TURANDOT – Cottbus, Staatstheater

von Giacomo Puccini (1858-1924), Lyrisches Drama in drei Akten, Finale ergänzt von Franco Alfano, Libretto: Giuseppe Adami u. Renato Simoni, UA: 25. April 1926 Mailand, Teatro alla Scala
Regie: Martin Schüler, Bühne: Walter Schütze, Kostüme: Nicole Lorenz, Choreinstudierung: Christian Möbius, Dramaturgie: Carola Böhnisch
Dirigent: Evan Christ, Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus, Opernchor, Extrachor, Kinder- u. Jugendchor des Staatstheaters
Solisten: Soojin Moon (Turandot), Max Ruda (Altoum), Ulrich Schneider (Timur), Martin Shalita (Calaf), Debra Stanley (Liù), Heiko Walter (Ping), Hardy Brachmann (Pang), Dirk Kleinke (Pong), Andreas Jäpel (Ein Mandarin)
Besuchte Aufführung: 30. April 2017 (Premiere)

Kurzinhalt

Prinzessin Turandot ist für ihre Grausamkeit berüchtigt. Zahlreiche Werber hat sie bereits köpfen lassen, da sie ihre drei Rätsel nicht lösen konnten. Wem es gelänge, der würde sie zur Frau nehmen können. Als Calaf die Prinzessin erblickt, verliebt er sich sofort in sie. Obwohl die Minister und selbst der Kaiser ihn davon abbringen wollen, stellt er sich den drei Rätseln – und löst sie. Doch die Prinzessin widersetzt sich dem Gewinner. Da Calaf sie nur durch Liebe erringen will, gibt er Turandot die Möglichkeit, ihn töten zu lassen wenn sie bis zum nächsten Morgen seinen Namen erriete. Der Prinzessin gelingt es nicht, und so nennt Calaf ihr seinen Namen, damit sich ihr ausliefernd. Doch statt ihn zu töten, ergibt sich Turandot in Liebe zu Calaf, und sie sind vereint.

Aufführung

Die Inszenierung vereint in Bühnenbild und Kostümen historisierende Ausstattungselemente und Versatzstücke aus der Entstehungszeit der Oper. So ist neben einem angedeuteten Drachentor des ersten Aktes, einer Lampion Szene und einem großdimensionalen Mond-Gong auch das Büro der Minister mit zahlreichen Aktenordnern zu sehen. Ein zentrales Element bildet die Drehbühne, die sowohl als Auftrittselement des Volkes in den Massenszenen, als auch für die Agitationsrede als neuer Herrscher in der Schlußszene verwendet wird.

Sänger und Orchester

Soojin Moon (Turandot), beherrscht das Spiel perfekt, die gesamte Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Ihre bühnenbeherrschende Präsenz, welche die eiskalte Abgründigkeit der Turandot greifbar werden läßt, erreicht ihre fulminante Steigerung durch ihren Gesang. Mit den ersten gesungenen, kristallklar aufscheinenden Tönen, durchströmt eine Aura funkelnden Glanzes des Saals, der voller Leichtigkeit und mühelos im Druckaufbau glänzenden Stahl und glühende Sonne verheißt. Ihr in questa reggia gerät so zu einer aufwallend mitreißenden Arie schillerndster Stimmvariabilität. Martin Shalita ist dazu gesangstechnisch ein Calaf wie aus dem Bilderbuch. In den Duetten mit Soojin Moon brennt sich sein stimmliches Feuer tief in das Bewußtsein des Zuhörers ein. Dazu führt Shalitas blendend aufscheinender, klar geführter Tenor mit breit angelegter Fülle die Arie nessun dorma spannungsreich hin zum strahlend herausziselierten und mit enormem Druckhaltungsvermögen, gänzlich ohne Flattern oder fahles Auslaufen, gestandenen vinceró. Stimmliche Freude bereitet auch der Auftritt von Debra Stanley als Liù. Ihr wendiger Sopran, der voller lyrischer Klangfarben die volle Bandbreite getragener hoher Töne in gediegenster Maße aufscheinen läßt, bezeugt ihren breit aufgestellten und stets auf den Punkt ausbalancierten Stimmumfang, der in ihren Arien bravourös vorgetragen wird.
Ein großes Vergnügen bereiten auch Heiko Walter, Hardy, Brachmann und Dirk Kleine als drei Minister. Ihr Spiel voll komödiantischen Talentes ist köstlich anzusehen und ihr Gesang, herrlich austariert zwischen überzeichnetem Timbre und blendender Strahlkraft, reißen vom ersten Augenblick an mit. Max Ruda überzeugt zudem mit fahl gebrochener Stimme als alternder Kaiser, ohne dabei in karikierende Gefilde abzugleiten. Evan Christ und das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus lassen einen schillernd sublimen Klangfarbenrausch erblühen, der die volle Tiefenwirkung des Werkes zwischen wuchtig monumentaler Höhepunkte und verklärt somnambuler Finesse, zwischen Verismo und Impressionismus, eindrucksvoll hervorhebt. Exzellent aufgestellt und absolut bravourös aufeinander abgestimmt sind zudem die Chöre des Staatstheaters Cottbus, die den Zuschauer sowohl in den Tutti, als auch in den lyrischen Passagen in scheinbar andere Sphären entführen.

Fazit

So wie in der Aufführung des Staatstheaters Cottbus muß Puccini sein – aufwühlend und mitreißend im Breitwandformat, so daß einem das Herz bis zur Kehle herauf schlägt! – Die zwischen Historismus und moderner, mit technischen Finessen versehener, pendelnde Interpretation in der Inszenierung unter Martin Schüler, erzeugt einen mitreißenden Spannungsbogen, der genug Spielraum für die Protagonisten läßt. In idealer Weise bis hin zu den Nebenrollen, wurden die Darsteller besetzt. Wenn Soojin Moon als Turandot und Martin Shalita als Calaf zusammen die Bühne beherrschen, dann hebt es einen förmlich aus den Sitzen. Dazu der herrlich aufspielende Klangkörper des Philharmonischen Orchesters des Staatstheaters Cottbus unter Evan Christ und die Chöre des Staatstheaters Cottbus mit Referenzqualität. Ein herrlicher und überaus gelungener Abend, der mit nicht enden wollenden stehenden Ovationen bedacht wurde! Bravo!!

Dr. Andreas Gerth

Bild: Marlies Kross

Das Bild zeigt: Soojin Moon (Turandot) und Martin Shalita (Calaf)

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