Darmstadt, Staatstheater – DIE VERKAUFTE BRAUT

von Bedřich Smetana (1824-1884), Komische Oper in drei Akten, Text von Karel Sabina, Deutsch von Kurt Honolka, UA: 30.05.1866 Interimstheater, Prag
Regie: Vernon Mound, Bühne/Kostüme: Paul Edwards, Choreographie: Anthoula Papadakis, Choreinstudierung: André Weiss, Zaubertechnische Beratung: Richard Pinner
Dirigent: Lukas Beikircher, Chor des Staatstheaters Darmstadt, Staatsorchester Darmstadt
Solisten: David Pichlmaier (Kruschina), Niina Keitel (Ludmila), Allison Oakes (Marie), Thomas Mehnert (Micha), Elisabeth Hornung (Háta), Jeffrey Treganza (Wenzel), Mark Adler (Hans), Andreas Daum (Frau Kezal), u.a.
Besuchte Aufführung: 10. Mai 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
darmstadt-verkaufte-braut.jpgMarie ist nicht nach Feiern zumute, denn sie soll ihren zukünftigen Ehemann kennen lernen, den ihre Eltern für sie ausgesucht haben. Doch ihr Herz gehört Hans, von dessen Elternhaus aber niemand etwas weiß. Der Heiratsvermittler Kezal soll Marie mit Wenzel, dem Sohn Michas verheiraten, wie es beider Eltern bereits vor Jahren vereinbart hatten. Aber Marie lehnt diese Verbindung ab. In der Dorfschenke macht sie ihm weis, daß seine Braut ihm das Leben zur Hölle machen werde und bringt Wenzel so von seinen Heiratsplänen ab. Unterdessen redet Kezal mit Hans und läßt ihn ein Schriftstück unterzeichnen, in dem er für 300 Gulden auf Marie verzichtet. Allerdings stellt Hans die Bedingung, daß nur Michas Sohn Marie heiraten darf. Die Dorfbewohner sind entsetzt über diesen Verkauf. Als ein Zirkus in den Ort kommt, verliebt sich Wenzel in die Tänzerin. Marie ist so enttäuscht von ihrem geliebten Hans, daß sie nur noch allein sein will. Hans findet sie todtraurig und sagt zu Kezal, sie werde auf jeden Fall Michas Sohn heiraten, was Marie noch viel mehr zusetzt. Doch schließlich klärt sich alles auf: Hans ist Michas Sohn aus erster Ehe, und er und Marie feiern Hochzeit.
Aufführung
Der Zuschauer findet sich in einem amerikanischen Hochzeitshotel, in dem es vor 60er Jahre-Kitsch, toupierten Hochfrisuren und Pailletten nur so wimmelt. Hans’ Auftritt erinnert an John Travolta in Grease, stilecht mit E-Gitarre und Motorrad. Marie mimt die brave Hotelbedienung in schwarzem Etuikleid. Das Bühnenbild bleibt durchgehend gleich: Tapeten mit pinkfarbenen Barockornamenten an den Wänden, eine schwarz-weiße Treppe auf der linken Bühnenseite, zur rechten ein gelber Bar-Tresen, schwarz-weiß karierter Fußboden, die Toiletten detailgetreu mit Ladies und Gents überschrieben. Im ersten Akt ist die Bühne Festsaal des Hotels mit großen runden Tischen und goldenen Stühlen, im zweiten wird in der Hotelbar ohne Tische Wenzels Junggesellenabschied gefeiert, im dritten Akt wird aus der Bar ein Tanzsaal mit rosa Luftballons und zum Ende fährt eine riesige Hochzeitstorte mit Hans und Marie als Brautpaar auf die Bühne.
Sänger und Orchester
Zu Anfang schien Allison Oakes noch ein wenig unsicher, doch sehr schnell hatte sie zu ihrer gewohnten Stimmqualität gefunden und sang eine damenhafte Marie voller Gefühl und schönem Klang. Mark Adlers Tenor beeindruckte durch seine Natürlichkeit, seine weiche Stimme paßte perfekt zu dem verliebten Hans. Herausragend war auch Jeffrey Treganza als Wenzel, der den trotteligen Taugenichts mit gewohnt sicherer Stimmbeherrschung verkörperte. Jedes Stottern, jedes Lallen, jedes Hicksen wirkte vollkommen authentisch und im Fluß. Die schillerndste Figur des Abends war zweifelsohne Andreas Daum als Transvestit Frau Kezal, der durch seinen kräftigen, sonoren Baß grandios aus dem Ensemble hervorstach. Bei jedem Auftritt in neuer funkelnder Robe war seine Freude an der Partie zu spüren, die durch die sehr tiefe Lage eine Herausforderung an den Sänger darstellt. Sie schien ihm wie auf den Leib geschneidert. Das Orchester unter Lukas Beikircher spielte rhythmisch sehr akzentuiert, vor allem die Holzbläser glänzten in den Tanzszenen. Auch der Chor des Staatstheaters sang auf höchstem Niveau.
Fazit
Eine wunderbare Interaktion der Sänger untereinander, die teils zu wahren Höchstleistungen auflaufen, macht diese Aufführung zu einem schönen Erlebnis. Ein Besuch lohnt auch schon allein wegen der beinahe zur Travestieshow ausartenden Auftritte Andreas Daums, die für viele Lacher im Publikum sorgten. Wer allerdings die tschechische Nationaloper in einer traditionellen Inszenierung kennt, wird sich mit der Darmstädter Fassung ein wenig schwer tun.
Sophia Krüger

Bild: Barbara Aumüller
Das Bild zeigt David Pichlmaier (Kruschina), Niina Keitel (Ludmila), Allison Oakes (Marie) und Andreas Daum (Kezal).

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