von Gioachino Rossini (1792-1868), Dramma giocoso in 2 Akten, Libretto: Jacopo Ferretti nach dem Märchen Cendrillon von Charles Perrault (1697), UA: 25. Januar 1817 Rom, Teatro Valle
Regie: Brigitte Fassbaender, Bühne und Kostüme: Dietrich von Grebmer
Dirigent: David Charles Abell, Orchester und Herren-Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz, Choreinstudierung: Felix Meybier
Solisten: Arthur Espiritu (Don Ramiro), Vittorio Prato (Dandini), Marco Filippo Romano (Don Magnifico), Frances Lucey (Clorinda), Dorothea Spilger (Tisbe), Diana Haller (Angelina), Istvan Kovacs (Alidoro)
Besuchte Aufführung: 9. November 2015 (Premiere)
Aschenbrödel Angelina, unterdrückt von ihren Stiefschwestern Clorinda und Tisbe sowie ihrem Stiefvater Don Magnifico, ist freundlich zum als Bettler verkleideten Alidoro. Dieser war ins Haus des Don Magnifico gekommen, um für seinen Herrn, Prinz Don Ramiro, Ausschau nach einer Braut zu halten. Diener Dandini, als Prinz verkleidet, kommt mit seinem „Diener“ Don Ramiro, um zu einem Ball ins Schloß zu laden. Angelina und Don Ramiro verlieben sich Hals über Kopf. Beim Schloßball, wohin Angelina mit Alidoros Hilfe gelangt, treffen sich Angelina und „Diener“ Ramiro wieder. Beim Abschied schenkt sie ihm einen Armreif. Ein zufälliger Unfall von Ramiro vor Don Magnificos Haus führt die beiden erneut zusammen, doch jetzt erscheint Ramiro als Prinz. Er erkennt Angelina an ihrem Armreif und heiratet sie zum Verdruß ihrer Stiefschwestern.
Aufführung
Mit bunten Bildern und phantasievollen Kostümen wird der märchenhafte Charakter dieser Produktion von Anfang an deutlich: Auf einer sonst leeren Bühne und vor einem wechselnd farbigen Hintergrund entsteht das Haus des Don Magnifico durch das Hereinfahren von zwei großen Zier-Schränken und einem antikisierenden Kaminherd. Eine moderne Dusche wird einfach aus der Seitenwand des Schranks gezogen, Auftritte durch die Schränke sind gang und gäbe. Das Schloß des Don Ramiro ist im Hintergrund als Neuschwanstein zu erkennen, im Inneren des Schlosses ist die Venusgrotte aus Schloß Linderhof zu sehen, Don Ramiro selbst sieht Ludwig II sehr ähnlich. Beim Ball ist der Hofstaat historisierend gekleidet, beim Besuch des Don Magnifico erscheint man im modernen Trenchcoat mit Schal, Hut – und blauen Handschuhen. Ansonsten bedient man sich aus dem üblichen zeitlosen Fundus, aus dem auch Disney-Musicals ausgestattet werden.
Sänger und Orchester
Rossinis Meisterwerk hört sich mitreißend einfach an, es ist aber musikalisch sehr anspruchsvoll, was Rossini von den Sängern verlangt. Ein schönes Beispiel ist die Titelrolle, hier erfüllt Diana Haller als Cenerentola alle Anforderungen: Da gelingen furiose Spitzentöne leuchtend und ohne Probleme, da rollen die schwierigen Koloraturen scheinbar mühelos hintereinander weg. Umjubelt gefeiert wird ebenso Arthur Espiritu als „Traumprinz“ Don Ramiro: Diesem italienischen Tenor par excellence gelingen ohn Anstrengung die weitesten Höhensprünge und mit Beweglichkeit die anspruchsvollen Passagio. Vittorio Prato als „Ersatz-Prinz und Diener“ Dandini steht ihm in nichts nach, er wirkt nur etwas zurückhaltender und etwas leiser. Istvan Kovacs erfüllt die Rolle des Alidoro, des Strippenziehers im Hintergrund, mit seinem voluminösen Baß, auch in den tieferen Lagen wohltuend sicher und überzeugt mit einer sonoren Klangfarbe. Ebenso überzeugend Marco Filippo Romano als Don Magnifico: Er findet eine ideale Symbiose zwischen Aussprache, italienischem Erscheinungsbild (als Pate) und musikalischer Gesangslinie, während Dorothea Spilger und Frances Lucey – als seine Töchter Tisbe und Clorinda – die eitlen und ewig keifenden Stiefschwestern geben. Dagegen ist der Herrenchor bestens eingestellt und zieht in seinen Auftritten immer Aufmerksamkeit auf sich. David Charles Abell führt diese einzelnen, musikalisch solistischen Leistungen geschickt zusammen. Mit teilweise recht flottem Tempo führt er Orchester, Chor und Solisten durch die schwierigen Untiefen Rossinis.
Fazit
Cenerentola als Märchen im Disney-Stil in vielen bunten Farben und als perfekt bis ins kleinste Detail choreographierte heitere Komödie kann man wahrlich unbeschwert genießen – die unschönen Aspekte der (gar nicht so heiteren) italienischen Fassung des Aschenputtel-Stoffes blendet man allerdings dabei aus. Die gute Stimmung überträgt sich auch auf die musikalische Seite, alle Sängerdarsteller werden umjubelt gefeiert – besonders die Rollengestaltung des Traumpaares Diana Haller und Arthur Espiritu. Es gibt Szenenapplaus für gelungene Bühnenbilder (König Ludwig und Neuschwanstein!) und am Ende für das Regie-Team um Brigitte Fassbaender.
Oliver Hohlbach
Bild: Christian POGO Zach
Das Bild zeigt: Frances Lucey (Clorinda), Istvan Kovacs (Alidoro), Marco Filippo Romano (Don Magnifico), Vittorio Prato (Dandini), Dorothea Spilger (Tisbe), Diana Haller (Angelina), Arthur Espiritu (Don Ramiro), v.l.n.r., Herrenchor