von Gian Francesco de Majo, Dramma in Musica, Libretto: Mattia Verazi, UA: 4. November 1764, Mannheim.
Regie: Wolfgang Quetes, Bühne & Kostüme: Manfred Kaderk, Dramaturgie: Karin Bohnert, Licht: Michael Friebele
Dirigent: Florian Ziemen; Sinfonieorchester Wuppertal, Herrenchor der Wuppertaler Bühnen, Choreinstudierung: Jaume Miranda
Solisten: Banu Böke (Ifigenia), Cornel Frey (Oreste), Elena Fink (Tomiri), Thomas Schobert (Toante), Miriam Scholz (Pilade), Boris Leisenheimer (Merodate)
Besuchte Aufführung: 15. Mai 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Die griechischen Freunde Oreste, Sohn des Agamemnon, und Pilade stranden an der Küste Skythiens. Oreste wird seit dem Mord an seiner Mutter Klytaimnestra von den Rachegöttinnen verfolgt, die erst dann von ihm ablassen wollen, wenn er das dortige Standbild der Göttin Diana entführt hat. Sie werden gefangen genommen und sollen, wie alle Griechen, der Göttin geopfert werden. Die Oberpriesterin Ifigenia möchte jedoch Pilade helfen. Über Skythien herrschte einst die Königin Tomiri, bis ihr Toante den Thron entriß. Um sie endgültig zu beseitigen, möchte Toante sie mit dem Herrscher der Sarmaten, Merodate, verheiraten. Tomiri ist jedoch in Toante verliebt und beobachtet unglücklich dessen Werben um Ifigenia. Doch auch Merodate fühlt sich eher zu der Oberpriesterin hingezogen. Diese ist die Schwester von Oreste und will diesen opfern als sie erfährt, daß er ihre Mutter ermordet hat. Doch kurz vor der Hinrichtung erkennt sie den Bruder und verschont ihn. Tomiri hat währenddessen mit der Hilfe des Volkes den Thron zurückerobert. Sie bietet Toante eine gemeinsame Herrschaft an, doch dieser lehnt ab und bleibt in seinem einstürzenden Tempel zurück.
Aufführung
Die gesamte Inszenierung kommt mit einem einzigen Bild aus. In der Mitte der Bühne ist eine Drehscheibe installiert. Auf dieser finden zwei drehbare Mauern Platz, die jeweils wie ein Viertelkreis gebaut sind. Sie sind mit klassischen griechischen Mosaiken und Fresken bemalt. Um die Drehscheibe herum sind zwei weitere Mauern drapiert,. Diese sind ebenfalls auf der Innenseite klassisch griechisch gestaltet(ähnlich der Mauern in der Mitte), von der anderen Seite stellen sie jedoch die massive Außenwand des Tempels dar. Sämtliche Mauern sind zudem mit einer Vielzahl Türen ausgestattet. So ist das Bühnenbild permanent ohne große Umbaumaßnahmen veränderbar. Die Kostüme sehen klassisch griechisch aus.
Sänger und Orchester
Das Sinfonieorchester Wuppertal unter der Leitung von Florian Ziemen zeigt sich für die Oper von de Majo bestens präpariert. Die Oper wird mit großer Präzision und Spielfreude dargeboten. In den Rezitativen beweist Boris Brinkmann sein exzellentes Können am Cembalo. So sind die Rezitative mehr als eine reine Überleitung zur nächsten Arie. Banu Böke (Ifigenia) brilliert in der Titelrolle mit wohltemperiert warmen, auch in der Höhe klarem Sopran. Ihr Vibrato setzt sie sehr genau ein, niemals übertreibt sie es. Elena Fink (Tomiri) steht ihr nicht nach, lediglich beim Aufwärtsgang in die Höhe forciert sie ein wenig zu sehr. Miriam Scholz (Pilade) und Cornel Frey (Oreste) wissen ebenfalls als Freundespaar völlig zu überzeugen, ihr gemeinsames addio amico ist das vielleicht schönste Stück des Abends. Auch Thomas Schobert (Toante) weiß mit seinem vollen, profunden Baß zu gefallen. Boris Leisenheimer (Merodate) füllt seine Rolle gut aus, im Verhältnis zu seinen Kollegen würde man sich von seiner Tenorstimme jedoch mehr Durchschlagskraft wünschen. Der Herrenchor kann mit Stimmkraft und einer gut abgestimmten Chorleistung überzeugen. Ein großer Gewinn für die Oper sind auch die schauspielerischen Qualitäten des gesamten Ensembles, wobei hier jedoch die Leistung von Cornel Frey (Oreste) noch einmal positiv herausragt.
Fazit
Zum Abschluß der letzten Spielzeit von Generalintendant Gerd Leo Kuck ist dem Wuppertaler Opernhaus eine kurzweilige Inszenierung gelungen, die einen unterhaltsamen Abend bietet. Entsprechend wird die Oper vom Premierenpublikum auch beklatscht, ohne in übersteigerte Euphorie zu verfallen. Zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl von Längen in der Oper, besonders durch die gelungene musikalische Gestaltung der Rezitative. Besonders den Freunden der Musik dieser Zeitspanne und der Ifigenia-Thematik, aber auch allen anderen Opernfreunden kann ein Besuch nur empfohlen werden.
Malte Wasem
Bild: Schmidt/bildautor.de
Das Bild zeigt: Auch wenn es hier anders aussieht: Eigentlich begehren Merodate (Boris Leisenheimer), Toante (Thomas Schobert) Ifigenia und nicht Tomiri (Elena Fink, von rechts).