von Franz Lehar (1870-1948), Romantische Operette in drei Akten nach Viktor Leon, Libretto: Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda, UA: unter dem Titel Die gelbe Jacke 1923 in Wien,; 10. Oktober 1929 Berlin.(Titel) Land des Lächelns
Regie: François de Carpentries, Bühne/Kostüme: Karine van Hercke
Dirigent: Roland Vieweg, Hofer Symphoniker, Ballett, Opernchor, Choreinstudierung: Hsin-Chien Chiu
Solisten: Hans-Peter Pollmer (Graf Ferdinand Lichtenfels), Debra Hays (Lisa), Thilo Andersson (Graf Gustav von Pottenstein), Andre Nevans (Prinz Sou-Chong), Tanja Christine Kuhn (Mi), Daniel Milos (Tschang), Karsten Jesgarz (Obereunuch, Diener bei Lichtenfels), u.a.
Besuchte Aufführung: 26. Dezember 2015 (Premiere in Bayreuth)
Lisa verliebt sich bei einem Fest im Hause ihres Vaters Graf Lichtenfels in den chinesischen Prinzen Sou-Chong. Seine verhaltene Leidenschaft, sein exotisches Auftreten beeindruckt sie sehr. Sie heiraten und entgegen den Warnungen ihres Verehrers Graf Gustav von Pottenstein folgt sie ihm nach China. In China wird jedoch aufgrund kultureller Unterschiede die Unvereinbarkeit ihrer Charaktere deutlich. Gustl, der ihr nach China nachgereist ist, spendet ihr Trost. Sou-Chong muß vier Mandschu-Mädchen heiraten und stürzt Lisa damit in tiefe Verzweiflung. Diese plant nun mit Gustl die Flucht, die zwar scheitert, aber Sou-Chong erkennt, daß er Lisa nicht halten kann und läßt sie mit einem traurigen Lächeln ziehen.
Aufführung
Laut Textbuch spielt das Stück im Jahre 1912 in Wien und Peking. Der Festsaal im Wiener Palais Lichtenfels zeigt einen barocken Palmensaal, dessen Ausmahlung die fünf Kontinente darstellt, wie sie etwa in der Würzburger Residenz zu sehen ist. Die Kostüme der Ballgäste sind zumeist Operetten-Militäruniformen – einer ist sogar zu Pferde – und passen zum Jahr 1912. Im zweiten Akt tauchen Rotarmisten mit der Mao-Bibel während der Kulturevolution 1966 auf, was im deutlichen Gegensatz zu den historischen chinesischen Gewändern, der gelben Jacke für den Prinzen als Ministerpräsident und den kaiserlichen Riten steht. Ein echter Hingucker das Tenniskleid für Mi, das für den Gegensatz der Kulturen steht. Der letzte Akt zeigt einen Raum vor einem goldenen Gitter, der durchaus der verbotenen Stadt zuzurechnen ist.
Sänger und Orchester
Die populäre Arie des Sou-Chong war nach der Uraufführung ein Gassenhauer und die Aufnahmen mit Richard Tauber sind legendär. Um so bemerkenswerter, daß Andre Nevans mit Dein ist mein ganzes Herz durchaus gleichwertig ist und das Publikum in seinen Bann zieht. Ein Operettentenor mit Schmelz und Durchschlagskraft, der auch mit Gefühl und Pathos spielen kann. Sein Widerpart ist Thilo Andersson als Graf Gustav von Pottenstein. Er ist ein spielfreudiger und stimmlich sehr beweglicher Tenorbuffo und für die humorvolle Seite zuständig, wie er im Duett mit Mi Meine Liebe, deine Liebe zeigt.
Tanja Christine Kuhn als Prinzessin Mi ist eine jugendlich dynamische herzerfrischende Soubrette mit viel Spielwitz, während die Einspringerin Debra Hays als Lisa sich als sehr erfahrende, altgediente Sopranistin beweist. Karsten Jesgarz überzeugt als Komödiant in den kleinen Diener-Nebenrollen. Roland Vieweg stellt mit den Hofer Symphonikern unter Beweis, daß das „Land des Lächelns“ nicht nur schmissige Operettenmusik bietet, oder opulente Balletteinlagen, sondern auch über die tiefen Emotionen eines Dramas verfügt – und sich klanglich durchaus in die Kategorie Oper einordnen ließe.
Fazit
Ein bunter und farbenfroher Abend, der alle Anforderungen an eine unterhaltsame und bildgewaltige Sylvesterproduktion erfüllt, da spielt der kleine Anachronismus mit der chinesischen Kulturevolution keine Rolle. Musikalisch eine weitere Bestätigung auf welch hohem Niveau am Theater Hof gearbeitet wird, trotz Sparzwang kommen Operettenstars als Gäste.
Auch in Bayreuth tosender Applaus – zum Jahresende endlich einmal im relativ gut besuchten Haus. Ein würdiger Abschied von der Stadthalle Bayreuth, denn dies war die letzte Musiktheaterproduktion, nach der Ballsaison Anfang 2016 wird sie für mehrere Jahre zwecks Sanierung geschlossen. Für klassische Konzerte mit größerem Orchester, Musik- und Sprechtheater brechen in Bayreuth schwere Zeiten an, als Ausweichspielstädte sind kleinere Spielstädten oder eine Markthalle vorgesehen, in der sonst Obst oder Fisch verkauft wird.
Oliver Hohlbach
Bild: Harald Dietz, SFF Fotodesign, Hof
Das Bild zeigt: MacKenzie Gallinger (Ein General), Dorothee Koch (Lisa), Thilo Andersson (Graf Gustav von Pottenstein), Marina Schubert (Lore), Hans-Peter Pollmer (Graf Ferdinand Lichtenfels), Lina Rifqa Kamal (Fini) und Ensemble