von Richard Wagner, Romantische Oper in drei Akten, Text: Richard Wagner, UA: 19. Oktober 1845, Hoftheater Dresden
Regie: Patrick Kinmonth, Bühne: Darko Petrovic, Kostüme: Annina von Pfuehl
Dirigent: François-Xavier Roth und das Gürzenich-Orchester Köln
Solisten: Karl-Heinz Lehner (Hermann, Landgraf von Thüringen), David Pomeroy (Tannhäuser), Kristiane Kaiser (Elisabeth), Dalia Schaechter (Venus), Miljenko Turk (Wolfram von Eschenbach), Dino Lüthy (Walther von der Vogelweide), Lucas Singer (Biterolf)
Besuchte Aufführung: 24. September 2017 (Premiere)
Kurzinhalt
Als Sterblicher hat Tannhäuser den Weg zum Venusberg gefunden, der Welt der Sinnlichkeit. Doch er ist des Genusses überdrüssig und will wieder zurückkehren zu Menschen. Venus versucht ihn zum Bleiben zu überreden, aber Tannhäuser ist entschlossen, den Venusberg zu verlassen. Bei einem Sängerfest besingt er das wahre Wesen der Liebe, auch um das Herz Elisabeths, der Nichte des Landgrafen, zu gewinnen. Wegen seines Aufenthalts im Venusberg wird er vom Fürsten veranlaßt, nach Rom zu gehen und Vergebung zu finden. Tannhäuser kehrt ohne die Gunst des Papstes wieder. Elisabeth opfert ihr Leben für Tannhäusers Vergebung. Tannhäuser stirbt und bittet Elisabeth, Gott um Hilfe zu erflehen. Da sendet Gott ihm in Form des blühenden Priesterstabs ein Zeichen für seine Vergebung.
Aufführung
Das Zentrum der Bühne bildet der Orchestergraben, der sich wie eine Schlucht in das Landschaftsbild gräbt. Kreisförmig darum herum ist ein mit Moos und Steinen bedeckter Boden zu sehen sowie Lichtsäulen im Vordergrund der Bühne. Die Kostüme sind zeitlos in schwarz-weiß, jeweils um das Konservativ-Bürgerliche und das Extatisch-Wilde voneinander abzugrenzen. Die Venus erscheint beispielsweise in schwarzem Ledermantel und Tüllkleid, die Minnesänger in Anzügen mit Frack und weißem Hemd. Elisabeth wird in ihrer Zerrissenheit zwischen der unschuldigen Maria-Figur, die ebenfalls darstellerisch verkörpert wird und der Venus als Sinnbild der Lust gezeigt. Erst nach ihrem Tod traut Elisabeth sich, Tannhäuser näher zu kommen und ihn zu küssen.
Sänger und Orchester
Die Ouvertüre wird von François-Xavier Roth mit einem vorsichtigen, sehr zarten Dirigat eingeleitet, daß in den Hörnern und Fagotten langsam das Thema aufbaut. Die Partien der Bläser und Streicher akzentuiert Roth so, daß sich die Kontraste gut entfalten können und durch lange Crescendi-Bögen den fröhlichen Dur-Teil von dem dramatischen Moll-Teil abheben. Während der Ouvertüre räkeln sich im Hintergrund Männer, sich langsam ausziehend und von rothaarigen Frauen verwöhnen lassen. David Pomeroy (Tannhäuser) ist ein Heldentenor wie er im Buche steht: seine voluminöse Tenorstimme ist in der Intonation sehr klar und fast schon scharf. In der Höhe gelingt es ihm besonders in der Arie Stets soll nur dir mein Lied ertönen, seinen Tenor anmutig ins Forte anschwellen zu lassen. Allerdings kann er sich nicht immer genügend zurücknehmen, und ist dynamisch nicht vielseitig genug.
Das gelingt Dalia Schaechter (Venus) mit ihrem warmen Sopran besser. In der Höhe läßt sie ihre Stimme geheimnisvoll anschwellen und haucht dabei Passagen wie Geliebter komm im sotto voce. Kristiane Kaiser (Elisabeth) überzeugt mit einem strahlenden Sopran, der in der Höhe glockenklar und rein klingt. Dabei zeigt sie dynamische Abwechslung durch im sotto voce gejauchzte Passagen und dramatisch akzentuierte Spitzentöne. Im Duett Gepriesen sei die Stunde ergänzt sie sich hervorragend mit dem scheppernden Tenor von Pomeroy und legt sich gesanglich wie ein seidiger Schleier um seine Stimme. Ebenfalls erwähnenswert ist Miljenko Turk (Wolfram von Eschenbach), dessen warmer, sehr zarter Tenor einen Kontrast zu Pomeroys Organ bildet und dabei die erzählerischen Partien sehr kunstvoll und mit viel Gefühl ausschmückt.
Karl-Heinz Lehner (Hermann, Landgraf von Thüringen) bildet mit seinem knarzenden Bariton einen stimmlichen Kontrast und paßt durch sein stolzes Schauspiel gut in die Rolle des Herrschers. Besonderer Höhepunkt der Oper sind allerdings die wunderschönen Chorpartien. Im ersten Akt überzeugt der Männerchor durch einen perfekten aufeinander abgestimmten a capella Gesang im unisono. Sowohl harmonisch wie auch rhythmisch bilden die Sänger eine Einheit. Großes Finale ist aber Heil! Heil! Der Gnade Wunder Heil! im dritten Akt, in der der Chor zu Höchstform aufläuft und im Fortissimo sehr glanzvoll in der Höhe singt.
Fazit
Musikalisch läßt der Abend keine Wünsche offen: das perfekt aufeinander abgestimmte Ensemble zeigt viele Raffinessen und weiß Wagner bestens zu interpretieren. Höhepunkt des Abends sind aber nicht die Solisten, sondern der Chor und das Orchester, die vom Publikum mit besonders heftigem Applaus belohnt werden. Unter dem Dirigat von François-Xavier Roth gelingt es dem Orchester wirklich außergewöhnlich gut, die Stimmungen der Musik zu vermitteln, und im Zusammenklang mit dem Chor gibt es viele Momente, die Gänsehaut erzeugen. Auch für David Pomeroy, Dalia Schaechter, Kristiane Kaiser und allen voran Miljenko Turk spendet das Publikum frenetischen Applaus. Die moderne Inszenierung ist an einigen Stellen nicht selbsterklärend, hat aber einen roten Faden und sorgt für spannende Interaktionen. Insgesamt ein wirklich runder Opernabend.
Melanie Joannidis
Bild: Bernd Uhlig
Das Bild zeigt: David Pomeroy (Tannhäuser)