Rigoletto – Pforzheim, Stadttheater

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in drei Akten, Libretto: Francesco Maria Piave in der Bearbeitung von Martin Chusid, UA: 11. März 1851 Venedig , Teatro la Fenice

Regie: Thomas Münstermann, Bühne: Jörg Brombacher, Kostüme: Ruth Groß, Video: David Tom Brombacher, Dramaturgie: Annika Hertwig

Dirigent: Florian Erdl, Chor: Alexandros Diamantis, Badische Philharmonie, Herrenchor, Extra-Herrenchor des Theaters Pforzheim

Solisten: Konstantinos Klironomos (Herzog von Mantua), Insu Hwang (Rigoletto), Elisandra Melián (Gilda), Aleskandar Stefanofski (Sparafucile),  Dorothee Böhnisch (Giovanna/Maddalena), Tomas Möwes (Graf von Monterone), Paul Jadach (Marullo), Philipp Werner (Borsa), Lukas Schmid-Wedekind (Graf von Ceprano), Stamatia Gerothanasi (Gräfin von Ceprano), Spencer Mason (Gerichtsdiener), Do-Yeon Kim (Page der Herzogin)

Besuchte Aufführung: 13. September 2019 (Premiere)

Kurzinhalt

Bei einem Festgelage beim Grafen von Mantua erscheint inmitten von Liebeleien und dem Spott des Hofnarren Rigoletto Graf von Monterone. Da der Graf von Mantua sich auch an dessen Tochter vergangen hat, verflucht dieser dessen Hofgesellschaft und überschüttet ihn mit Spott. Derweil kommt zum Amüsement der Höflinge heraus, daß der bucklige Rigoletto angeblich eine Geliebte habe. Sie erlauben sich den Spaß, das Mädchen zu rauben. Es handelt sich allerdings um Rigolettos Tochter Gilda. In seinem Palast stellt er zu seiner Überraschung fest, daß das entführte Mädchen die Tochter Rigolettos ist. Seine Freude ist groß. Rigoletto dagegen kann seinem Herrn die Schändung seiner Tochter nicht verzeihen und beauftragt einen Berufskiller, das Problem zu lösen.

Aufführung

Die Bühnenmitte wird von einer Holzkonstruktion dominiert, die einer archimedischen Schraube ähnelt. Nach der Ouvertüre öffnet der Vorhang und gibt den Blick auf ein pompöses Festgewimmel mit allerlei prachtvollen Kostümen frei. Die eindrucksvollste Kostümierung gehört zweifellos Rigoletto, der als buckliger alter Mann dargestellt wird.

Im Übergang zur zweiten Szene (Rigoletto – Sparafucile) erlebt man einen etwas längeren Umbau. Kreativ gelöst war u.a. die Entführung Gildas am Ende des Aktes: Rigoletto hält mit verbundenen Augen für Marullo die Leiter fest, während dieser rund fünf Mal immer wieder die Leiter besteigt und seine Helfershelfer die eigentliche Entführung vollziehen. Am Ende des dritten Aktes leert sich die Bühne. Der Gewitterchor ist nicht unsichtbar, der Chor liegt auf dem Boden verteilt, was den Anschein erweckt, die Toten selbst sängen aus ihren Gräbern heraus. Bei Gildas Tod nähert sich eine Gruppe engelhafter Frauen, die sie während ihres verklingenden Gesangs in den Bühnenhintergrund wegführen und Rigoletto allein und verlassen übrig bleibt.

Sänger und Orchester

Die erste Premiere der Spielzeit wird vom kommissarischen Generalmusikdirektor Florian Erdl geleitet. Man merkt an einigen Stellen, daß für die Zusammenarbeit noch ein wenig Zeit nötig ist und einige Feinabstimmungen noch nicht funktionieren. Im weiteren ist die Musik spannungsvoll gestaltet, auch ist es erfreulich, daß nicht – wie so oft – die Bühnenmusik aus den Lautsprechern kommt, sondern vom Orchester.

Ein wenig hölzern, aber nicht ohne Charme tritt Konstantinos Klironomos als Herzog auf. Sein Timbre ist in tiefen Lagen etwas rauh, die hohen Spitzentöne intoniert er teils mit großer Vorsicht. Dies gilt auch für seine berühmteste Nummer La donna è mobileDie Frau ist wankelmütig. Der musikalische Ausdruck bleibt so ein wenig hinter seiner Spielfreude zurück. Ein sonorer metallischer Rigoletto wurde mit Insu Hwang gefunden. Sein Timbre ist raumfüllend und ausdrucksstark. Dramatische Höhepunkte wie die Verwünschungs-Ausrufe (maledizione) oder die vermeintlichen Triumphe über den Herzog sind durchaus authentisch. An seiner Seite ist ein ebenso souveräner Aleksandar Stefanoski als Sparafucile. Auch hier erkennt man ein düsteres metallisches Timbre, das dem zwielichtigen Charakter alle Ehre macht. Irritierend hingegen sind die beiden Auftritte von Tomas Möwes als Monterone. Kaum einer seiner Töne ist wirklich gesungen, alles mündet in einen freien Sprechgesang. So gehen die Melodielinien Verdis und der für die Handlung sehr wichtige Spannungsbogen großenteils unter. Oder war dieses Deklamieren eine ursprüngliche Idee des Komponisten?

Auch Dorothee Bönisch als Giovanna ist stimmlich etwas schwach. Im Duett mit Stefanoski als Gesangspartner tritt sie stark in den Hintergrund, auch wird ihre Stimme oft vom Orchester überdeckt. Einer der Höhepunkte des Abends war zweifellos Elisandra Melián in der Partie der Gilda. Hier tritt eine klare und biegsame Sopranstimme, die das stimmliche Spektrum sehr gut abdeckt. Erwähnenswert ist natürlich die berühmte Arie Caro nome – Geliebter Name. Ähnlich wie bei Sparafucile und Rigoletto ist auch bei Melián die Deutlichkeit der Artikulation sehr erfreulich.

Zudem agiert ein transparent einstudierter Opernchor die Bühne, welchem zuzuhören ebenfalls Freude macht. Authentisch wirkt auch der Chor, als Gilda entführt wird. Die Sänger treten vermummt auf, was die Stimmen der Chormitglieder stark abdämpft. Allerdings entsteht so ein bislang selten erlebter Realismus.

Fazit

Die Inszenierung des hauseigenen Intendanten Münstermann konzentriert sich aufs Wesentliche und spiegelt die Handlungslinien durchdacht wieder. Vor allem das Ende zeugt von szenischem Feingefühl, wie es manch größerer Bühne fehlt. Die wichtigen Partien sind allesamt gut besetzt und werden mit stürmischem Applaus belohnt. Visuell bleiben vor allem die gut erarbeiteten Kostüme, vor allem der Titelfigur, im Gedächtnis. So sind am Ende die musikalischen Unausgewogenheiten schnell vergessen.

Dr. Daniel Rilling

Bild: Sabine Haymann

Das Bild zeigt: Insu Hwang (Rigoletto), Helena Steiner (Gräfin von Ceprano )

Veröffentlicht unter Opern, Pforzheim, Stadttheater