Cottbus, Staatstheater (Kammerbühne) – COSÌ FAN TUTTE

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Dramma giocoso in 2 Akten, Libretto: Lorenzo Da Ponte (deutsche Übersetzung der Rezitative: Kurt Honolka); UA: 26. Januar 1790, Wien. Regie: Hauke Tesch, Ausstattung: Gundula Martin, Dramaturgie: Dr. Carola Böhnisch; Dirigent: Evan Christ, Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus, Chor des Staatstheaters Cottbus. Solisten: Anna Sommerfeld (Fiordiligi), Anne-Theresa Albrecht (Dorabella), Cornelia Zink (Despina), Hardy Brachmann (Ferrando), Andreas Jäpel (Guglielmo), Jörg Simon (Don Alfonso), u. a.
Besuchte Aufführung: 28. Juni 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
cottbus-cosi.jpgDie jungen Offiziere Ferrando und Guglielmo sind sich der Liebe ihrer Bräute Fiordiligi und Dorabella sicher und preisen sie in den höchsten Tönen. Für den Philosophen Don Alfonso jedoch ist die Sache klar: alle Frauen sind gleich und für die Treue nicht geschaffen, auch die beiden Geliebten würden da keine Ausnahme bilden. Darauf wette er sogar 100 Zechinen, worauf die beiden Offiziere selbstsicher dagegen haltend einschlagen. Der Treuetest unter Don Alfonsos Anleitung beginnt und Ferrando sowie Guglielmo werden angeblich in den Krieg eingezogen. Beide kehren jedoch bald als exotische Fremdlinge verkleidet zurück, wobei jeder versucht, die Geliebte des anderen zu verführen. Die anfängliche Standhaftigkeit der Damen gegenüber den Avancen der Fremden weicht einer, von der Kammerzofe Despina unter Don Alfonsos Führung, angefachten Gefühlsachterbahnfahrt. Schließlich kommt es sogar zur Doppelhochzeit, die von Despina, als Notar verkleidet, ausgeführt wird. Als die angeblich eingezogenen Offiziere ohne Verkleidung wieder erscheinen, gestehen die Geliebten ihre Untreue und die Offiziere decken das Spiel auf. Unter Don Alfonsos Geheiß umarmen sich die Geliebten, doch niemand kann sich der Treue des anderen mehr sicher sein.
Aufführung
In der intimen Atmosphäre der Kammerbühne, wobei das Orchester neben der Spielfläche plaziert ist, wird ein für beide Akte weitgehend identisches Bühnenbild mit variablen Sitzgruppen, einem Paravent und einem Laufpodest im Hintergrund präsentiert. Dabei vermitteln Bootssteg, imitierte Wasserfläche und Sonnenschirm-Tisch eine mediterrane Atmosphäre, die sich auch in den luftigen Kleidern von Fiordiligi und Dorabella sowie im snobistischen Sommeranzug von Don Alfonso wiederspiegeln. Bereits während der Ouvertüre wird im Flirt von Don Alfonso und der Kellnerin (stumme Rolle) die Aufmerksamkeit voll auf die Gefühlsregungen und das Mimenspiel der Akteure gelenkt. Durch die Kammerspielatmosphäre bleibt der Zuschauer auch das ganze weitere Stück hindurch nahe am Geschehen.
Sänger und Orchester
Anna Sommerfeld ist eine hinreißende Fiordiligi. Ihr leuchtend klarer Sopran verleiht den Höhen im Come scoglio immoto resta – Wie der Felsen, der ohne Schwanken trotzt den Wellen glanzvolle Spitzen und überzeugt mit überaus beweglicher Phrasierung. Bewegend auch ihre tiefe Emphase mit stimmlich schillernder Dynamik im Per pietà, ben mio – O verzeih‘, verzeih‘, Geliebter. Die Mezzosopranistin Anne-Theresa Albrecht (Dorabella) verzückt mit blumig, warmem Timbre im È amore un ladroncello – Ein loser Dieb ist Amor, das in den Spitzentönen der Duette die Knospe der strahlenden Leuchtkraft erblühen läßt und dazu klaren Duktus mit immenser stimmlicher Sogtiefe paart. Die Tenorstimme von Hardy Brachmann (Ferrando) mit nuancenreichem, druckvollem Timbre und betörendem Schmelz lyrischer Emphase sowie expressivem Duktus wie im Tradito, schernito – Verraten, verspottet wird lange in Erinnerung bleiben. Köstlich sein Mimenspiel zusammen mit Andreas Jäpel (Guglielmo), dessen voller, warmer Bariton im Donne mie, la fate a tanti – Mädchen, so treibt ihr’s mit allen! impulsiv aufleuchtet. Jörg Simon (Don Alfonso) intoniert seinen Baß in den Tiefen sauber und zeigt insbesondere in den lyrischen Passagen ausgezeichnet lichte Momente. Sein Parlando ist zudem lupenrein. Mit herrlich schnarrend überzeichneter Stimme und im Una donna a quindici anni – Schon ein Mädchen von fünfzehn Jahren mit superb getroffenen Höhen wartet die Sopranistin Cornelia Zink (Despina) auf. Hinzu tritt ihr gekonnt lasziv anzügliches Spiel. Das Philharmonische Orchester unter Evan Christ bettet den Gesang der Akteure in ein subtil hochauflösendes Klangfarbspektrum, das voller Spielfreude vorgetragen wird. Auch der stimmlich sauber durchstrukturierte Chor des Staatstheaters Cottbus rundet die Leistung aller Beteiligten gekonnt ab.
Fazit
Eine Inszenierung mit hervorragend umgesetzter Kammerspielatmosphäre, die durch die gesanglich und spielerisch überdurchschnittlichen Leistungen der Akteure von der ersten bis zur letzten Note die Aufmerksamkeit auf sich zieht und den Gefühlsrausch des Stückes eindringlich aufflammen läßt. Beide Daumen hoch!

Dr. Andreas Gerth

Bild: Marlies Kross
Das Bild zeigt: (v.l.n.r.): Andreas Jäpel (Guglielmo), Hardy Brachmann (Ferrando), Jörg Simon (Don Alfonso),
Cornelia Zink (Despina), Anna Sommerfeld (Fiordiligi), Anne-Theresa Albrecht (Dorabella).

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