Essen, Aalto Theater – DIE WALKÜRE

Musik und Text von Richard Wagner, Oper in drei Aufzügen, Erster Tag von Der Ring des Nibelungen
UA: 26. Juni1870, München, Hoftheater
Regie: Dietrich Hilsdorf, Bühne: Dieter Richter, Kostüme: Renate Schmitzer
Dirigent: Stefan Soltesz, Essener Philharmoniker
Solisten: Egils Silins (Wotan), Catherine Foster (Brünnhilde), Jeffrey Dowd (Siegmund), Danielle Halbwachs (Sieglinde), Ildiko Szönyi (Fricka), Marcel Rosca (Hunding) u.a.
Besuchte Aufführung: 24.05.2009 (Premiere)

Kurzinhalt
essen-walkure.jpgGöttervater Wotan will den Ring zurückgewinnen, der ewige Macht verleiht und den er in Rheingold an den Riesen Fafner verloren hat. Wotan braucht allerdings einen vom Willen der Götter freien Helden. Also zeugte er unter dem Namen Wälse das Zwillingspaar Siegmund und Sieglinde. Siegmund wuchs allein in der Wildnis auf. Als Siegmund im Haus seines Feindes Hunding Schutz sucht und von diesem zum Zweikampf gefordert wird, zeigt ihm Hundings Frau ein Schwert, das ein Fremder (Wotan) in die Esche der Halle gestoßen hat. Siegmund zieht das Schwert aus dem Stamm und erkennt zugleich in Hundings Frau seine Schwester. Trotzdem verlieben sich die beiden ineinander und fliehen. Wotans Gattin Fricka, die Hüterin der Ehe, fordert empört Rache für Ehebruch und Blutschande. Unter Druck gesetzt opfert Wotan seinen Sohn: Brünnhilde, eine der neun Walküren (kriegerische Töchter Wotans und der Schicksalsgöttin Erda), soll Hunding bei dem bevorstehenden Zweikampf zum Sieg verhelfen. Sie stellt sich jedoch auf Siegmunds Seite, der schließlich unter Wotans Speer fällt. Die schwangere Sieglinde kann Brünnhilde zwar in Sicherheit bringen, sie selbst stellt sich aber Wotans Zorn. Zur Strafe für ihren Ungehorsam will er Brünnhilde in einen Schlaf versetzen, aus dem sie der erstbeste Mann erwecken kann. Brünnhilde überredet ihn zu einem Kompromiß: Wotan umgibt die Schlafende mit einem Feuer, das nur der tapferste Held von allen durchschreiten kann.
Aufführung
Das Einheitsbühnenbild für alle drei Aufzüge ist eine heruntergekommene bürgerliche Villa aus dem 19. Jahrhundert. Auch die Kostüme stammen aus dieser Zeit. Nebelschwaden ziehen über die Bühne. In diesem Szenario bewegen sich die Figuren würdevoll mit preußischer Disziplin – ausgenommen die Naturburschen Siegmund und Hunding. Im zweiten Aufzug findet in Hundings Haus ein Fest statt. Anwesend sind nicht nur das Herrscherpaar Wotan und Fricka, sondern auch Siegmund und die hier bereits hochschwangere Sieglinde. Die Aussprache zwischen Wotan und Fricka findet vor den Ohren aller statt, so daß Siegmund über Wotans Pläne genau im Bild ist. Hunding erschießt Siegmund mit einem Jagdgewehr, bevor er durch eine Handbewegung Wotans stirbt und als Wachsfigur für den Rest der Vorstellung am linken Bühnenrand zu sehen ist. Die Walküren treten in steifen roten Kleidern auf, Accessoires wie Kettenschärpen oder Kettenbustiers weisen sie als Wotans Kriegerinnen aus. Den nur im Hintergrund stattfindenden Feuerzauber der Schlußszene erwartet Brünnhilde ruhig am Tisch sitzend. Wotan nimmt vor seinem Abgang dem toten Hunding den Hut vom Kopf, setzt ihn auf und wird so zum Wanderer des Siegfried.
Sänger und Orchester
Das hochkarätige Ensemble führt Catherine Foster (Brünnhilde) an: Obwohl durch ihr matronenhaftes Kostüm behindert, liefert die Engländerin mit durchschlagskräftigem und dabei jugendlich-schlankem Sopran eine frische Interpretation der Walküre. Jeffrey Dowd (Siegmund) beeindruckt mit Wärme, Leidenschaft und einer am italienischen Fach geschulten Stimme. Egils Silins (Wotan) ist ein charismatischer, kraftstrotzender Göttervater, dessen eigenwillig gefärbter Bariton auch am Schluß noch Reserven hat. Marcel Rosca (Hunding) und Ildiko Szönyi (Fricka) behaupten sich stimmlich souverän, während die ohne Gefühl und mit verhangenen Höhen singende Danielle Halbwachs das Niveau minimal senkt. Stefan Soltesz und die Essener Philharmoniker setzen wie schon bei Rheingold auf Tempo und sorgen – trotz mitunter übertriebener Hektik – für einen wahren Klangrausch.
Fazit
Sänger, Dirigent und Orchester werden vom Publikum zu Recht frenetisch gefeiert. Die Inszenierung von Dietrich Hilsdorf ist zwar – sieht man von geschmacklichen Entgleisungen (Kostüme der Walküren) und dem nervenden Dauernebel ab – optisch reizvoll. Trotzdem bleiben unterm Strich eine fade Personenregie, faustgroße Logiklöcher (nahezu der gesamte zweite Aufzug ergibt keinen Sinn) und eine gehörige Portion unfreiwillige Komik: der Zweikampf zwischen Siegmund und Hunding könnte auch aus einer Parodie von Loriot stammen. Das Niveau der spannenden und auf einer profunden Textkenntnis fußenden Rheingold-Inszenierung von Tilman Knabe kann Hilsdorf nicht erreichen, auch wenn er den allgemeinen Jubel ganz selbstverständlich auch auf sich bezieht. Bleiben wir gespannt auf Siegfried, der im Herbst Premiere hat und von Anselm Weber inszeniert wird.

Dr. Eva-Maria Ernst

Bild: Thilo Beu
Das Bild zeigt Egils Silins (Wotan) und Catherine Foster (Brünnhilde).

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