Madama Butterfly – Hof, Theater

von Giacomo Puccini (1858-1924), Tragödie in zwei Akten, Libretto: Luigi Illica und Giuseppe Giacosa nach dem Schauspiel Madame Butterfly von David Belasco, UA: 17. Februar 1904 Mailand, Teatro alla Scala

Regie/Bühne/Kostüme: François de Carpentries, Karine Van Hercke

Drigient: Walter E. Gugerbauer, Hofer Symphoniker, Opernchor, Choreinstudierung: Roman David Rothenaicher)

Solisten: Hye Won Nam (Cio-Cio-San, genannt Butterfly), Stefanie Rhaue (Suzuki), Joel Montero (B.F. Pinkerton), Annett Tsoungui (Kate Pinkerton), Minseok Kim (Fürst Yamadori), James Tolksdorf (Konsul Sharpless), Markus Gruber (Goro), Daniel Milos (Onkel Bonzo, ein Priester), Tae Yil Yoon (Kaiserlicher Kommissar), u.a.

Besuchte Aufführung: 15. Juni 2019 (Premiere)

Kurzinhalt

Der amerikanische Marineoffizier Pinkerton möchte in Nagasaki die Geisha Cho-Cho-San, genannt Butterfly, heiraten. Die Hochzeit inklusive Familienfeier und Urkunden wird von dem Heiratsvermittler Goro arrangiert. Butterfly wird wegen der Heirat von ihrer Familie verstoßen. Doch nach Hochzeitsnacht der verläßt Pinkerton Butterfly. Nach drei Jahren schickt Pinkerton einen Brief, den Konsul Sharpless überbringt. Als Antwort zeigt Butterfly ihm das aus der Hochzeitsnacht hervorgegangene Kind. Im Brief wird die Ankunft Pinkertons und seiner amerikanischen Ehefrau Kate angekündigt. Nachdem Butterfly das Kind den beiden überlassen hat, ersticht sie sich aus enttäuschter Liebe – mit dem Dolch des Samurai, den einst ihr Vater zum Selbstmord verwendete.

Aufführung

Das Bühnenbild ist einfach, aber farbenfroh: Es soll auf einen zeitlosen „japanischen Handlungsort“ verweisen. Hinter einem Stufenpodest auf Bühnenbreite („Butterflys kleine einsame Insel“) steht eine Holzwand mit Schiebetüren, über der sich eine Plattform wölbt, die gegen die Holzwand mit einem Geländer abgegrenzt wird. Die Kostüme in Asiaoptik gehören einer zeitlosen Mode an. Pinkerton erscheint in einer wenig amerikanischen, blauen Marineuniform. Cio-Cio-San trägt zur Hochzeit einen spektakulären weißen Kimono, den sie auch angezogen hat, in dem sie am Ende Selbstmord verübt. Dazwischen sieht man sie einmal in einem weiß bedruckten Kleidchen. Dabei trägt sie als Halstuch die US-Flagge, die sonst am Bühnenrand am Flaggenmast weht. Ihr Kind ist bei der Übergabe an die Eltern in eine weiße Marineuniform gekleidet. Bei ihrem ersten Auftritt hat Kate einen Pelzmantel an was schnell deutlich macht, wie die Ehe enden wird. Auch die übrigen Darsteller können in farbenfrohen Kostümen aufwarten.

Sänger und Orchester

Die Besetzung dieser Oper steht und fällt mit der Hauptrolle der Butterfly, von der Darstellerin wird kindlich naive Freude und eine unendliche Leidensfähigkeit im ständigen Sehnen nach der Wiederkehr Pinkertons erwartet. Für Hye Won Nam ist das eigentlich kein Problem: Ihr lyrischer Sopran kennt keinerlei Probleme in den Höhen und Tiefen, technisch brilliert sie ständig und singt jede Phrase voll aus. Es wirkt sogar fast wie jungendlicher Sopran. Erkennen kann man das in ihrer Auftrittsarie ich bin ein Mädchen – lo sono la fanciulla.

Joel Montero liegt ebenso auf dieser Linie. Ein Tenor im italienischen Fach mit hohem Strahlglanz, der mit viel Pathos und Verve auch der negativen Seite des Pinkerton Ausdruck verleiht. Seine große Arie im dritten Akt Addio fiorito asil – Lebwohl, blumengeschmücktes Asyl kann man als ausdrucksstarke Glanznummer verbuchen. Spannend das Stimmduell zwischen Pinkerton und Konsul Sharpless: James Tolksdorf kann mit heftiger Durchschlagskraft und ausgefeilter Stimmführung die Kritik des Konsuls an der Handlung Pinkertons deutlich werden lassen. Mit seiner extrem hohen Reichweite vom Baß bis hin zu tenoralen Lagen wird sein Mitgefühl glaubhaft – besonders wenn er Butterfly auf das bittere Ende vorbereitet. Markus Gruber als serviler Goro bleibt hinsichtlich des Durchsetzungsvermögens etwas unauffällig, aber mit Eloquenz und lyrischem Klangbild macht er alles mehr als wett. Daniel Milos gelingt es, Onkel Bonzo den richtigen dramatischen Auftritt mit einer soliden Baßtiefe zu verschaffen – Butterflys Verfluchung und Ausschluß aus der Familie ist markerschütternd. Stefanie Rhaue ist die verzweifelte Dienerin Suzuki, die versucht Cio-Cio-Sans Schicksal aufzuhalten – auch wenn ihr dunkel timbrierter kräftigen Mezzo mit Tendenz zum Alt nicht ganz frei von Schärfe ist.

Walter E. Gugerbauer geht das Drama im Vorspiel eher verhalten pathetisch an. Die fesselnde Wirkung dieses Stückes entfaltet sich im Laufe der Zeit, die Präzision im Zusammenspiel der einzelnen Stimmgruppen, die Klangwelten Puccinis, seine musikalischen Spielereien werden mit einer großer filigraner Arbeit zelebriert. Die Hofer Symphoniker haben sich unter seiner Leitung am Theater Hof hörbar weiterentwickelt, auch für die großen Werke der Oper.

Fazit

Die szenische Produktion von François de Carpentries verortet die Handlung zeitlos und bezieht sich auf die Problematik „abgesprochener Ehen“. Folklore gibt es nicht wirklich, die farbenfrohen Kostüme sollen den Spielort weltweit erweitern. Auch gelingt es ihm, Persönlichkeiten zu charakterisieren. Butterfly ist bis zum Schluß liebenswert blauäugig, Pinkerton und seine „richtige“ Frau verhalten sich schäbig, der Konsul mitfühlend und versucht sogar, mit Suzuki die Katastrophe zu verhindern. Musikalisch sind die Hofer Symphoniker unter Walter E. Gugerbauer deutlich präziser, technisch brillanter geworden und auch hinsichtlich der Nuancierung haben sie sich weiterentwickelt. Die beiden Gäste in den Hauptrollen harmonieren prächtig und können auch gemeinsam sich zu Höhepunkten steigern. Das spiegelt sich auch der Schlußapplaus wieder: heftiger Beifall des Publikums, die beiden Hauptdarsteller bekommen Bravorufe.

Oliver Hohlbach

Bild: H. Dietz Fotografie, Hof

Das Bild zeigt: James Tolksdorf (Sharpless), Markus Gruber (Goro),Joel Montero (Pinkerton), Hye Won Nam (Madame Butterfly), Opernchor (v.l.n.r.)

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