Antonín Dvořák (1841-1904), Lyrisches Märchen in drei Akten, Text: Jaroslav Kvapil, UA: 31. März 1901 Prag, Nationaltheater
Regie: Nadja Loschky, Bühne: Ulrich Leitner, Kostüme: Irina Spreckelmeyer
Dirigent: Christoph Gedschold und das Gürzenich-Orchester Köln
Solisten: Mirko Roschkowski (Der Prinz), Adriana Bastidas-Gamboa (Die Fremde Fürstin), Olesya Golovneva (Rusalka), Samuel Youn (Der Wassermann), Jezibaba, die Hexe (Dalia Schaechter), Insik Choi (Der Heger), Vero Müller (Der Küchenjunge)Besuchte Aufführung: 10.03.2019 (Premiere)
Die Nixe Rusalka ist in einen Prinzen aus der Menschenwelt verliebt. Die Hexe Jezibaba hilft ihr, zu einem Menschen zu werden. Als stummes Mädchen kommt Rusalka in die Menschenwelt und muß es schaffen, die Liebe des Prinzen zu gewinnen – andernfalls wäre sie ewig verflucht. Der Prinz verliebt sich zwar in Rusalka und nimmt sie mit auf sein Schloß, doch eine fremde Fürstin schafft es, ihn ihr auszuspannen. Daraufhin verflucht der Wassermann, Vater der Nixen, den Prinzen zum Tod durch Rusalkas Umarmung. Als der Prinz Rusalka zurückgewinnen will, ist es zu spät: sie kann weder in die Menschen-, noch in die Wasserwelt zurück. Rusalkas Kuß tötet ihn; sie selbst bleibt für immer in der Zwischenwelt gefangen.
Aufführung
Der Boden der Bühne besteht aus gekippten Holzpaneelen, so daß die Darsteller auf einem schrägen Untergrund agieren, die hintere Wand ist nach oben gebogen. Insgesamt erinnert die Konstruktion an das Innere eines umgekippten Schiffbauchs. Dabei dient ein Bett – in jedem Akt mit unterschiedlichen Requisiten ausgestattet – als Mittelpunkt der Handlung.
Erster Akt: Fischernetze bedecken das Bett und symbolisieren Rusalkas Geburtsort, das Wasserreich. Zweiter Akt: das Bett ist als Ehebett prunkvoll geschmückt und stellt die Menschenwelt dar. Dritter Akt: nur noch ein Bettgestell ohne Matratze steht auf der Bühne und versinnbildlicht die Zwischenwelt. Die Kostüme sind zeitlos und dienen allein der Unterstreichung der Charaktere: beispielsweise erinnert Rusalka mit seitlich geflochtenen Zöpfen an ein unschuldiges Schulmädchen, der Wassermann dagegen, mit einem Umhang und einem Kreuz um den Hals, an einen Priester.
Sänger und Orchester
Das behutsame Dirigat von Christoph Gedschold in den ersten Takten der Ouvertüre stimmt sehr gut auf die tragische und anrührende Oper ein. Unter seiner Leitung ist keine Instrumentengruppe zu dominant, besonders die Crescendi und Decrescendi werden von ihm sehr fließend dirigiert, so daß alle leitmotivischen Melodien sich voll entfalten können. Unter den Männerstimmen ist Samuel Youn (Der Wassermann) der größte Höhepunkt des Abends: sein voluminös erschallender Baßbariton hat einen unglaublich hohen Ambitus; sowohl in den tiefen als auch in den hohen Tönen klingt er satt und raumfüllend und hat dabei ein angenehm sonores Timbre der Stimme. In der Warnung an seine Tochter Rusalka im ersten Akt läßt er seine Stimme in der Höhe mit viel Wucht schmettern und sanft im Glissando abwärts gleiten, daß es ein Genuß ist ihm zuzuhören.
Damit kann Mirko Roschkowskis (Der Prinz) sehr eindimensionaler Tenor leider nicht mithalten. Trotzdem bringt er eine durchweg gute Leistung. Sein sehr hell gefärbter Tenor hat ein kehliges Timbre, das er sehr gut für die Darstellung des schwächlichen und unentschlossenen Prinzen einsetzen kann. Eine Überraschung ist Insik Choi (Der Heger), der seine Nebenrolle mit seinem rauchigen und klaren Bariton durch technische Raffinesse sehr gut ausfüllt: sei es das An- und Abschwellen der Stimme während er seine Partnerin durch den Raum jagt oder seine, wie gehaucht erklingenden Töne in der Tiefe, als er sie auf dem Bett entkleidet.
Die beste Leistung unter den Frauenstimmen bringt Olesya Golovneva (Rusalka), die sowohl mit ihrer seidig runden Sopranstimme, als auch mit ihrer Darstellung überzeugt. Ihr leidenschaftlicher Gesang steigert sich von Akt zu Akt. Höhepunkt ist die Darbietung im dritten Akt als sie versucht, den Prinzen vor seinem Tod zu bewahren. Die Spitzentöne singt sie hier mit sehr Sicherheit und einem akzentuierten Fortissimo, ohne dabei gepreßt zu klingen. Ebenfalls erwähnenswert sind Dalia Schaechter (Jezibaba) und Adriana Bastidas-Gamboa (Die Fremde Fürstin), die beide ihre Bösewicht-Rollen temperamentvoll und mit viel Ausdruck in der Stimme singen.
Fazit
Das Bühnenbild ist vortrefflich gewählt, um die Heimatlosigkeit von Rusalka zu versinnbildlichen. Von Anfang an fühlt man sich in die schaurig-traurige Atmosphäre hineingezogen und kann sich mit Olesya Golovneva (Rusalka) identifizieren. Gepaart mit der hervorragenden Leistung des Orchesters und der Sänger bleiben wirklich keine Wünsche offen für einen gelungenen Opernabend. Auch für das Publikum sind Olesya Golovneva und Samuel Youn die besten Sänger des Abends – beide ernten den längsten Applaus und Bravorufe.
Melanie Joannidis
Bild von: Paul Leclaire
Das Bild zeigt: Olesya Golovneva (Rusalka)