er teilt sich seine Kräfte klug ein, so im Duett mit Venus oder Elisabeth. Leider kann er sich in diesen Duetten nicht durchsetzen, denn sowohl Anja Eichhorn (Elisabeth) und Karen Leiber (Venus) sind erfahrene Soprane, wobei man auch sagen muß, daß Anja Eichhorn ein zu dramatischer, zu lauter Sopran für das Haus ist. Karen Leiber hingegen kann auch mit leisen Tönen überzeugen. Entdeckung des Abends ist Stefan Klemm, der ein Baßbariton mit sehr sicherer Höhe und Tiefe ist und ebenfalls die Gesangslinie gut gestaltet, die sich fast unendlich anhört. Ähnliches kann man über den Bariton Heiko Trinsinger sagen, der sich mit der Romanze O! Du mein holder Abendstern in die Herzen (nicht nur) der weiblichen Zuhörer singt. Ausgezeichnet sind auch die kleinen Rollen besetzt, unter denen der lyrische Nachwuchstenor Randall Bills als Walter und Anna Nesyba als Hirt mit schöner Höhe hervorstechen.
Fazit
Einhelliger Applaus für eine Produktion, die man als beispielhaft für die Leistungsfähigkeit einer städtischen Bühne bezeichnen kann. Auch wenn die Inszenierung emotionslos und statisch wirkte (gerade bei einer romantische Oper) und die Umbauten nicht gerade lautlos über die Bühne gingen, setzte doch das Bacchanal ein eindrucksvolles Zeichen. Für ein Stadttheater ein sehr schöner Abend!
Oliver Hohlbach
Bild: Falk von Traubenberg
Das Bild zeigt: Der Einzug der Gäste in der Wartburg mit quietschendem Hubpodium.