von Richard Wagner (1813–1883) , Oper in drei Akten, Libretto: R. Wagner, UA: 21. Juni 1868 München, Nationaltheater
Regie: Barrie Kosky, Bühne: Rebecca Ringst
Dirigent: Philippe Jordan, Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele, Choreinstudierung: Eberhard Friedrich
Solisten: Michael Volle (Hans Sachs), Günther Groissböck (Veit Pogner), Martin Gantner (Sixtus Beckmesser), Klaus Florian Vogt (Walther von Stolzing), Daniel Schmutzhard (Fritz Kothner), Daniel Behle (David), Camilla Nylund (Eva), Wiebke Lehmhuhl (Magdalene), Wilhelm Schwinghammer (Nachtwächter), u.a.
Besuchte Aufführung: 24. August 2019
Der Ritter Walther von Stolzing liebt Pogners Tochter Eva. Sie soll demjenigen zur Frau gegeben werden, der den Meistersingerwettstreit gewinnt. Die Meistersingervereinigung lehnt die Aufnahme des Ritters zunächst wegen seines unkonventionellen, nicht regelkonformen Probeliedes ab. Allein der Schuster Hans Sachs tritt für ihn ein und erkennt sein Talent. Auch der Stadtschreiber Beckmesser interessiert sich für Pogners Tochter, doch am Ende ist es Walther von Stolzing, der den Wettstreit und damit Eva gewinnt.
Aufführung
Immer noch sehr beliebt sind Die Meistersinger von Nürnberg in der Regie von Barrie Kosky. Der erste Akt spielt als lustige Kaffeelöffel-Klimper-Gesellschaft in der Villa Wahnfried: Franz Liszt und Hermann Levi sind gekommen, Cosima hat laut Text Migräne und Wagner kommt mit seinen Neufundländern. Man beginnt die Meistersinger nachzuspielen: Cosima wird Eva, die Hausdienerin wird deren Amme Magdalene, Vater Liszt der alte, reiche Pogner. Aus dem Flügel steigen Wagnerdoppelgänger für Stolzing und David, Wager ist Sachs. Der Beckmesser wird Hermann Levi aufgenötigt, zunächst als Niete, der die Partitur nicht versteht, den man zu allem zwingen muß, später ist er nur noch eine häßliche Judenkarikatur, die gemobbt wird, auf die man einschlägt.
Der platte Klamauk endet, wenn die Villa Wahnfried verschwindet und der Schwurgerichtssaal der Nürnberger Prozesse einzieht. Beckmesser muß während seines Ständchens einen Judenkopf tragen, nach der zerklopften (mit dem Hammer auf den Leisten und auf Beckmessers Kopf) Prügelfuge bläst sich eine häßliche Fratze als Judenkarikatur auf. Im dritten Akt wird die Schusterstube und die Festwiese zu einem Aussagemarathon von Wagner-Sachs vor einem imaginären Gerichtshof, das Finale zu einem zeitlosen Statement der Unschuld seiner und der Musik allgemein. Auch in diesem Jahr wurde viel gestrafft, besonders im zweiten Akt kommen romantische Bilder auch mit Flieder im Blumentopf auf, die Prügelfuge ist nur noch blanke Brutalität. Szenisch und choreographisch befindet man sich im Ziel, schreibt Festspielgeschichte.
Sänger und Orchester
Musikalisch ist Philippe Jordan der Erfüllungsgehilfe der Regie. Er bleibt unauffällig und ohne Höhepunkte, aber es funktioniert im Ablauf ausgezeichnet, auch schwierige Szenen wie Prügelfuge und Einzug zur Festwiese kommen zusammen. Auch sängerisch gibt es viele Höhepunkte. Auf der Höhe der Zeit ist Michael Volle als weltbester Hans Sachs, der Beckmesser des Martin Gantner ist stets pointiert und wohlartikulierend. Klaus Florian Vogt ist als Walther immer noch der jugendliche Tenor vom Dienst, auch wenn es nicht mehr ganz so elegant vonstatten geht. Da singt Günther Groissböck den Veit Pogner als dominanten alten Mann im Hintergrund viel solider. Camilla Nylund entwächst der Eva, ihre Stimme wird zu schwer, da wirkt Wiebke Lehmhuhl als Magdalene viel jugendlicher und leichter.
Fazit
Barrie Kosky ist es erfolgreich gelungen, aus den Meistersingern eine ernstzunehmende (sic!) Komödie zu machen, auch wenn dem Zuschauer das Lachen doch manchmal einfriert. Mit herausragenden Sängern und einer Bewegungschoreographie, die den hohen Aufwand rechtfertigt, zählen diese Meistersinger zu den positiven Höhepunkten des Regietheaters und der Bayreuther Festspiele. Und sie sind unüberhörbar absolute Publikumslieblinge!
Oliver Hohlbach
Bild: Enrico Nawrath
Das Bild zeigt: Michael Volle (Hans Sachs)