Schattenspiele
von Hans Gefors (*1952), Kammeroper in einem Prolog und einer Haupthandlung, Libretto: Maria Sundqvist nach H.C.Andersens Märchen Der Schatten, deutsche Übersetzung von Jenny Svensson, UA: 2005, Malmö.
Solisten: Karsten Jesgarz (Der Gelehrte), Stefanie Rhaue (Die Poesie), James Tolksdorf (Der Schatten), Inga Lisa Lehr (Die Prinzessin), Rainer Mesecke (Der Erzähler) u.a.
Der Leuchtturm
von Peter Maxwell Davies (1934-2016), Kammeroper in einem Prolog und einem Akt, Libretto: Peter Maxwell Davies, deutsche Übersetzung: Günther Bauer-Schenk, UA: 2. September 1980, Edinburgh, Gymnasium Murray House, Edinburgh
Regie: Uwe Drechsel, Bühne/Kostüme: Annette Mahlendorf, Choreographie: Ewelina Kukushkina
Dirigent: Daniel Spaw, Hofer Symphoniker.
Solisten: Minseok Kim (Offizier I/Sandy), James Tolksdorf (Offizier II/Blazes), Rainer Mesecke (Offizier III/Arthur/Stimme der Karten).
Besuchte Aufführung: 16. März 2019 (Premiere)
Schattenspiele
Im Prolog reist der Gelehrte nach Italien, dort folgt ein Schatten der Poesie, schattenlos muß er nach Dänemark zurückkehren. In der Haupthandlung kehrt der menschgewordene Schatten zu dem Gelehrten zurück. Auf dem Empfang der heiratswilligen Prinzessin gewinnt der galante Schatten die Aufmerksamkeit der Prinzessin. Es kommt zum Streit zwischen Schatten und dem Gelehrten.
Aufführung
Das Bühnenbild ist ganz einfach: zwei weiße unterschiedlich hohe Podeste links und rechts. Hinten auf einer Rampe ein großer dunkler Bilderrahmen. Der Gelehrte in weißer barocker Knopfuniform steht auf dem linken Podest inmitten von Büchern und beobachtet wie sein Schatten in schwarzer Uniform mit der Poesie in Gestalt einer griechischen Göttin diskutiert. Auf dem rechten Podest macht der Schatten der Prinzessin im grünen Kleid, hochgesteckter Frisur und wackligem goldenen Krönchen den Hof.
Der Leuchtturm
Kurzinhalt
Vorlage der Handlung ist eine wahre Geschichte aus dem Jahr 1900. Auf den Flannan Isles verschwanden auf mysteriöse Weise drei Leuchtturmwärter. Die Besatzung des Versorgungsschiffs Hesperus fand am 26. Dezember 1900 zwar die Leuchtanlage in einwandfreiem Zustand, jedoch keine Spur der Wärter. Deren Schicksal konnte nie geklärt werden. Im Prolog werden vor einem Seegericht (die Fragen des Richters werden von einem Horn „gestellt“) die drei Offiziere des Versorgungsschiffs befragt. Deren Aussagen widersprechen sich und berichten von plötzlichen Strömungen, unbekannten Lichtern und drei schwarzen Fabelwesen. Das Urteil lautet Freispruch aus Mangel an Beweisen.
Ohne neue Wärter muß der Leuchtturm jetzt automatisch gesteuert werden. Im Akt wird das mutmaßliche Geschehen im Leuchtturm geschildert. Die Stimmung zwischen den drei Leuchtturmwärtern ist gereizt: Der Glaubenseiferer Arthur streitet mit dem ungehobelten Blazes, der sensible Sandy versucht den Streit zu schlichten. Jeder trägt ein Lied vor, jeder beleuchtet darin seine Vergangenheit. Nebel, Sturm, die Angst vor den Geistern der Vergangenheit und vor den leuchtenden Augen eines Ungeheuers treiben die Wärter aus dem Turm. Die drei Offiziere erscheinen suchend.
Aufführung Der Leuchtturm
Die drei Offiziere im schwarzen Marinemantel und weißer Schirmmütze stehen vor einer Holzwand und lehnen an einem Geländer, der imaginäre Richtertisch steht im Publikum und die Angeklagten wenden sich somit ans Publikum. Nach dem Urteilsspruch öffnet sich die Holzwand und man sieht eine Plattform, von der eine Wendeltreppe zu dem Leuchtkörper an der Spitze des Leuchtturms führt, dahinter sieht man meterhohe Wellen aufragen. Die drei Leuchtturmwärter tragen einfache Seemannskleidung, gestreifte Hemden, Knobelbecher und Wollmützen. Am Schluß blendet das Licht des Leuchtturms das Publikum.
Sänger und Orchester
Die Kompositionen sind hauptsächlich in der Kammermusik verwurzelt. Daniel Spaw setzt dies mit den Hofer Symphonikern gekonnt um und kann mit Hilfe der Gestaltungskraft der erfahrenen Solisten Spannungen erzeugen und musikalische Kumulationspunkte setzen. Herzstück des Leuchtturms und musikalischer Höhepunkt des Abends sind die drei Lieder der Leuchtturmwärter. Begleitet von einer Fidel, einem Banjo und Kastagnetten berichtet Blazes (James Tolksdorf) in einem Folksong von seiner Jugend in einer Straßenbande. Im Alter von elf Jahren ermordete Blazes eine alte Frau, um sie auszurauben. Die Polizei hielt seinen Vater für den Täter und verurteilte ihn zum Tode. Das elegisch romantische Liebeslied von Sandy (Minseok Kim), das von einem Violoncello und einem leicht verstimmten Klavier begleitet wird, handelt von seiner Liebeslust mit einem jungen Mädchen – eine Vergewaltigung? Arthur (Rainer Mesecke) trägt als Alternative eine von Klarinette, Blechbläsern und Tamburin begleitete religiöse Hymne über den Zug der Israeliten durch die Wüste, den Tanz ums Goldene Kalb und das Jüngste Gericht vor.
Fazit
Das Theater Hof hat zwei interessante Kurzopern kombiniert zu einem Opernabend von knapp drei Stunden Spieldauer. Uwe Drechsel, der altgediente Intendant des Hauses, gelingt es wieder eine nicht ganz geradlinig gestrickte Handlung einfach und verständlich umzusetzen und zu vermitteln. Besonders das Finale des Leuchtturms mit dem eigentlichen offenen Ende ergänzt er um den Fingerzeig, daß die Wärter im Wahn die drei Offiziere angegriffen haben und die Leichen von diesen beseitigt wurden. Musikalisch können die Solisten des Hauses ihre Stärken vorführen, ohne wirklich gefordert zu sein. Freundlicher Applaus des Publikums.
Oliver Hohlbach
Bild: H. Dietz Fotografie
Das Bild zeigt: James Tolksdorf (Der Schatten) und Karsten Jesgarz (Der Gelehrte)