Sunset Boulevard – Görlitz, Gerhart-Hauptmann-Theater

von Andrew Lloyd Webber, Musical, Libretto: Don Black & Christopher Hampton, Dt. Fassung v. Michael Kunze, UA: 12. Juli 1993 London, Adolphi Theatre

Regie: Ansgar Weigner, Ausstattung: Robert Schrag, Choreographie: Dan Pelleg, Marko E. Weigert,

Dirigent: Ulrich Kern, Neue Lausitzer Philharmonie, Opernchor, Tanzcompany

Solisten: Yvonne Reich (Norma Desmond), Daniel Eckert (Joe Gillis), Anna Gössi (Betty Schaefer), Stefan Bley (Max von Mayerling), Hans-Peter Struppe (Cecil B. DeMille), Bartosz Borula (Artie Green), Michael Berner (Sheldrake et al.), Patricia Bänsch (Mary), Thembi Nkosi (Myron et al.), Ji-Su Park (Morino et al.) u.v.a.

Besuchte Aufführung: 30. März 2019 (Premiere)

Kurzinhalt

Der ermordete Drehbuchautor Joe Gillis erzählt in einer Rückblende, wie es zu seinem Tod kam: in den Paramount Studios ist der von Schuldeneintreibern verfolgte Joe auf Arbeitssuche, doch er wird zurückgewiesen. Von den Eintreibern verfolgt, gelangt Joe schließlich mit seinem Auto zur Villa von Nora Desmond, einer ehemaligen Filmlegende. Joe bleibt bei ihr und bei Max, der einst ihr Mann war, wie sich später herausstellen wird.

Joe soll Norma helfen, ein Drehbuch von ihr umzuschreiben. Unterdessen zieht es Joe, der von Norma ausgehalten wird, aber immer wieder zu Betty, mit der er an einem eigenen Drehbuch arbeitet und zu der er sich immer mehr hingezogen fühlt. Als Norma dahinterkommt, zwingt sie Joe, Betty zu verlassen. Darauf will Joe aus der Villa ziehen, aber die ehemalige Filmdiva will ihn nicht gehen lassen und erschießt Joe.

Aufführung

Bei der Inszenierung kommt die Drehbühne zum Einsatz, so daß die Settings schnell wechseln können. Das Flair Hollywoods um 1950 spiegelt sich in Bühnenbild und Kostümen wieder, die auch das Spannungsfeld der bunt-schillernden Filmwelt und der morbiden Villa der alternden Filmdiva mit Treppenaufgang und Orgel wiedergeben. Hinzu treten kurze filmische Einblendungen.

Sänger und Orchester

Dreh- und Angelpunkt des Musicals, und dies vom ersten Augenblick an, ist die Figur des Joe Gillis. Diesen Part erfüllt Daniel Eckert scheinbar völlig mühelos mit exzellenter gesanglicher und schauspielerischer Leistung. Durch sein famoses Spiel erhält die Figur den nötigen Vorwärtsdrang und superb changiert er zwischen aalglatter Berechnung und innerer Zerrissenheit. Gesanglich zeichnet sich Eckert hier nahezu als Idealbesetzung aus, wobei er auch die ausgehaltenen höheren Töne seiner Einsätze in hellem Licht erstrahlen läßt. Hinreißend überzeugend gerät so auch das Liebesduett zwischen Joe und Betty.

Anna Gössi verleiht Betty mit ihrem ausdrucksstarken Sopran, der selbst die schillernd aufblitzenden Höhen sauber nimmt, eine frische Jugendlichkeit, die den Zuhörer ab dem ersten Auftritt sofort für sich einnimmt. Yvonne Reich glänzt als Filmdiva gesanglich sowohl in der Arie Aufzugeben, als auch in dem Hauptlied Nur ein Blick. Letzteres wird von ihr mit solcher Eindringlichkeit im Duktus und in der Zeichnung warmen Timbres vorgetragen, daß es einen nur schwer auf dem Sitz hält, um nicht nach einer Zugabe zu rufen.

Auch Stefan Bley könnte für die Rolle des Max kaum besser besetzt sein. Wunderbar eindringlich sein Spiel als Normas hilfreicher und hilfloser Beschützer. Große gesangliche Momente zeigt sein breit aufgestellter, mit erdigen Farbnuancen changierender Baß in der Arie Kein Star wird jemals größer sein. Die weiteren Darsteller bestechen gleichfalls mit soliden Gesangsleistungen, die zum äußerst gelungenen Gesamteindruck beitragen. Dazu trägt auch die Neue Lausitzer Philharmonie unter Ulrich Kern bei. Dem Klangkörper gelingt es, die mystisch-morbide Atmosphäre ebenso einzufangen, wie auch den schillernd grellen Ton der Filmstudios- und Partyszenen.

Fazit

Die Inszenierung besticht durch ihre opulente, filmreife Ausstattung mit zahlreichen Verwandlungszenen, die das Flair der Handlungszeit bestens einfangen. Die Sänger bilden zudem eine gesanglich und schauspielerisch mitreißende Einheit, die vom ersten Moment bis zum letzten Ton zu begeistern weiß. Der Lohn für den äußerst gelungenen Abend waren nicht ein enden wollender Applaus und zahlreiche Bravorufe.

Dr. Andreas Gerth

Bild: Marlies Kross

Das Bild zeigt: Yvonne Reich (Norma Desmond), Daniel Eckert (Joe Gillis) u. Stefan Bley (Max von Mayerling)

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