Die Meistersinger von Nürnberg – Mannheim, Nationaltheater

von Richard Wagner, Oper in drei Akten, Libretto: R. Wagner, UA: 21. Juni 1868 München, Nationaltheater

Regie, Bühne/Kostüme: Nigel Lowery, Licht: Lothar Baumgarte, Dramaturgie: Cordula Demattio, Albrecht Puhlmann

Dirigent: Alexander Soddy  Chöre: Dani Juris, Orchester, Haus- und Extrachor sowie Statisterie des Nationaltheaters Mannheim

Solisten: Ks. Thomas Jesatko (Hans Sachs), Sung Ha (Veit Pogner), Samuel Levine (Kunz Volgelgesang), Rainer Zaun (Konrad Nachtigall), Joachim Goltz (Sixtus Beckmesser), Thomas Berau (Fritz Kothner), Uwe Eikötter (Balthasar Zorn), Koral Güvener (Ulrich Eisslinger), Raphael Wittmer (Augustin Moser), Marcel Brunner (Hermann Ortel), Dominic Barberi (Hans Schwarz), Bartosz Urbanowicz (Hans Foltz, Nachtwächter), Tilmann Unger (Walther von Stolzing), Christopher Diffey (David), Astrid Kessler (Eva Pogner), Marie-Belle Sandis (Magdalene), Eva Wombacher (Beckmessers Laute), Gudrun Hermanns, Mariko Kimura, Monika Fahrmann, Malaika Ledig-Schmid, Brigitte Rockowitz, Bettina Sander, Giorgi Bekaia, Kyung-Rok Jeong, Dong-Seok Im, Jeongkon Choi, Bertram Kleiner, Jarno Lehtola (Lehrbuben)

Besuchte Aufführung: 28. Oktober 2018 (Premiere)

Kurzinhalt

Walther von Stolzing ist in Nürnberg angekommen und hat ein Auge auf Eva, die Tochter des Goldschmieds Veit Pogner geworfen. Um diese zu gewinnen, ist am folgenden Tag ein Wettsingen ausgerufen worden, bei dem der von den „Meistersingern“ ernannte Sieger Eva Pogner heiraten darf. Als Konkurrenten hat Walther den Stadtschreiber Sixtus Beckmesser, der die Gefahr wittert und Eva des Nachts ein Ständchen vor Pogners Haus singen will. Der Schuster Hans Sachs jedoch steht auf der Seite Walthers und weiß diese nächtliche Aktion zu unterbinden, die letztlich in einer Massenschlägerei endet. Als Beckmesser am folgenden Morgen ein Gedicht in der Werkstatt von Sachs findet, wähnt er sich für das Wettsingen gerettet. Es handelt sich um die Notizen des Liedes von Walther, die Sachs gerne an Beckmesser abgibt. Als dieser das Lied der Öffentlichkeit vortragen will, verwickelt er sich allerdings in die nächste Katastrophe.

Aufführung

Die Bühne stellt eine Art „Theater im Theater dar“. Dafür wurde eigens ein Bühnenrahmen konstruiert, der etwas kleiner ist und in dem sich die Geschehnisse konzentrieren. Das Bühnenbild von Nigel Lowery ist gut gelungen: das Ambiente besteht aus gemalten und gebauten Kulissen wie z.B. beim Kircheninnenraum, bei der nächtlichen Straßenszene im zweiten Akt oder der Innenraum im Haus von Hans Sachs im dritten Akt.

Die Meister thronen bei ihrem ersten Auftritt in einem gotischen Chorgestühl, im zweiten Akt steht ein Brunnen mit einer Johannes-Statue in der Bühnenmitte. Die Kostüme halten sich in vielen Fällen an die originalen Vorgaben. So findet man bei diesen Meistersingern vielerlei mittelalterliche Kostüme wie u.a. bei Hans Sachs, der dann aber – sobald er sich zu Beginn des dritten Aktes zu Hause fühlt – in ganz alltäglicher Kleidung erscheint. Die Prügelei am Ende des zweiten Aktes wird von einer Marionettentruppe nachgebildet. Diese Verkleinerung des Massenauflaufes wirkt wie ein Ameisenhaufen mit Keulen in den Händen und macht ein abenteuerliches Gewimmel. In der letzten Szene auf der Festwiese wird dann auch der Theatersaal von den Akteuren mitbenutzt, viele Musiker und Sänger findet man auf einige Logen verteilt. Hier steigert sich die Bühnenkomposition zu einem bunten Durcheinander, bei dem nochmals alles an Kostümierung aufgeboten wird, was der Inszenierung dienen kann.

