Le Domino Noir – Der schwarze Domino- Paris, Opéra-Comique

von Daniel François Esprit Auber (1782-1871), Opéra-comique in drei Akten, Libretto: Augustin Eugène Scribe (1791-1861), UA: 2. Dezember 1837 Paris, Opéra-Comique, Salle des Nouveautés

Regie: Valérie Lesort, Christian Hecq (Mitglied der Comédie-Française)

Bühne:: Laurent Peduzzi, Kostüme: Vanessa Sannino, Licht: Christian Pinaud

Dirigent: Patrick Davin, Orchestre Philharmonique de Radio France, Choreographie: Glyslein Lefever, Choeur accentus, Choreinstudierung: Christophe Grapperon, Marionetten: Valérie Lesort und Carole Allemand

Solisten: Anne-Catherine Gillet (Angèle d’Olivarès), Cyrille Dubois (Horace de Massarena), Antoinette Dennefeld, (Brigitte de San Lucar), François Rougier (Comte Juliano), Marie Lenormand (Jacinthe), Laurent Kubla (Gil Perez), Sylvia Bergé (Ursule), Laurent Montel (Lord Elfort) u.a. Tänzer: Anna Beghelli, Sandrine Chapuis u.a.

(Koproduktion mit Opéra-Comique, Opéra Royal de Wallonie, dort Premiere le 23/02/2018, Liège, Opéra de Lausanne)

Besuchte Aufführung: 25. März 2018 (Premiere)

Vorbemerkung

Eugène Scribe und Daniel François Esprit Auber arbeiteten von 1830 bis 1870 für viele Opern zusammen. Damit schenkten sie der Opera-Comique viele Uraufführungen. Ihre erfolgreichen, im leichten beschwingten Stil geschriebenen Musikwerke stellen die damalige Lebensart und Anschauungen der nachrestaurativen Zeit bemerkenswert genau dar. Von Aubers fünfzig komponierten Opern war diese  die zweiundzwanzigste. Immer ist seine Musik leicht, brillant, bezeugt einen nie verletzenden Humor, ist voll von Geistesblitzen und koketten Einfällen. Die Opern wurden, indem sie rasch übersetzt wurden, in ganz Europa verbreitet, doch weniger in Deutschland, zu sehr unterschied sich die französische Lebensart von der deutschen.

Der erste Akt des Domino Noir zeigt aristokratischen Lebenswandel, der zweite ist von bürgerlichem der dritte von religiösen Leben geprägt. Wie in einem Singspiel üblich gibt es gesprochene wie gesungene Teile, etwas, was wir aus Mozarts Entführung aus dem Serail kennen. Vieles ist dem Vaudeville, dem Gesang auf der Straße (vulgo: Gassenhauer) abgeguckt. Mozart selbst hat diese Gesangsform immer gern eingesetzt. Trotz allem hält sich Scribe an die aristotelische Dreiheit: Einheit von Zeit, Handlung und Ort. Doch beim Ort wechselt er vom Ballsaal in ein gastliches Haus und landet schließlich im Nonnenkloster. Alles ist auf Angèle d’Olivarès, Nichte der spanischen Königin, ausgerichtet, und Scribe gelingt es, die Identität dieser geheimnisvollen Dame bis zuletzt zu verheimlichen. Zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens (Matutin) erlebt die schöne Angèle eine turbulente Nacht zwischen dem leichtgläubigen, träumerischen Horace, dem Lebemann Juliano und der bäurischen Jacinthe sowie  ihrem Liebhaber, dem Klosterpförtner Gil Perez

Kurzinhalt

Am Weihnachtsabend kommen Angèle d’Olivarès, verkleidet als Domino auf den jährlichen Maskenball in den Gemächern der spanischen Königin. Ebenso erscheinen auch Horace de Massarena und sein Freund Comte Juliano. Beim Maskenball ein Jahr vorher hatte Horace Angèle kennengelernt. Beide verliebten sich Hals über Kopf, doch erklärte Angèle, ihn nicht erhören zu können, da sie anderweitig gebunden sei.

Juliano und Horace gelingt es, daß Angèle ihre bestellte Kutsche um Mitternacht nicht erreicht. Diese sollte sie zurück ins Kloster bringen, wo sie anderntags als Äbtissin geweiht werden sollte. Angèle gelangt zu Fuß ans Kloster und, da sie nicht hineinkommt, gelangt sie in Julianos Wohnung, wo sie von seiner Haushälterin Jacinthe aufgenommen wird. endlich gelangt sie in das Kloster. Dort erhält sie kurz vor der Wahl zur Äbtissin  einen Brief von der Königin, in dem diese die Nonne Ursule zur Äbtissin des Klosters bestimmt. Angèle dagegen forderte sie auf, sich sofort einen Gatten zu nehmen. Horace, der ebenfalls ins Koster gekommen war, nimmt sie überglücklich in seine Arme.

