L’Orfeo – Plauen, Theater

von Claudio Monteverdi (1567-1643), Favola in musica in fünf Akten, Libretto: Alessandro Striggio, UA: 24. Februar.1607 Mantua, Herzoglicher Palast

Arrangement und Neukomposition: Katharina S. Müller, UA des Finales: 31. Januar 2018, Plauen

Regie: Jürgen Pöckel, Bühne/Kostüme: Oliver Opara, Dramaturgie/Übertitel: Vera Gertz und Ulrike Berger, Programmierung Klangelektronik: GMD Leo Siberski

Dirigent: Mark Johnston, Orchester: Philharmonisches Orchester Plauen-Zwickau

Solisten: Marija Mitić (La musica), André Gass (Orfeo), Nataliia Ulasevych (Euridice/Eco), Christina-Maria Heuel (Messaggera/Proserpina), Manja Ilgen (Speranza/Ninfe/Bacchante), Frank Blees (Caronte), Frederik Tucker (Plutone), Constantin Philippoff (Apollo), Annemieke Lepetit (Ninfe/Bacchante), Dong-Bum Kim (Pastore/Spirito), Frank Bless (Pastore), Michael Simmen (Pastore/Spirito), Holger Rieck (Pastore), Theresa Schultz/Valentin Popov (ein junges Paar)

Besuchte Aufführung: 17. November 2018 (Premiere)

Kurzinhalt

La Musica – die Musik – berichtet zu Beginn von ihrer Fähigkeit, sowohl die Natur als auch Menschen verzaubern zu können. Sie erklärt außerdem, nun die Geschichte von Orfeo erzählen zu wollen. Im Anschluß an ihren Prolog sind Orfeo und Euridice zu sehen, die gemeinsam mit Hirten und Nymphen ausgelassen ihre Hochzeit feiern. Nachdem Euridice abgetreten ist, berichtet Orfeo ausgiebig, daß er traurige Tage hinter sich und unter Liebeskummer gelitten hat. Nun ist er durch die Heirat mit seiner geliebten Euridice überglücklich.

Plötzlich kommt eine Botin herein und teilt mit, daß Euridice durch den Biß einer giftigen Schlage gestorben sei. Die anwesenden Hirten und Nymphen beklagen Euridices Tod und leiden mit Orfeo. Orfeo entscheidet, in die Unterwelt zu ziehen und sie zurückzuholen. Falls das Unterfangen mißlingen sollte, will er mit ihr gemeinsam in der Unterwelt bleiben.

Begleitet von Speranza – der Hoffnung – erreicht Orfeo den Eingang zur Unterwelt. Allerdings weigert sich der Fährmann Caronte zunächst, Orfeo über den Styx zu bringen bis Orfeos Gesang ihn schließlich einschlafen läßt. Orfeo setzt daraufhin selbst über den Fluß.

Am anderen Ufer klagt Orfeo Proserpina sein Leid. Proserpina bittet Pluto, Orfeo zu erhören. Pluto willigt ein, als sie ihn an seine eigene Liebe zu ihr erinnert. Allerdings stellt er eine Bedingung an Euridices Rückkehr zur Erde: Orfeo darf sich auf seinem Weg nach oben nicht nach ihr umsehen. Orfeo jedoch kann der Versuchung nicht widerstehen und dreht sich nach ihr um. Euridice verschwindet daraufhin erneut.

Orfeo kehrt zurück in die Oberwelt. Er beklagt seinen Schmerz und beteuert, nie mehr lieben zu wollen. Bacchantinnen kommen und besingen ihren Gott Bacchus und den Rausch. Orfeo träumt von seinem Vater Apoll, der ihn in den Olymp bringt.

Vorbemerkung

L`Orfeo gilt als eine der ersten Opern im engeren Sinne. Die Partitur dazu liegt in einem berühmten, farbig instrumentierten Musikdruck des 17. Jahrhunderts vor. Sie wurde 1609 in Venedig bei Ricciardo Amadino gedruckt und ist auch heute noch käuflich zu erhalten. Diese originale Version, zu der man im modernen Orchester nicht mehr übliche Instrumente wie z.B. den Zink oder die Theorbe benötigt, läßt sich nicht einfach mit einem Bühnenorchester realisieren. Aus dem Grunde hat das Theater Plauen-Zwickau (so die offizielle Bezeichnung des Theaters) Katharina S. Müller gebeten, eine Partitur neu zu schreiben und dazu ein aus heutiger Sicht fehlendes Finale für die Oper zu komponieren. Dieses wurde bereits am 31. Januar 2018 in Plauen uraufgeführt. Nun also folgte die Fassung der kompletten neuen Partitur: Katharina S. Müller verwendet in ihrer Version heutige Instrumente; sie läßt so E-Gitarre und Synthesizer in modernen Harmonien gleichberechtigt neben Harfe und Fagott erklingen, alles natürlich nicht historische Instrumente der Monteverdi-Zeit.

