Das Wunder der Heliane – Deutsche Oper Berlin

von Erich Wolfgang Korngold (1897-1957), Oper in drei Akten, Libretto: Hans Müller-Einigen nach Hans Kaltneker Die Heilige, UA: 7. Oktober 1927 Hamburg, Staatsoper

Regie: Christof Loy, Bühne: Johannes Leiacker, Kostüme: Barbara Drosihn, Licht: Olaf Winter

Dirigent: Marc Albrecht, Orchester der Deutschen Oper, Chor und Extrachor der Deutschen Oper Choreinstudierung: Jeremy Bines

Solisten: Sara Jakubiak (Heliane), Josef Wagner (der Herrscher), Brian Jagde (der Fremde), Okka von der Damerau (die Botin), Derek Welton (der Pförtner), Burkhard Ulrich (der Schwertrichter), u.a.

Besuchte Aufführung: 18. März 2018 (Premiere)

Kurzinhalt

Der junge Fremde sitzt im Verließ in einem Land, in dem Lachen und Liebe verboten sind. Heliane, die Frau des Herrschers, besucht ihn und kommt seinem Drängen nach, sich ihm nackt zu zeigen. Der Herrscher entdeckt sie und ruft das Gericht zusammen, um zu untersuchen, ob es zum Ehebruch gekommen ist. Während einer Unterbrechung der Verhandlung tötet sich der Fremde. Der Herrscher verlangt von Heliane als Beweis ihrer Unschuld den Fremden wieder von den Toten zu erwecken. Während sich Tumult im Volke ausbreitet, gelingt ihr das Wunder. Der Fremde entläßt das Volk in eine glückliche Zukunft und verweist den Herrscher des Landes, der erfüllt von Wut und Eifersucht Heliane tötet. Sie verläßt diese Welt gemeinsam mit dem Fremden.

Aufführung

Diese Inszenierung ist karg in den äußeren Mitteln. Die gesamte Handlung spielt in einem holzvertäfelten Saal. Sämtliche Akteure sind in Anzüge gekleidet, und im Unterschied zur Musik ist die visuelle Gestaltung alles andere als farbenfroh. Es dominieren ausschließlich Braun-, Schwarz- und Grautöne, und es gibt keine beleuchtungstechnischen oder bühnenbildnerischen Spezialeffekte.

Vorbemerkung

Bevor man über die beeindruckenden Leistungen von Solisten und Choristen ein Wort verliert ist klarzustellen, daß das musikalische Geschehen sich in dieser Oper nahezu vollkommen im überbordenden Orchester Korngolds abspielt, und zwar in einem Maße, daß die chromatischen solistischen Vokallinien und komplexen Chorsätze fast nur als ein Teil dieser üppigen instrumentalen Partitur erscheinen. Zugespitzt könnte man sogar sagen, daß die überspannte Handlung mit ihrer prätentiösen Diktion dem Komponisten lediglich als ein Vorwand dafür gedient hat, seine virtuosen Künste als Orchestrator entfesseln zu können.

Sänger und Orchester

Das Orchester ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Werkes, der eigentliche Hauptakteur, und es erfüllte unter der Leitung von Marc Albrecht hier selbst hochgesteckte Erwartungen.

Was vielleicht angesichts dieser technisch anspruchsvollen Partitur überraschen mag: viele Sänger dieser Produktion stehen erst am Anfang ihrer Karrieren. Dies gilt beispielsweise für Brian Jagde (der Fremde), der zu seiner Rolle nicht nur von seinem Alter her, sondern auch wegen seines jugendlich-unbekümmerten, kraftvollen Stimmeinsatzes paßt. Sicher in Intonation und Stimmsitz ist es ihm anscheinend ein Leichtes, mit seinem Tenor auch durch das größte Orchesterdickicht hin durchzudringen. Mit Sara Jakubiak in der Titelrolle stand ihm eine ebenso selbstsichere Partnerin zur Seite. Auch wenn ihre Partien hierfür sicherlich keine guten Studienobjekte sind, müssen sie aber beide noch ein wenig an der Aussprache des Deutschen arbeiten. Das gilt nicht für Okka von der Damerau (die Botin), deren Eignung als Wagnersängerin förmlich ins Auge springt. Stimmbehandlung und Auftreten waren bei ihr in jeder Hinsicht gelungen und die Verkörperung ihrer Rolle war die beste darstellerische Leistung dieses Abends. Josef Wagner (der Herrscher) hat eine etwas undankbare Partie, der spektakuläre Passagen abgehen. Er schlug sich wacker. Derek Welton (der Pförtner) hat hingegen in Gestalt seiner Erzählung im dritten Akt eine lyrische Partie, die er voll auskostete. Burkhard Ulrichs Part (der Schwertrichter) ist eine Rolle für Spieltenor, bei der es mehr auf einen sprechenden denn einen schwelgerischen Tonfall ankommt.

Beinahe schon berauschend schön so wie der Orchesterpart wurden die verschlungenen Damenchorsätze dargeboten, beispielsweise zu Beginn der Oper. Der Chor hat im dritten Akt seinen großen Auftritt mit seinen rhythmisch vielfach überlappenden Einsätzen und den heiklen einstimmigen Abschnitten. Der Chor ist das einzige Element, das für Bewegung im Geschehen auf der Bühne sorgt, das sonst eher statisch bleibt.

Fazit

Diese – wenn man so sagen darf – spätestromantische Musik läßt sicherlich niemanden kalt. Wer sich für diesen Teil der deutschen Oper interessiert, sollte unbedingt nach Berlin fahren um des musikalischen Erlebnisses willen. Was man der Inszenierung zugute halten kann, ist, daß sie nicht von der Musik ablenkt und man die zentralen Aktionen zu sehen bekommt. Doch, auf die Gefahr hin unbedarft zu wirken, hätte man sich vor allem für die beiden letzten Akte ein wenig mehr als Maßanzüge und Wartesaal zum Anschauen gewünscht.

Dr. Martin Knust

Bild: Monika Rittershaus

Das Bild zeigt: Sara Jakubiak (Heliane), Josef Wagner (der Herrscher)

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