Aufführung

Zu Anfang imponiert eine riesige Uhr. Ihr Ziffernblatt ist durchscheinend, so daß man den Ballsaal dahinter sieht. Der Raum davor ist in roter Farbe gehalten mit umlaufender Bank und einer Tür links.

Das zweite Bild zeigt ein Zimmer mit bunter Tapete mit ornamentalem Muster. Eine mittlere Tür, führt mit drei Stufen ins Zimmer hinab, zwei weitere Türen bzw. Ausgänge seitlich. Einige runde Tische mit Stühlen drumherum füllen den großen Raum. Im Hintergrund seitlich links steht ein riesiger geschmückter Weihnachtsbaum .

Das letzte Bild zeigt den Klosterkircheneingang mit einer angedeuteten Vorhalle mit je einer Karyatiden an den Seiten. Linker Hand zwei Betstühle, die offensichtlich auf eine nicht sichtbare Heiligenfigur gerichtet sind. Im mittleren Hintergrund der Eingang zur Kirche, „bewacht“ von zwei Teufelsfiguren an jeder Seite.

Die beiden Adeligen tragen Junkeranzüge, der Klosterpförtner und Freund Jacinthes ist bäurisch derb gekleidet. Julianos Haushälterin Jacinthe kommt im Dirndl mit riesigem Busen und Bauch daher. Angèle d’Olivarès trägt zu Anfang ein spitzenbesetztes schwarzes Dominokostüm, danach im Haus Julianos ebenfalls ein Dirndlkleid und schließlich eine Nonnenrobe mit einer helmartigen Kopfbedeckung, an der Spitze verziert mit einem leuchtenden Kreuz. Die Nonnen erscheinen in üblicher schwarzer Nonnenkutte mit weißen, seitlich ausladender Kopfbedeckung.

Sänger und Orchester

In rhythmisch zügigem Drive entwickelt Patrick Davin, der sich mit der Wiederaufführung von Aubers Oper Die Stumme von Portici 2012 einen Namen gemacht hatte, die elegante, eingängige Ouvertüre und begleitet vorzüglich die Sänger. Die tiefe Pauke imponiert mit dumpfen Schlägen, die Solisten, besonders die Streichegruppe versieht vorzüglich ihren Part.

Obwohl vieles der Gesänge in der Art von Vaudevilles erklingt, gibt es doch auffallend großangelegte Arien, Duette und andere Ensembles, die ein erhebliches Können an artikuliertem Singen und Koloraturen aufzeigen. Hier merkt man, wieviel Auber vom etwa gleichaltrigem Gioachino Rossini gelernt hat. Dieser war ja ab 1823 im Théâtre des Italiens, das damals das Gebäude der Opera Comique besaß, tätig, wo viele seiner Opern aufgeführt wurden.

Gut geführte Stimmen, bei meist deutlicher Aussprache mit lyrischem Timbre besitzen die Sänger alle. Besonders auffallend hoch und gut fokussiert führen die beiden Tenöre Cyrille Dubois (Horace de Massarena) und François Rougier (Comte Juliano) ihre Soli aus. Antoinette Dennefeld (Brigitte de San Lucar) ist eine ebenso gute Schauspielerin wie Sängerin mit einem schönen, bis in die Höhe klingenden Sopran. Und schließlich Anne-Catherine Gillet (Angèle d’Olivarès) hat einen ansprechenden Sopranstimme, die sie in ausgedehnten Koloraturen wie in einigen Vaudeville ähnlichen Arien, Duetten und Trios biegsam und elegant einbringt. Ihre Rolle mit dem dreifachen Kleiderwechsel ist vielgestaltig. Schließlich ist sie als noch nicht gewählte Äbtissin am überzeugendsten. Ihre Freude über das Glück, endlich doch ihren geliebten Horace in die Arme schließen zu können, zeigt sie in schöner Form in der Umarmung mit Horace. Aber am besten gefiel dann doch Sylvia Bergé (Ursule) in ihrem Neid gegenüber Angèle. Ihr häßliches Lachen über ihren unverhofften Sieg über die Konkurrentin ist kaum zu vergessen.

Fazit

Mi leichter Hand bringt Regisseur Christian Hecq zusammen mit Valérie Lesort diese elegant strukturierte Oper auf die Bühne, wobei es mir scheint, daß beide sich ein wenig weit am Geist der von Librettist und Komponist dabei entfernen, zuviel Slapstick beherrschen den Ablauf, besonders den Beginn. Wiederum ist die Einbeziehung der am Kloster sowie am Kircheingang seitlich angeordneten Figuren in das Geschehen durch Verziehen der Gesichter und Aufblähen der Körper (beider Teufelsfiguren) überraschend und auflockernd. Dieses und vieles andere quittiert das Publikum durch Lachen und langanhaltenden Schlußapplaus.

Dr. Olaf Zenner

Bild: DR Vincent Pontet

Das Bild zeigt: Chor der Nonnen (choeur accentus) und zwei Schwestern hängen an den Glockenseilen. Die seitlichen Figuren sind in die Handlung einbezogen.

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