Köln, Oper – SAMSON ET DALILA

von Camille Saint-Saëns (1835-1921), Oper in drei Akten, Libretto von Fernand Lemaire (1832-1879), UA: 2. 12.1877, Weimar, Hoftheater
Regie: Tilman Knabe, Bühne: Beatrix von Pilgrim, Kostüme: Kathi Maurer, Licht: Andreas Frank
Dirigent: Enrico Delamboye, Gürzenichorchester, Chor und Extrachor
Solisten: Ray M. Wade jr. (Samson), Ursula von den Steinen (Dalila), Egils Silins (Oberpriester), Wilfried Staber (Abimélech), Markus Hollop (alter Hebräer) u.a.
Besuchte Aufführung: 9. Mai 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
koln-samson.jpgGaza um 1150 v. Chr. Samson stellt sich den Hebräern, die von den Philistern unterdrückt werden, als von Gott verheißener Retter. Abimeléch, Satrap von Gaza, verhöhnt dem Hebräer-Gott und wird von Samson getötet. Sodann verwüsten die Hebräer die Felder der Philister. Die Philister fliehen.
Die Philisterin Dalila lädt Samson zu einem Liebestreffen. Dalila erwartet den in sie verliebten Samson zu einem erneuten Liebestreffen. Dabei verrät ihr Samson als Liebesbeweis das Geheimnis seiner Kraft: Sein bisher ungeschorenes Haupthaar. Dalila ruft die Philister herbei, denn sie will Rache nehmen an den Hebräern. Samson wird kahl geschoren und geblendet. Im Gefängnis beklagt er sein Schicksal und bittet Gott um Erbarmen. Bei ihrer Siegesfeier verhöhnen die Philister zusammen mit Dalila Samson. Dieser bittet Gott, ihm noch einmal seine alte Kraft zurückzugeben und vermag die Säulen des Dagontempels zum Einsturz zu bringen, worunter er, Dalia und alle Philister begraben werden.
Aufführung
Eine Bombendetonation. Schreiende, verängstigte Menschen.. Auf der sich öffnenden Bühne liegen Opfer der Detonationen, Sanitäter und Ärzte hasten herbei, um die Opfer zu bergen. Feuer brennt. Erneute Explosionen zwingen alle sich zu ducken, grauer Staub rieselt herab. Rauch steigt im Hintergrund auf. Die Philister stürmen in grünen Uniformen und Stahlhelmen mit Maschinenpistolen auf die Bühne. Der Oberpriester zunächst als Iman gekleidet, später mit schwarzem Anzug und weißem Hemd. In Massenszenen stellen Statisten Vergewaltigungen und Erschießungen dar. Der Haß Dalilas gegenüber den Hebräern wird gegen Ende des ersten Aktes zusätzlich dadurch motiviert, daß auch sie Opfer einer –versuchten (?)-Vergewaltigung durch die Hebräer wird. Samson schreitet hier ein, zunehmend fasziniert von Dalila. Der erste und der dritte Akt spielen in einer angedeuteten Ruinenkulisse mit steil aufragenden Stahlträgern, lediglich die Straßenlaternen sind noch in Takt und werden im Rahmen der Lichtregie genützt. Der zweite Akt spielt in einem Schlafzimmer. Dalila empfängt Samson in schwarzer Reizwäsche.
Sänger und Orchester
Auch am Premierenabend konnte Ursula Hesse von den Steinen(Dalila) ihre Stimme noch nicht einsetzen. Für sie sang Irina Mishura. Frau Hesse macht auf der Bühne eine gute Figur, während Irina Mishuras Mezzosopran vom Bühnenrand her voll und gefühlsecht klang. Der texanische Tenor Ray M. Wade(Samson), überzeugte in seiner Rolle sowohl darstellerisch wie sängerisch.
Der lettische Baßbariton Egils Silins (Oberpriester) war mehr Verführer als echter Geistlicher. Seine Stimme war geschmeidig und seine Intonation souverän. Das Gürzenichorchester unter Enrico Delamboye war der Aufgabe jederzeit gewachsen, wobei angemerkt werden muß, daß die Musik bei so viel Aufruhr um das Bühnengeschehen ins Hintertreffen geriet.
Fazit
Schon im Vorfeld der Premiere wurde Regisseur Tilmann Knabe wegen der brutalen Gewaltszenen massiv angegriffen. Regisseur Knabe bringt die alttestamentarische Opernhandlung in den aktuellen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern im Gazastreifen vor einem halben Jahr. Des weiteren bringt Knabe im zweiten Akt eine unnötige sexistische, voyeuristische Tendenz auf die Bühne. Das Regiekonzept entfernt sich darüber hinaus in einigen Szenen vom Libretto und von der Aussage der Musik. Das Ballett beinhaltet eine groteske Massenvergewaltigung der Hebräer mit anschließender Erschießung, eine Szenerie, zu der die Musik so gar nicht passen will.
Die teilweise am Rande der Geschmacklosigkeit angesiedelte Inszenierung, die Gewalt durch die Darstellungsweise verherrlicht, schiebt sich demnach eindeutig vor die Musik. Sie nimmt ganz die Aufmerksamkeit des Zuschauers in Anspruch, so daß die Musik zur Nebensache verkommt. Wer nur der Musik wegen in die Oper geht, ist eindeutig mit einer CD besser bedient. Am Ende blieb der erwartete Theaterskandal aus, der Applaus für Sänger, Choristen, Statisten und Orchester war lang und anhaltend. Lediglich beim Erscheinen von Tillmann Knabe mischten sich in den Applaus neben begeisterten Bravorufen einige Mißfallsäußerungen.
Katharina Rupprich

Bild: Klaus Lefebvre
Das Bild zeigt: Wilfried Staber (Abimélech), Ray M. Wade jr. (Samson), Chor und Extrachor
der Oper Köln.

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