Effi Briest – Cottbus, Staatstheater

von Siegfried Matthus, Oper Libretto: Frank Matthus, nach dem Roman Effi Briest von Theodor Fontane, UA: 19. Oktober 2019 Cottbus

Regie: Jakob Peters-Messer, Bühne: Guido Petzold, Kostüme: Sven Bindseil

Musikalische Leitung: Alexander Merzyn, Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus, Opernchor des Staatstheaters Cottbus (Chorleitung: Christian Möbius).

Solisten: Liudmila Lokaichuk (Effi), Andreas Jäpel (Baron Innstetten), Martin Shalita (Major Crampas), Gesine Forberger (Luise), Ulrich Schneider (Vater Briest), Carola Fischer (Kindermädchen Roswitha), Bösel (Marietta Trippelli), u.a.

Besuchte Aufführung: 24. Oktober 2019

Kurzinhalt

Die siebzehnjährige Effi Briest wird mit dem doppelt so alten Baron von Innstetten verheiratet, der bereits um ihre Mutter geworben hatte. Effi ist eine lebenslustige, bisweilen übermütige junge Frau, Innstetten hingegen ein pflichtbewußter und aufstiegsorientierter preußischer Ministerialbeamter – und selten zu Hause. Der charmante, theaterbegeisterte Major Crampas bemerkt, daß Effi sich vernachlässigt fühlt, allein im Haus in Kessin, verängstigt wegen einer Gespenstergeschichte. Die beiden beginnen eine kurze Affäre, die endet als Innstetten Minister in Berlin wird. Als Innstetten Jahre später von diesem Verhältnis erfährt, tötet er Crampas im Duell und verstößt Effi – ihre Tochter Annie darf sie nicht mehr sehen. Auch ihre Eltern lassen sie im Stich. Sie siecht einsam in Berlin dahin, zum Sterben darf sie nach Hause zurückkehren.

Aufführung

Unter Jakob Peters-Messer wird ein ganz einfaches Bühnenbild umgesetzt. Eigentlich besteht es nur aus einem mannshohen Ring mit Zitaten aus dem Roman Effi Briest, der im Mittelpunkt der Bühne steht. Drumherum tauchen die notwendigen Requisiten auf wie Flügel, Nähschrank, Stühle oder Tische. Das Duell mit Crampas wird mit Pistolen ausgetragen – ohne Musikbegleitung, aber mit großem Knall.

Man erscheint in authentischer wilhelminischer Gesellschaftskleidung, d.h. schwarzer Anzug oder Kostüm mit weißem Hemd oder Bluse. Nur Effi Briest trägt nach dem hellen Sommerkleidchen der Jugend ein blaues Chiffonkleid. Für den Auftritt des Chores während der Italienreise kleiden sie sich als venezianische Gondoliera, für den Konzertabend bei Gießhübler dominiert der schwarze Zylinder.

Sänger und Orchester

Die Auftragskomposition und das Libretto orientiert sich an den Dialogen aus dem Roman von Theodor Fontane, der Zeitgeist des Romans und Fontanes Wortwahl steht im Mittelpunkt, die Oper und die Musik treten dahinter zurück. Siegfried Matthus läßt Fontane wirken. Somit bietet sich auch, an um über weite Strecken der Handlung einen Parlando-Stil zu pflegen. Einzig das Kinderlied der Roswitha (Carola Fischer) mit dynamisch frischer Stimme) für Annie, der Chanson der Marietta Trippelli (Bösel) mit anzüglicher Stimmführung) und die große dramatische Verzweiflungsarie der Effi Briest (Liudmila Lokaichuk) zeigen die großen gestalterischen Möglichkeiten.

Die Komposition von Siegfried Matthus ist durchdacht! Die Verzweiflungsarie ist ganz offensichtlich auf Liudmila Lokaichuk zugeschnitten, ihre Stimme ist im schweren russischen (Glinka), französischen (Meyerbeer) und italienischen Fach zu Hause. Sie empfiehlt sich auch für weitere Sopranpartien aus dem Gesamtwerk von Siegfried Matthus. Andreas Jäpel als Baron Innstetten ist der schwergewichtige preußische Beamte mit steifem Vatermörderkragen.

Alexander Merzyn gibt diesem Spätwerk des modernen Komponisten, für den der Begriff zeitgenössische Musik wegen ausgewogener Harmonik und romantischen Klängen unpassend scheint, die entsprechende Dynamik und die zurückhaltende Untermalung der Dialoge durch das elegant folgende Philharmonische Orchester. Die Feinabstimmung zwischen Orchester und Chor ist immer gegeben.

Fazit

Der Beitrag des Staatstheaters Cottbus zum Fontane-Jahr ist ein großer Erfolg für das Staatstheater Cottbus: Das Auftragswerk stellt Fontane in den Mittelpunkt und läßt szenisch und musikalisch die verklemmte und prüde Zeit Kaiser Wilhelms wieder auferstehen. Viel aufwendiger, aber detailverliebt sind die Kostüme.

Siegfried Matthus ist eine würdige Umsetzung des Werkes auf die Opernbühne gelungen. Sie benötigt, keinerlei Regieeinfälle. Die im Volksmund verbreiteten Zitate Das ist ein zu weites Feld durch Vater Briest und Wenn ich darf durch Annie werden genußvoll zelebriert. Vorhang zu und keine Fragen offen: Begeisterung des Publikums ohne jeden Abstrich, geradezu heftiger Applaus für die Solisten, Chor und Orchester.

Oliver Hohlbach

Bild: Marlies Kross

Das Bild zeigt: (im Vordergrund v.l.n.r.) Liudmila Lokaichuk (Effi), Andreas Jäpel(Innstetten), Christian Henneberg(Gießhübler)sowie Damen und Herren des Opernchores

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