Ariadne auf Naxos – Dresden, Semperoper

von Richard Strauss (1864-1949), (1916), Libretto. Hugo von Hofmannsthal, UA: 25. Oktober 1912 Stuttgart, Hoftheater (Oper in einem Aufzuge (1912), 4. Oktober 1916 Wien, Hofoper (mit Ergänzung eines Vorspiels)

Regie: David Hermann, Bühne: Paul Zoller/Kostüme: Michaela Barth

Dirigent: Christian Thielemann, Sächsische Staatskapelle

Solisten: Alexander Pereira (Haushofmeister), Albert Dohmen (Musiklehrer), Daniela Sindram (Komponist), Stephen Gould (Tenor/Bacchus), Daniela Fally (Zerbinetta), Krassimira Stoyanova (Primadonna/Ariadne), Rafael Fingerlos (Harlekin), Carlos Osuna (Scaramuccio), Torben Jürgens (Truffaldino), Joseph Dennis (Brighella), Evelin Novak (Najade), Simone Schröder (Dryade), Tuuli Takala (Echo), Beomjin Kim (Offizier), Aaron Pegram (Tanzmeister), Jiri Rajnis (Perückenmacher), Bernhard Hansky (Lakai)

Besuchte Aufführung: 2. Dezember 2018 (Premiere)

Kurzinhalt

Im Vorspiel erfährt das Publikum, daß anläßlich eines rauschenden Festes eines reichen Wieners die neue Opera seria Ariadne auf Naxos eines talentierten, jungen Komponisten uraufgeführt werden soll. Als anschließende Gemütserfrischung wünscht der Gastgeber eine komische Tanzeinlage mit Gesang durch eine Commedia-dell’arte-Truppe. Unerwartet wird die festgelegte Programmfolge umgestoßen, und der reiche Herr verlangt die Zusammenlegung von ernster Oper und Komödie. Der Komponist fühlt sich in seiner künstlerischen Freiheit beschnitten, aber Zerbinetta, Star der Komödianten, kann ihn beschwichtigen.

Die anschließende Oper in einem Akt erzählt die Geschichte der Ariadne, welche von ihrem Verlobten Theseus auf Naxos zurückgelassen wird. In unendlicher Trauer über ihr Schicksal ersehnt sie sich den Tod. Zerbinetta und ihre Truppe versuchen erfolglos, durch Tanz und Gesang Ariadne zu trösten und abzulenken. Als unerwartet der Gott Bacchus, gerade den Fängen der Zauberin Circe entkommen, auf der Insel ankommt, hält Ariadne ihn zunächst für den Todesboten und folgt ihm auf sein Schiff.

Aufführung

Die Handlung vor der Handlung findet vor dem Mittelbalkon im Rangfoyer statt: Hier sitzen der reiche Herr und seine Gesellschaft zu Tisch. Am Ende der Oper haben sie einen kurzen Auftritt für ein Selfie. Der Ort der Handlung für das Vorspiel ist ein karger Flur, von dem drei Türen nach hinten führen. Je nach Handlung holt der Haushofmeister eine Feuerwerksrakete heraus, sieht man einen Duschraum (aus dem der Tenor im Bademantel kommt), einen Lagerraum (in dem der Komponist friert), einen Garten (für die Zerbinetta) oder einen dunklen Raum (aus dem die Sopranistin in Schwarz kommt).

Die Oper selbst ist als Theater auf dem Theater dialektisch – also getrennt nebeneinander – aufgebaut. Links befindet sich eine Wald-Park-Landschaft als gemalte Rokoko-Kulisse, die mit einer Blumenschaukel nach dem Barockmaler Fragonard ergänzt und optisch die Schaustellertruppe des Bajazzo in eine Rosenkavalier-Welt überträgt. Rechts sieht man die in mystische Dunkelheit einer griechischen Tragödie verhüllte Welt der Elektra. Die Nymphen reinigen als Mägde die Stufen einer Rampe, Ariadne im Büßerkleid kommt mit der Axt aus ihrer Höhle. Bacchus sieht aus wie der unter die Hufe gekommene Orest, seine Perücke hat er dem Perückenmacher hinterher geworfen.

Sänger und Orchester

Christian Thielemann gilt als der derzeit beste Leiter der Werke der deutschen Romantik. Beispielhaft ist auch seine Interpretation: mit stets blühendem Streicherklang, lächelnder Schmeichelei der Holzblasinstrumente, der dunkel strömenden Schwermut im Blech, verschlingen sich all die Stimmen dieser schlank gesetzten Partitur miteinander – und bleiben doch stets eigenständig hörbar. Sie erzählen uns von menschlichen Erlebnissen und Träumen: die Geschichte der Ariadne in einer Umsetzung als Werk der Romantik.

Richard Strauss hat die Ansprüche hinsichtlich der Hauptrollen sehr hoch gesetzt. Das hört man deutlich an Zerbinettas Rondo-Arie Großmächtige Prinzessin und Kommt ein neuer Gott gegangen. Daniela Fally ist ein sehr beweglicher Koloratursopran, der spielerisch in höchste Höhen vordringt und dann einen noch höheren Ton aufsetzen kann. Ansonsten weiß sie mit einem klaren Klang zu begeistern. Ebenso überzeugend Krassimira Stoyanova als Ariadne. Ihr Sopran klingt viel schwerer, die Koloraturen schwermütiger, ihre Klangfülle souveräner. Über viel Schönklang wiederum verfügt Daniela Sindram. Ihr harter klarer und sehr gelenkiger Sopran erbringt ihr viel Aufmerksamkeit als Komponist.

Als ihr Musiklehrer erfüllt Albert Dohmen unauffällig alle Erwartungen, hingegen Stephen Gould als Bacchus mit seinen Circe-Rufen alle von den Sitzen reißt. Mit viel Strahlglanz, Stehvermögen und sauberer Gesangstechnik ist er ein echter Heldentenor. Unter den Nebenrollen ist vor allem Rafael Fingerlos als Harlekin zu nennen, der das Ziel seines Sehnens und Bangens – Zerbinetta – ausdrucksstark umgarnt.

Fazit

Der Abend verging wie im Flug – zeitloses Auskosten des bestens austarierten Instrumentenglanzes verbindet sich mit der intonierenden Brillanz einer Elite von namhaften Solisten, die von dem Chefdirigenten der Staatskapelle zu einer Sternstunde der romantischen Oper zusammengeführt werden. Hinzu kommen ein Bühnenbild, das als opulenter Augenschmaus bezeichnet werden kann, und eine Personenführung, die sowohl werktreu als auch zeitgemäß ist – auch weil unverständliche Regieeinfälle unterbleiben! Am Ende stürmischer Applaus für alle Beteiligten.

Oliver Hohlbach

Bild: Ludwig Olah

Das Bild zeigt: Daniela Fally (Zerbinetta), Rafael Fingerlos (Harlekin), Carlos Osuna (Scaramuccio), Torben Jürgens (Truffaldin)

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