von Richard Strauss (1864-1949), Komödie für Musik in drei Aufzügen, Libretto: Hugo von Hofmannsthal, UA: 1911 Dresden
Regie: Jakob Peters-Messer, Bühne: Markus Meyer, Kostüme: Sven Bindseil
Dirigent: Roland Kluttig, Philharmonisches Orchester, Opern- und Kinder-Chor des Landestheaters Coburg, Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio
Solisten: Betsy Horne (Feldmarschallin), Michael Lion (Baron Ochs auf Lerchenau), Ileana Mateescu (Octavian), Peter Schöne (Herr von Faninal), Anna Gütter (Sophie), Heidi Lynn Peters (Jungfer Marianne), Dirk Mestmacher (Valzacchi) u.a.
Besuchte Aufführung : 17. März 2016 (Premiere)
Kurzinhalt
Die Feldmarschallin hat eine Affäre mit dem jungen Octavian. Da platzt der Baron Ochs herein. Um die Situation zu vertuschen verkleidet sich Octavian als Kammerzofe Mariandl. Ihr wiederum macht Baron Ochs den Hof, obwohl er sich mit Sophie verloben will. Für die Brautwerbung schlägt die Feldmarschallin Octavian als Rosenkavalier vor. Als Octavian Sophie besagte Rose überbringt, verlieben sich beide Hals über Kopf. Hingegen ist Ochs Verhalten gegenüber Sophie so rüpelhaft, daß sie seinen Heiratsantrag ablehnt und Octavian auf Ochs losgeht. Die Kammerzofe (d.h. Octavian) verwickelt bei einem Stelldichein Ochs in ein peinliches Possenspiel, das wozu sogar die Polizei gerufen wird. Die Feldmarschallin kann Ochs auf diese Weise zum Verzicht auf Sophie zwingen. Doch auch sie muß schweren Herzens auf Octavian verzichten.
Aufführung
Alle Bauteile des Bühnenbildes sind auf einer Drehbühne montiert: durch eine einfache Drehung von vier Wandbauteilen ergeben sich immer wieder neue Räume oder Auftrittsmöglichkeiten. Das Zimmer der Feldmarschallin hat Stuck im Stil des Rokoko, aber ein modernes großes schwarzes Bett. Sophie wartet auf einem langen Flur auf ihren Rosenkavalier. Hier wuseln Diener und tragen Torten. Der Rosenkavalier der wird auf einer Pferdestatue in einem verspiegelten Raum sogar vierfach dargestellt. Der für das Tête-à-tête zwischen Ochs und Mariandl gewählte Raum ist heruntergekommen, mit schimmligen Wänden und einem Loch in der Wand. Er verwandelt sich durch eine Drehung wieder in das Zimmer der Feldmarschallin als Schlußbild. Die historisierenden Kostüme im modernen Schnitt sind samt und sonders aus der Barockzeit.
Sänger und Orchester
Manchmal ist es schwierig zu entscheiden, wen man herausheben soll, welchen Künstler man zuerst nennen soll. Eine so homogene Besetzung ist bewundernswert, vor allem wenn sie auf dem Hausensemble fußt. Aber auch das muß manchmal mit Einspringern ergänzt werden, wie z. B. durch Ileana Mateescu, deren Octavian eine echte Entdeckung ist, die an der Oper Dortmund in derselben Rolle erfolgreich ist. Ihr nimmt man den Mann im Bett der Marschallin als Oktavian ab, den zärtlich-ungelenken Liebhaber der Sophie und auch die getürkte Mariandl im Falsett. Ihr Mezzo bewegt sich an der Grenze zum Alt, er verfügt über einen dunklen warmen Ton, der auch einmal mit männlicher Kraft zuschlagen kann. Im oberen Bereich hört er sich pubertär hell an.
Genauso mitreißend ist die Rolle der Marschallin: Betsy Horne bleibt immer leuchtend und voluminös mit viel technischem Glanz, die lyrischen Passagen sind nachdenklich angelegt, ihr Piano bleibt stets tragend – sie denkt berührend über die Jungen Leut nach. Michael Lion ist der erfahrene Hausbaß-Bariton, der den Ochs mit viel Durchschlagskraft und weniger kantabel gestaltet. Seine Rollengestaltung weist deutliche Parallelen zum Sachs aus Wagners Meistersingern auf. Aber er zweigt so eine Persönlichkeit, einen Ochs von echtem österreichischem Landadel, voll Schrot und Korn – aber keinen dummen Menschen. Diese Schrotigkeit vergrault die jugendlich naive Sophie aus der Stadt der Anna Gütter, die sich mit Nachdruck und etwas hart fokussierender, jugendlich leichter Soubretten-Stimme durchsetzt. Peter Schöne spielt einen resoluten Herrn von Faninal, gestaltet daraus mit sicherer tiefer heldenbaritonaler Stimme, viel Strahlkraft und absoluter Textverständlichkeit eine Hauptrolle.
Besonders erwähnenswert, daß auch die Nebenrollen ausgezeichnet besetzt werden können; zu nennen sind Spieltenor Karsten Münster als Haushofmeister und Wirt, sowie Felix Rathgeber als durchschlagsstarker Kommissar und resoluter Notar. Oder besonders Milen Bozhkov als Sänger – so wie man es erhofft: strahlend hell und mit viel lyrischem Schmelz in der Kehle. Ein italienischer Tenor, der sicher in den Höhen mit schwereloser Leichtigkeit oder Durchschlagskraft agiert, gestaltet er seine beiden Jubelarien. Eine sichere Bank ist wieder der Chor, besonders der Kinderchor, die den Ochs wunderschön Papa rufen, aber leider bei den adeligen Waisen nicht zum Zuge kommen. Die musikalische Interpretation von GMD Roland Kluttig ist durchgehend stringent und zielgerichtet, er erzählt eher ein deutsches Drama als einen Wiener Schmäh: die Klangwolken von Richard Strauss kommen in der kleineren Besetzung dennoch zum Zuge: etwas transparenter, etwas härter – aber immer mitfühlend.
Fazit
Diese Vorstellung macht alle glücklich: Die Produktion belegt eindrucksvoll, daß man sich an die Rosenkavalier-Konventionen halten und die Regieanweisungen des Komponisten respektieren kann. Und trotzdem ist modernes Regietheater möglich: es ist nicht der Kammermohr, der am Schluß das Taschentuch der Marschallin aufhebt, sondern eine Schauspielerin in Kammerdienerkleidung, die noch einmal die silberne Rose hervorholt. Musikalisch eindrucksvoll, das an einem Landestheater allgemein die Rollen aus dem Hausensemble besetzt werden können, inklusive Marschallin, Ochs und Octavian. Daß aus dem kleinen Coburger Orchestergraben nicht die breite Wohlklangwolke einer Staatsoper möglich ist, muß jedem bewußt sein. Beeindruckend was mit dem Philharmonischen Orchester unter Roland Kluttig dennoch möglich wird. Das Publikum genießt einen dieser magischen Opernabende, der die Menschen glücklich macht: Tosender Applaus für alle Beteiligten!
Oliver Hohlbach
Bild: Andrea Kremper
Das Bild zeigt: Ankunft Rosenkavalier, Ileana Mateescu (Octavian)