LOHENGRIN – Osnabrück, Theater

von Richard Wagner (1813-1883), romantische Oper, UA: 28. August 1850 Weimar, Großherzogliches Königlichen Hoftheater

Regie: Yona Kim; Bühne/Kostüme: Margrit Flagner, Hugo Holger Schneider

Dirigent: Andreas Hotz, Osnabrücker Symphonieorchester, Opernchor und Extrachor, Herren des coruso Opernchors, Choreinstudierung: Markus Lafleur

Solisten: José Gallisa (Heinrich der Vogler), Chris Lysack (Lohengrin), Lina Liu (Elsa), Rhys Jenkins (Friedrich von Telramund), Andrea Baker (Ortrud) u.a.

Besuchte Aufführung: 19. März 2016 (Premiere)

Osnabrück lohengrin_3Kurzinhalt

Elsa, die Tochter des kürzlich verstorbenen Herzogs, wird von Friedrich von Telramund des Brudermords bezichtigt. König Heinrich, der in Brabant eintrifft um Krieger zu rekrutieren, fordert ein Gottesgericht. Als sich niemand findet um für Elsa zu streiten, taucht der Gralsritter Lohengrin – in einem Boot, gezogen von einem Schwan – auf, gibt seine Herkunft aber nicht preis. Er gewinnt den Kampf, schenkt Telramund das Leben und hält um Elsas Hand an. Diese bricht, verunsichert von Telramund und dessen Frau Ortrud, schon in der Hochzeitsnacht ihren Schwur und fragt nach Lohengrins Namen. Telramund erscheint und wird von Lohengrin getötet, woraufhin der Ritter am nächsten Tag, vor den Augen aller, seine Herkunft verrät und seinen Schwan ruft, um zum Gral zurückzukehren. Der Schwan ist in Wirklichkeit der verzauberte Bruder Elsas und der rechtmäßige Herzog von Brabant.

Aufführung

Aus Platzgründen sitzt das Orchester in Osnabrück auf der Hinterbühne, gut sichtbar für das Publikum. Der Orchestergraben kann so Teil des Bühnenbildes werden und ist durch eine weiße Treppe mit der Hauptbühne verbunden. Die Kostüme sind überwiegend in blassen Grau- und Beigetönen gehalten, das Gefolge Heinrichs trägt (wie der König selbst) blaue Uniformen, die an den ersten Weltkrieg erinnern. Das Bühnenbild ist schlicht gehalten, an den Seiten werden verschiedene Gemälde projiziert.
Im zweiten Akt gleicht die Vorderbühne einer verlassenen Probebühne mit leeren Stühlen und Notenständern, zwischen denen die Sänger agieren. Die Aufführung beginnt mit einem Standbild aller Beteiligten auf der Bühne, durch einen transparenten Vorhang vom Publikum getrennt. Dieser hebt sich noch während des Vorspiels und einige Mitwirkende verschwinden über die weiße Treppe in den Bühnengraben. Das Schlafgemach des Brautpaares entsteht im dritten Akt durch ein hängendes weißes Tuch und die Lichtstimmung.

Sänger und Orchester

Das Osnabrücker Symphonieorchester läßt unter der Leitung von Andreas Hotz aufhorchen und leitet die Solisten souverän durch knapp viereinhalb Stunden Oper. Lediglich ganz zu Beginn des Vorspiels wünscht man sich noch etwas filigraneren Streicherklang und die Reitermärsche im dritten Akt könnten noch wuchtiger sein. Vor allem die tiefen Stimmen erzeugen zu Beginn des zweiten Aktes eine bedrohliche Stimmung, die die in nächster Nähe spielenden Sänger nicht übertönen. Besonders Andrea Baker, die im ersten Akt nur wenig zu singen hat, zeichnet zu Beginn und im Verlauf des zweiten Aktes eine furiose Ortrud. Mit schauspielerischem Talent und schneidender Stimme, die aber nie unangenehm metallisch wird, zieht sie das Publikum in ihren Bann und erntet dafür am Schluß anschwellenden Applaus, Jubelrufe und Pfiffe vom Publikum.

Vergleichbar ist die Reaktion bei Lina Liu (Elsa). Sie ist festes Ensemblemitglied und in Osnabrück vielen aus den großen Opern Verdis und Puccinis bekannt. Mit Lohengrin gibt sie ihr Wagner-Debüt und läßt den geneigten Hörer im ersten Akt erahnen, daß sie sich in der italienischen Oper wohler fühlt. Nach der ersten Pause schleift sie dann allerdings kaum noch Töne an und erzeugt schon zu Beginn des zweiten Aktes mit ihrer Arie Euch Lüften, die mein Klagen Gänsehaut. Besonders überzeugen können auch Dennis Sörös (Heerrufer) und José Gallisa (Heinrich der Vogler). Beide singen gut verständlich, wobei Sörös auch in der Höhe einen runden, noblen Klang entwickelt, während Gallisa in der tiefen Lage etwas mit Druck nachhilft. Rhys Jenkins (Friedrich von Telramund) kann sich besonders im ersten Akt profilieren, Chris Lysack (Lohengrin) steigert sich kontinuierlich. Auch er gibt in Osnabrück sein Wagner-Debüt und hält sich zu Beginn merklich zurück. Im dritten Akt ist eine deutliche Steigerung zu hören, singt er nun auch im Piano mit voller Stimme und zieht mit einer ergreifenden Gralserzählung die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich.

Einen bleibenden Eindruck hinterläßt der Osnabrücker Opernchor. Unterstützt durch den Extrachor und Herren des coruso Opernchors meistert besonders der Männerchor die teilweise sehr anspruchsvollen Passagen. In sehr homogenem, rundem Klang verschmelzen die drei Ensembles zu einem einzigen Klangkörper, der nicht selten auch schauspielerisch in die Szene integriert ist. Mit stehenden Ovationen honoriert das Osnabrücker Publikum die Leistung des gesamten Ensembles

Fazit

Nach einem Tannhäuser 2008 wagt sich das vergleichsweise kleine Haus in Osnabrück wieder an eine Wagner-Oper und begeistert. Eine unaufgeregte Aufführung in Osnabrück, die gerade deshalb sehenswert ist. Ein kleines Haus wächst über sich hinaus und liefert eine Inszenierung, die ein altes Kunstwerk in ein neues Licht stellt, ohne es überstrahlen. Ein gut geführtes Orchester, interagierende Solisten und ein Chor, der über sich hinaus wächst, tun ihr übriges. Mit stehenden Ovationen honoriert das Osnabrücker Publikum die Leistung des gesamten Ensembles.

Aaron Bredemeier

Bild: Jörg Landsberg

Das Bild zeigt: Lina Liu (Elsa), Andrea Baker (Ortrud)

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