von Giacomo Puccini (1858-1924), japanische Tragödie in drei Akten, Libretto: Giuseppe Giacosa und Luigi Illica, UA: 17. Februar 1904 Mailand, Teatro alla Scala
Regie: Adriana Altaras, Bühne/Kostüme: Yashi, Licht: Ralf Kabrhel, Dramaturgie: Ulrike Schumann
Dirigent: Elias Grandy, Chor: Michael Pichler, Chor und Orchester des Theaters Heidelberg
Solisten: Hye-Sung Na (Cio-Cio-San), Katarina Morfa (Suzuki), Ekaterina Streckert (Kate Pinkerton), Chaz‘men Williams-Ali (B. F. Pinkerton), James Homan (Sharpless), João Terleira (Goro), Young-O Na (Fürst Yamadori), Wilfried Staber (Onkel Bonzo), Woo Kyung Shin (Yakusidé), Xiangnan Yoo (Der kaiserliche Kommissar), Hans Voss (Der Standesbeamte), Elena Trobisch (Mutter Cio-Cio Sans), Irida Herri (Tante), Mi Rae Choi (Cousine), Jaehee Jeong, Karim Wisotzki, Malia Wisotzki (Kind)
Besuchte Aufführung: 9. November 2019 (Premiere)
Der amerikanische Marineleutnant Pinkerton beschließt, bei einem Aufenthalt in Nagasaki die fünfzehnjährige Cio-Cio San zu heiraten. Während das Mädchen wie auch die japanischen Traditionen für ihn eher eine Spielerei sind, nimmt Cio-Cio San die Situation sehr ernst und nimmt sogar Pinkertons Glauben an. Nach kurzer Zeit kehrt er in die USA zurück und läßt Cio-Cio San alleine zurück. In dieser Zeit bekommt sie einen Sohn von ihm. Nach einigen Jahren kehrt Pinkerton, der mittlerweile eine andere Frau geheiratet hat, zurück nach Nagasaki und will seinen Sohn zu sich nehmen. Cio-Cio San willigt schließlich ein und beschließt, sich das Leben zu nehmen.
Aufführung
Den Bühnenraum schmückt eine zentrale Holzkulisse mit Treppenaufgang auf einer Drehbühne, die wahlweise den Innenraum und Außenraum der Erzählung darstellt. Alles ist in modernem Stil sparsam ausgestattet. Man sieht eine amerikanische Fahne und ein rotes Sofa. Mit dem Auftritt Cio-Cio Sans senken sich von oben japanische Schirme auf die Bühne herab, die sich dann auch automatisch öffnen. Außerdem führt eine metallene Brücke für die Sänger über den Orchestergraben zum Zuschauerraum. Cio-Cio San und ihr Gefolge sind in prachtvolle, farbenfrohe japanische Gewänder gehüllt, die der Szene einen unvergleichlichen asiatischen Charme verleihen.
Cio-Cio San wechselt mit ihrer Verheiratung auch ihr Aussehen. Sie ist nun modern-westlich gekleidet, das gilt auch für ihren kleinen Sohn im zweiten Akt. Nun sind die japanischen Schirme verrottet und kaputt, auf der Bühne jedoch merkt man von diesem Umschwung erst einmal nichts. Die im Gebet versunkene Suzuki spiegelt ebenfalls das japanische Brauchtum auf innige Weise wieder. In der Zwischenaktmusik zum dritten Akt mit den mysteriösen Stimmen („Summchor“) leuchten auf der abgedunkelten Bühne Papierlaternen und erzeugen eine sinnige Stimmung. Gleichzeitig hört man bei geöffneten Saaltüren den Chor aus dem Foyer des Theaters singen. Im letzten Teil zeigt sich das Feingefühl der Regisseurin darin, daß Cio-Cio San die Bühne mit Blüten bestreut, um Pinkerton würdig zu empfangen.
Sänger und Orchester
Die musikalische Leitung hat Elias Grandy inne, der die farbenreiche Partitur sehr gründlich und detailliert erarbeitet hat. Allerdings wirkt alles etwas schwerfällig. Mit viel Pathos greift das Orchester bei den bekannten dramatischen Höhepunkten ein, jedoch geschieht alles stets mit einer gewissen inneren Distanz. Die dynamische Spannweite geht von klanglich überbordender Klangfülle bis hin zur intimen Piano-Stimmung im sogenannten „Summ-Chor“. Hye-Sung Na als Butterfly/Cio-Cio San liefert eine eindrucksvolle Partie u.a. mit Un bel dí vedremo – Eines Tages sehen wir uns im zweiten Akt mit großem Verständnis für ihre Partie.
Ein jugendlicher und frischer Tenor ist Chaz‘men Williams-Ali als Pinkerton. Zwar ist sein Timbre sehr halslastig und nicht immer raumfüllend, technisch liefert er jedoch ebenfalls eine überzeugende Leistung, so z.B. im Duett mit Butterfly Vogliatemi bene, un bene piccolino – Hab mich ein wenig gern. James Homan als Sharpless ist ein klar artikulierender Bariton, der mit durchdringendem Timbre seine Rolle ausfüllt. Auch Wilfried Staber als Onkel Bonzo liefert eine überzeugende Interpretation des grollenden Onkels. Katarina Morfa in der Partie der Suzuki ist ein warmer angenehmer Mezzosopran, der ebenfalls das japanische Flair dieser Rolle gut miteinbringt. Auch der Opernchor liefert in seinem Auftritt eine überzeugende Leistung.
Fazit
Eine solide Sängerbesetzung trifft auf eine gut ausgearbeitete Orchesterinterpretation. Leider wirkt alles etwas schwerfällig und hat nicht immer das Feuer, welches man von Puccini bei bestimmten Höhepunkten erwartet. Die Regisseurin Adriana Altaras ist ein Glücksgriff für diese Heidelberger Produktion. Fast möchte man meinen, daß der Charme der Inszenierung jenen der Musikalität in den Schatten stellt – in unseren Tagen eher eine Seltenheit!
Dr. Daniel Rilling
Bild: Susanne Reichardt
Das Bild zeigt: Malia Wisotzki (Kind, liegend li), Hye-Sung Na (Cio-Cio-San, in der Mitte), Katarina Morfa (Suzuki. Liegend, re)