Jenůfa – Stockholm, Königliche Oper

von Leoš Janáček (1854-1928), Oper in drei Akten, Libretto: der Komponist nach einem Drama von Gabriela Preissová, UA: 21. Januar 1904 Brünn, Nationaltheater

Regie: Annilese Miskimmon, Bühnenbild/Maske/Kostüm: Nicky Shaw, Licht: Mark Jonathan, Choreographie: Kally Lloyd-Jones

Dirigent: Lawrence Renes, Königliche Hofkapelle, Chor der Königlichen Oper, Einstudierung: James Grossmith

Solisten: Malin Byström (Jenůfa), Lena Nordin (Küsterin), Jesper Taube (Laca), Andrea Carè (Števa), Großmutter Buryja (Marianne Eklöf) u.a.

Besuchte Aufführung: 18. März 2017 (in tschechischer Sprache, schwedische Premiere dieser dänisch-schwedisch-schottischen Co-Produktion)

Kurzinhalt

Jenůfa und ihr Cousin Števa sind miteinander verlobt. Števa gehört zu den wohlhabenderen jungen Männern im Dorfe und hat gerade erfahren, daß er nicht zum Militär eingezogen wird. Er feiert ausgelassen mit seinen Freunden als die Küsterin, Jenůfas Ziehmutter, die sich ernsthaft Sorgen um das Schicksal ihrer Ziehtochter macht, ihm befiehlt, ein Jahr lang vom Alkohol zu lassen, wenn er Jenůfa heiraten will. Jenůfa ist jedoch bereits schwanger. In aller Heimlichkeit bringt sie im darauffolgenden Winter Števas Sohn zur Welt. Števa weigert sich, das Kind anzunehmen und hat sich bereits mit der Tochter des Dorfrichters verlobt. Um ihrer Ziehtochter die Schande einer unehelichen Mutterschaft zu ersparen, und, weil sich Laca, Števas Halbbruder, bereits seit langem für Jenůfa interessiert, tötet die Küsterin das Neugeborene. Als im Frühjahr das Eis schmilzt und sich Jenůfa und Laca anschicken, ihre Hochzeit feiern, findet man die Leiche des Säuglings und die Küsterin wird verhaftet. Jenůfa und Laca beschließen, dennoch zusammen zu bleiben.

Aufführung

Das Libretto gibt nur wenige Hinweise zum konkreten geographischen und historischen Ort der Handlung. Man wird ihn wohl im Mähren des 19. Jahrhunderts vermuten dürfen. Die Regisseurin verlegt die Handlung ins Irland des frühen 20. Jahrhunderts. Der Bühnenhintergrund ist in allen Akten schwarz. Im ersten Akt sieht man ein Haus von außen, in den beiden letzten von innen. Kostüme und Einrichtung sind realistisch, ohne verfremdende Elemente. Im ersten Akt ist der Raum für die Akteure, d.h. in erster Linie den Chor, sehr eingeengt. Wie die Requisiten ist auch die dramatische Aktion konventionell. Dadurch ist es an den einzelnen Sängern, ihre Figuren darstellerisch überzeugend zu gestalten, was nicht immer gelang.

Sänger und Orchester

Janáčeks Gesangsmelodik und die tschechische Sprache stellen für jeden Sänger natürlich eine Herausforderung dar. Malin Byström konnte die Qualitäten ihrer Stimme in der Titelpartie nicht voll entfalten. Zu Beginn läßt sie den Zuhörer über die enorme Fülle ihres dunklen Registers – es handelt sich bei Jenůfa um eine Sopranpartie – staunen, doch im folgenden vermißt man ein wenig die persönliche Note. Es mag sein, daß die Vorgaben der Regie dazu ihren Teil beigetragen haben, denn insbesondere in ihrem Alptraummonolog im zweiten Akt wirkt ihr Spiel forciert und unnatürlich. Die sprecherischen Nuancen ihres Parts kamen nicht deutlich heraus. Im übrigen ist sie intonatorisch und rhythmisch völlig sicher.

Lena Nordins Küsterin, die heimliche Hauptrolle dieser Oper, war dagegen darstellerisch und gesanglich souverän, in allen Stimmlagen und vor allem den vielen halb gesprochenen Partien dieser Rolle. Die altersbedinge Schärfe in ihrer Stimme paßte ausgezeichnet dazu. Jesper Taube als Laca sang mit lyrischem tenoralem Timbre und arbeitete die Unbeholfenheit seiner Figur gut heraus. Andrea Carè als Števa sang und spielte routiniert, vielleicht ein wenig zu routiniert, um dieser Rolle Charakter zu verleihen.

Das Orchester brauchte eine Weile, um den klanglichen Anforderungen der Partitur gerecht zu werden. Im ersten Akt war die Balance zwischen Chor und Orchester nicht ganz ausgewogen, was aber auch dem bereits erwähnten engen Platz auf der Bühne geschuldet gewesen sein mag. Je weiter der Abend voranschritt, desto schöner und sicherer traten die oft stark kontrastierenden Farben der Janáček’schen Instrumentation zutage.

Fazit

Die Leistungen der Sänger sind wie die des Orchesters gut bis sehr gut. Wie oft bei solchen Co-Produktionen erscheinen das Bühnenbild und auch das darstellende Spiel als ein Kompromiß. Diese Inszenierung tut sicherlich niemandem weh und ist hübsch anzuschauen, es fehlt an einigen Stellen aber ein wenig an psychologischer Tiefe.

Dr. Martin Knust

Bild: Stockholm, Königliche Oper

Das Bild zeigt: Malin Byström (Jenůfa), Jesper Taube (Laca)

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