Sänger und Orchester

Unter dem Dirigat von Alexander Soddy erlebt man an diesem Abend eine frische und entstaubte Interpretation von Wagners Meistersingern. Der Dirigent manövriert sein Orchester sicher durch die Partitur und spannt einen großen Bogen vom intimen Piano bis zu den dröhnenden Massenszenen. Auch die Sänger sorgen für einige Überraschungen. Ks. Thomas Jesatko als Hans Sachs hat seine Partie in Fleisch und Blut. Man merkt wie verinnerlicht er sowohl seinen Monolog Wahn, Wahn überall Wahn vorträgt und wenig später vor dem Volk seinem Euch macht ihr‘s leicht, mir macht ihr‘s schwer doch einen ganz anderen Ton trifft. Ebenso beeindruckend ist die Leistung von Astrid Kessler als Eva. Ihr Sopran strahlt Klarheit und Wärme aus, ihr Timbre hat Charakter. Auch hinsichtlich der Artikulation und Textverständlichkeit kann man den Sängern nichts vorwerfen. Dies betrifft auch Sung Ha als Veit Pogner, der zwar etwas hart und metallisch klingt, seiner Partie allerdings ebenfalls eine persönliche Note zu verleihen weiß. Tilmann Unger als Walther von Stolzing besitzt ein schmales, jedoch sehr anpassungsfähiges Timbre. An einigen Stellen geht er bezüglich der Lautstärke ein wenig unter. Dies geschieht leider auch den anderen Sänger zu Beginn des dritten Aktes. Die vorige Balance scheint hier aus den Fugen zu geraten, und es dauert eine Weile, bis sich das Gleichgewicht wieder herstellt. Christopher Diffey singt den David mit einem strahlenden, runden Klang, der Eindruck macht. Seine Stimme ist durchdringend, seine Artikulation des Deutschen tadellos. Auch Joachim Goltz als Beckmesser liefert an diesem Abend eine eindrucksvolle Leistung und trifft für die affektierten Passagen seiner Partie den richtigen Ton. Marie-Belle Sandis erlebt man als Magdalene. Diese etwas kleinere Partie ist ebenfalls solide erarbeitet und macht dem Zuhörer Freude. Auch die Leistung des Opernchores, vor allem bei der sogenannten „Fuge“ am Ende des zweiten Aktes ist lobenswert. An vielen Stellen neigt der Dirigent allerdings zu etwas übereilten Tempi. Dies zeigt sich daran, daß passagenweise Verständlichkeit der Worte von den Sängern verschluckt wird, da der Textfluß doch ein wenig zu rasch von statten geht.

Fazit

Das Nationaltheater Mannheim liefert mit dieser Meistersinger-Inszenierung einen eindrucksvollen Wagner-Abend. Der Regisseur ist einigen schon von Händels Hercules bekannt, wenn ihm auch diesmal die Umsetzung nicht so glücklich gelungen ist. Die Inszenierung packt sehr viele Ideen ineinander und dies geschieht nicht immer in einem organischen Zusammenhang. Allerdings kehrt Lowery immer wieder zu den ursprünglichen Ideen Wagners zurück und zeigt dem Publikum eine Werktreue, die man bei Wagner in den letzten Jahren nicht allzu oft erleben konnte.

Daniel Rilling

Bild: Hans Jörg Michel

Das Bild zeigt: Thomas Jesatko (Hans Sachs), Joachim Goltz (Sixtus Beckmesser), Thomas Berau (Fritz Kothner), Ensemble

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