von Gioachino Rossini (1792-1868), Melodramma buffo in 2 Akten, Libretto: Cesare Sterbini nach Beaumarchais’ Le Barbier de Séville; UA: 20. Februar 1816, Rom
Regie: Claus Guth, Bühne/Kostüme: Christian Schmidt
Dirigent: Andreas Schüller, Gewandhausorchester, Herrenchor der Oper Leipzig: Sören Eckhoff
Solisten: José Manuel Zapata (Graf Almaviva), Marian Pop (Figaro), Donato di Stefano (Doktor Bartolo), Kathrin Göring (Rosina), Roman Astakhov (Basilio), Wieland Lemke (Fiorillo), Jennifer Porto (Berta), Andreas Reinboth (Offizier) u. a.
Besuchte Aufführung: 6. Juni 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Graf Almaviva hat sich in Rosina, das Mündel von Doktor Bartolo, verliebt. Doch Bartolo hütet streng die Angebetete, denn er will sie, ein reiches Erbe im Blick, selber ehelichen. Der Barbier Figaro weiß Rat. Figaro fungiert als vermittelnder Liebespostbote. Er quartiert Almaviva als Soldat Lindoro in Bartolos Haus ein. Er spielt den Betrunkenen, so daß Bartolo ihm mit Hilfe der festnehmen will. Doch er entkommt unbehelligt. Als Musikmeister Don Alonso verkleidet erschein Almaviva erneut in Bartolos Haus, wobei er vorher den echten Musiklehrer Basilio mit Geld ruhig stellen konnte. Bartolo entdeckt den Plan und wirft Almaviva und Figaro, der hinzugekommen war, aus seinem Haus. Ein drittes Mal gelangen
Beide in Bartolos Haus und können die Ehe, die Doktor Bartolo gerade mit Rosina schließen will, verhindern. Figaro zwingt den Notar dagegen, die Ehe zwischen Rosina und Almaviva zu schließen. Bartolo wird mit Rosinas Mitgift versöhnlich gestimmt. Letztendlich sind alle überglücklich.
Aufführung
Die Inszenierung wurde im ersten Akt ganz auf das Reich der Insekten übertragen, wobei die Akteure zum zweiten Akt hin eine Metamorphose durchlaufen. So wird das Bühnenbild des ersten Aktes von einer überdimensionalen Blüte eingenommen. Mittels Drehbühnen- sowie Ausleuchtungstechnik werden variable Perspektiven geschaffen, in denen sich die Protagonisten z. B. als Hummel (Almaviva), Schmetterling (Rosina), Spinne (Bartolo) oder Fliegen (Chor) tummeln. Das erste Bild des zweiten Aktes zeigt eine weiße, skalierte Stellwand mit Drehtür und Klappsitzen sowie mit Akteuren in moderner Kleidung. Das letzte Bild schließlich zeigt, in einiger Unordnung, eine Kombination der Elemente aus den vorangegangenen Bildern. Ebenso weisen die Kostüme der Darsteller vermischte Reminiszenzen an die Kostüme der letzten Bilder auf.
Sänger und Orchester
Tenor José Manuel Zapata (Almaviva) läßt mit geschmeidig lyrischem Timbre die Kavatine Ecco, ridente in cielo – Sieh , schon die Morgenröte ebenso duftvoll erblühen, wie er auch in den Duetten seine bis in die Spitzentöne äußerst agil phrasierende und treffsicher intonierende Stimme zielsicher einzusetzen vermag. Kathrin Göring (Rosina) verleiht mit ihrem warmen Mezzosopran insbesondere der Arie Una voce poco fa – Frag ich mein beklommnes Herz lyrisch dramatische Agilität, wobei die Palette ihres gesetzten Klangfarbenspektrums in den Höhen der dramatischen Passagen mit funkelnder Leuchtkraft bereichert wird. Der Bariton Marian Pop (Figaro) weiß die Bühne im wahrsten Sinne des Wortes dynamisch aufzumischen. Mit großer Spielfreude und veritablem Gesang erzeugt er gleich mit seinem Auftrittslied Largo al factotum – Ich bin das Faktotum der ganzen Welt durch hohe Tempoflexibilität und enorme Klangfarbenakzentuierung eine mitreißende Sogtiefe, die von ihm insbesondere in den Duetten durch zündende Phrasierungen unterstrichen wird. Der Baß Donato di Stefano (Bartolo) kann ebenso mit seinem klar akzentuiertem Gesang bei prächtig zur Entfaltung gebrachter farbdynamischer Tiefenschärfe, wie etwa im A un dottor della mia sorte – für einen Doktor meinesgleichen überzeugen. Köstlich auch die Vorträge von Roman Astakhov (Basilio), der seine wendig luftige Baßstimme insbesondere in der Verleumdungsarie meisterhaft einzusetzen vermochte und von Jennifer Porto (Berta), die einen feurig lasziven Auftritt darbot.
Andreas Schüller läßt das Gewandhausorchester in einem impulsiven Wechsel von tänzelnder Leichtigkeit und sich üppig entfaltendem Klangrausch agieren, welcher in frischer Spielfreude mit den Sängern aufreizend gekonnt aufspielt.
Fazit
Die Überführung des Stückes in die Gefühlswelt der Insekten und daraus hervorgehender Metamorphosen in unsere Welt zündet durch meisterhaft subtil umgesetzte Bühnenbilder, wobei karikierende Elemente insbesondere durch das Spiel der Akteure zum Leben erweckt werden. Das zuweilen süffisant improvisierend wirkende und hochgradig engagiert sowie fantastisch mitreißende Spiel der Akteure, das für zahlreiche Lachtränen sowie Szenenapplaus im Publikum sorgte und der berauschend luxuriöse Wohlklang im Fest der Stimmen, sorgten für einen gelungenen Rossiniabend mit verdient ausgiebigen Ovationen.
Dr. Andreas Gerth
Bild: Andreas Birkigt
Das Bild zeigt: (v.l.n.r.) Kathrin Göring (Rosina), Marian Pop (Figaro), José Manuel Zapata (Graf Almaviva), Donato di Stefano (Doktor Bartolo), Jennifer Porto (Berta), Roman Astakhov (Basilio)