Aufführung

Die Premiere findet auf der kleinen Bühne im Malsaal statt, der nur mit sechs Stuhlreihen befüllt werden kann und ungefähr 150 Menschen Raum bietet. Das Orchester ist direkt zwischen Bühne und Publikum und somit für die erste Reihe zum Greifen nahe. Durch die räumliche Enge entsteht eine kammermusikalische Atmosphäre, die wohl auch den Bedingungen der Uraufführung im Jahr 1607 entspricht.

Das Bühnenbild besteht aus fünf Ebenen, die je einen der insgesamt fünf Akte symbolisieren. An der Hinterwand sind zwei papierne Gebilde, die wie zwei Felsen wirken und sich öffnen und schließen können. Einzelne Barockinstrumentalistinnen spielen in Kostümen auf der Bühne selbst als Teil des Geschehens mit.

Die Kostüme sind fantasie- und detailreich und lassen die verschiedenen Personengruppen erkennen: Orfeo und Euridice etwa sind traditionell gekleidet, Nymphen und Hirten hingegen haben farbenfrohe Kostüme aus glänzenden Stoffen. La musica – vermutlich als zeitenübergreifende Figur – trägt auch ein zeitenübergreifendes Kostüm: hohe Plateaustiefel kontrastieren beispielsweise zu einem Reif ohne Rock.

Sänger und Orchester

Marija Mitić eröffnet als La musica den Abend. Trotz ihrer angekündigten Erkältung klingt ihr üppiger So-pran wunderschön ausgeglichen, tragfähig und vor allem natürlich echt. Es fällt nicht schwer, ihr die Aussagen des Textes zu glauben. André Gass als Orfeo kann zu Beginn der Oper nicht überzeugen, seine Freude über die Hochzeit mit Euridice wirkt aufgesetzt. In den Momenten seines Entsetzens hätte er außerdem etwas innere Überzeugungskraft entfalten können. Er fängt sich jedoch erfreulicherweise im Verlauf des Abends und kann dann insbesondere durch seine Klagegesänge mit klarer und wohlklingender Höhe und gut verständlichem Italienisch überzeugen.

Nataliia Ulasevych tritt in der Rolle der Euridice nur wenige Male auf. Eine anteilnehmend liebende Spannung zwischen Orfeo und Euridice entwickelt sich nicht. Christina-Maria HeuelMessaggera und Proserpina – setzt auf Dramatik. Ihre Sopranstimme klingt wohlgerundet und klar in allen Lagen, allerdings wäre etwas Innerlichkeit auch für ihre Partie wünschenswert gewesen. Die übrigen Partien sind teilweise mit Solisten aus dem Opernchor besetzt, die sich allesamt hören lassen können.

Das Orchester unter der Leitung von Mark Johnston spielt engagiert und läßt sich weder von den eingeschobenen modernen Klängen, noch von der ungewohnten Nähe zum Zuschauerraum irritieren. Der Orchesterleiter zeigt sich voll Schwung und dynamisch; es gelingt ihm ohne Schwierigkeiten, die barocke und die moderne Klangwelt zu verbinden.

Fazit

L’Orfeo hat vor einem ausverkauften Malsaal eine durch das Publikum wohlwollend aufgenommene Premiere. Zwar eröffnet der Abend keine neuen Erfahrungswelten, doch die Geschichte um den traurigen Orfeo ist schlüssig erzählt. Insbesondere gelingt Katharina S. Müller die Vereinigung von Monteverdis Partitur und den modernen Klangwelten unserer Zeit ausgesprochen gut.

Dr. Raika Simone Maier

Bild: Peter Awtukowitsch

Das Bild zeigt: Michael Simmen (Pastore/Spirito), Annemieke Lepetit (Ninfe/Bacchante), Nataliia Ulasevych (Euridice/Eco), Dong-Bum Kim (Pastore/Spirito), Opernchor

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