LE NOZZE DI FIGARO – Hamburg, Staatsoper

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Opera buffa in vier Akten, Libretto: Lorenzo da Ponte nach der Komödie La folle journée von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais (1778), UA: 1. Mai 1786 Wien, Burgtheater

Regie: Stefan Herheim, Bühne: Christof Hetzer, Kostüme: Gesine Völlm, Licht: Andreas Hofer, Video: fettFilm, Dramaturgie: Alexander Meier-Dörzenbach

Dirigent: Ottavio Dantone, Philharmoniker Hamburg, Chor der Hamburger Staatsoper

Solisten: Kartal Karagedik (Il Conte di Almaviva), Iulia Maria Dan (La Contessa di Almaviva), Katerina Tretyakova (Susanna), Wilhelm Schwinghammer (Figaro), Dorottya Láng (Cherubino), Katja Pieweck (Marcellina), Jürgen Sacher (Don Basilio), Peter Galliard (Don Curzio), Tigran Martirossian (Don Bartolo), Christina Gansch (Barbarina), Franz Mayer (Antonio)

Besuchte Aufführung: 22. November 2015 (Premiere)

Hamburg Le Nozze5CKurzinhalt

Der Conte di Almaviva möchte Susanna, die Verlobte seines Kammerdieners Figaro, verführen. Als Figaro und der Page Cherubino sowie die Contessa dies mitbekommen, entwerfen sie einen Plan, um den Grafen seiner Untreue zu überführen. Nach vielen überraschenden Wendungen, Verwicklungen und anderen Ereignissen gelingt es schließlich den Conte zu entlarven, indem die Contessa sich als Susanna ausgibt. Der Conte bittet um Vergebung, die ihm die Gräfin schließlich gewährt. Figaro und Susanna sind mitlerweile verheiratet.

Aufführung

Ausgangspunkt der gesamten Aufführung ist Mozarts handgeschriebene Partitur der Oper, das Autograph. Der Bühnenraum ist als in die Tiefe gehender Guckkasten komplett mit Notenseiten bepflastert, die am Ende des zweiten Aktes herunterfallen und einen stählernen Käfig aus Notenlinien hinterlassen. Die Requisiten wie Hüten, Blumen etc., falten sich die Akteure aus Notenblättern, die historischen Kostüme sind mit Noten bestückt. Oftmals wird auch von den Blättern abgesungen bzw. man tut so, als ob. Einziger konstanter Gegenstand ist das Ehebett, das aber z. B. auch als Balkon dient. Zu Beginn gibt es eine Videoprojektion mit Mozarts Partitur, in der die Noten via Computeranimation ein Eigenleben entwickeln und den Inhalt der Oper, die Jagd nach körperlicher Liebe, darstellen. Diese Videoprojektion wird am Schluß der Oper dann wieder aufgenommen. In der letzten Viertelstunde wird obendrei das Licht im Saal wieder eingeschaltet.

Sänger und Orchester

Unter Ottavio Dantone, eigentlich ein Spezialist auf dem Gebiet der historisch informierten Aufführungspraxis, machen die Philharmoniker Hamburg an diesem Abend intonatorisch einen wackligen Eindruck. Der Chor der Hamburger Staatsoper klingt bei seinen wenigen Auftritten dagegen plastisch. Besonders in den Streichern kommt es häufiger zu Ungenaugkeiten, wobei die Abstimmung mit dem Geschehen auf der Bühne aber jederzeit ausbalanciert ist. Katerina Tretyakova ist als Susanna stimmlich und schauspielerisch eine betörende Gestalt, die in der Höhe mit viel Farbe agiert und verständlich macht, warum der Conte sie unbedingt haben will. Wilhelm Schwinghammer ist als Figaro stimmlich noch etwas präsenter als der Conte Kartal Karagedik, so daß der Conte weniger wie eine Bedrohung wirkt und mehr wie eine komische Figur, was zum Bühnengeschehen auch bestens paßt. Der Cherubino von Dorottya Láng klingt wunderbar leicht, so daß auch ihr Voi che sapete che cosa è amo zu einem der Höhepunkte gerät. Überhaupt sind die Duette und Ensembleszenen musikalisch gelungen. Die Marecellina von Katja Pieweck besitzt stimmlich angemessene Schwere, genau wie ihr Gegenpart, der Don Basilio von Jürgen Sacher.

Fazit

Musikalisch ist der neue Hamburger Figaro alles in allem solide, auch wenn keiner der Darsteller herausragt. Die Aufführung wurde mitsamt der Inszenierung vom Publikum bejubelt, wobei die Idee mit dem ‚Notenbild‘ zwar originell ist, sich nach dem Zweiten Akt aber erschöpft hat, so daß der Einfall insgesamt nur halb zu Ende gedacht wirkt. Besonders die Videoprojektion mit der Ouvertüre aber kam sehr gut an.

Dr. Aron Sayed

Bild: Karl Forster

Das Bild zeigt: Kartal Karagedik (Il Conte di Almaviva), Wilhelm Schwinghammer (Figaro), Katerina Tretyakova (Susanna), Dorottya Láng (Cherubino), Christina Gansch (Barbarina), Chor der Hamburgischen Staatsoper

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