Ein deutsches Te Deum: Herr Gott, Dich loben wir für Soli, Chor und Orchester
von Gottfried Heinrich Stölzel (1691-1742)
Concerto D-Dur, FWV L:D3 für 3 Trompeten, 2 Oboen, Fagott, Violine, Streicher, Pauke und Basso continuo
von Johann Friedrich Fasch (1688-1758)
Magnificat, BWV 243 für Soli, Chor und Orchester
von Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Dirigent: Arndt Martin Henzelmann, Rodenkirchener KammerChor und Orchester
Solisten: Soetkin Elbers (Sopran), Katrin Klingbeil, Sopran, Elvira Bill (Alt), Wolfgang Klose, Tenor, Raphael Bruck (Baß); Go Yamamoto, Konzertmeister, 1 Violine/Leitung Concerto von Fasch
Besuchte Aufführung: 1. Dezember 2019
Im März 2016 schrieben wir in unserem Magazin OPERATPOINT, daß wir vorhaben, Konzerte mehr als zuvor zu besprechen, Konzerte, die für die betreffende Stadt wichtig und darüber hinaus auch landesweit von Interesse sind. Außerdem gilt es, die in der jeweiligen Stadt auftretenden Chöre vorzustellen. Damit wird herausgestellt, auf welche Weise die jeweilige Stadt die Musik pflegt und ausübt.
Nach der glänzenden Darbietung des Messias von Georg Friedrich Händel 2018 des Rodenkirchener KammerChors und Orchesters in der Philharmonie Köln war man gespannt auf die Aufführung von Barockchorwerken in der Trinitatiskirche Das Programm in diesem Jahr hat den Titel Mit Pauken und Trompeten. Mit den Komponisten Gottfried Heinrich Stölzel und Johann Friedrich Fasch sowie einem Bachchorwerk kommen dabei weniger bekannte Tonschöpfer zu Gehör.
Das Konzert wird eröffnet mit dem deutschen Te Deum von Gottfried Heinrich Stölzel einem Zeitgenossen von Johann Sebastian Bach, der seinen Kollegen kannte und einige Werke von ihm in Thomaskirche aufführte. Stölzel wurde zur damaligen Zeit meist höher geschätzt als Bach. Seine Werke verschwanden aber aus der Öffentlichkeit in den folgenden Jahrhunderten.
Das Te Deum wird mit den Worten eröffnet: Herr Gott, dich loben wir. Ein Tenorsolo geht dem Chor unmittelbar voraus. Dirigent Arndt Martin Henzelmann zeigt sich souverän in einer beeindruckend dynamisch, rhythmischen und tempogerechten Führung des KammerChors und Orchesters. Überhaupt sind im Konzertverlauf seine Tempi und Rhythmen dem nicht allzugroßen Raum der Trinitatiskirche gut angepaßt. Die einzelnen Chorabschnitte beginnen jeweils mit einem Solo von Sopran, Tenor und Baß. Im Raum der Trinitatiskirche mit guter Akustik können die Sänger ohne jegliche Forcierung ihre Stimme aussingen. Das ist ein seltenes Erlebnis, ja Vergnügen, sind doch die Räume der Konzerthäuser allgemein so riesig, daß sich die Sänger mit unnatürlicher Lautstärke präsentieren müssen. Demgegenüber waren Chor und Orchester eigentlich etwas überdimensioniert, was die Klarheit des Chorgesangs minderte. Die Choreinsätze und der Wechsel mit den Solostimmen sind jedoch gut aufeinander abgestimmt, ebenso die Einsätze der einzelnen Stimmen, z.B. im 3. Chor Heilig ist unser Gott. Ebenso sind die Solisten lobend hervorzuheben, zumal sie – wie erwähnt – ihre natürliche Stimmstärke nicht zu verstärken brauchen.
Der Mittelteil des Konzerts bildet das Concerto D-Dur von J.F. Fasch, ebenfalls ein Zeitgenosse Bachs. Diesmal liegt die Führung bei Go Yamamoto. Er leitet das Rodenkirchener Kammer Orchester vom ersten Pult aus. Nachdem man dieses Konzert mit drei Barocktrompeten, Oboe und der Solovioline gehört hat fragt man sich, warum der mitteldeutsche Meister Fasch nicht öfter auf den Programmen unserer Konzerthäuser erscheint. Es ist ein hinreißendes Orchesterwerk, was die Zuschauer von den Stühlen reißt. Auch hier kommt der nicht allzugroße Raum lobenswert zur Geltung. Denn eine Barockvioline ist normalerweise gegenüber einer modernen Violine mit Stahlseiten in der Lautstärke erheblich leiser. Hier verströmt Go Yamamoto in brillanten Läufen seine Soli mit großer Musikalität.
Alle drei Sätze des Orchesterwerks Faschs werden fabelhaft, ja perfekt dargestellt, wobei ein Extralob den drei Herren mit den Barocktrompeten mit ihrer unaufdringlichen weichen Tonansprache gilt. Auch Oboistin Sibylle Hehn präsentiert unangestrengt die virtuosesten Läufe in untadeliger Manier. Riesiger Applaus für die außerordentliche Leistung des Orchesters.
Als letztes Werk nun das Magnificat von Johann Sebastian Bach. Zu Bachs Zeiten war es in der lutherischen Liturgie ein fester Bestandteil des Vespergottesdienstes in Leipzig. Der Text entstammt Lukas, Vers 46-55. Es ist eins von Bachs bekanntesten Vokalwerke, vielleicht auch wegen der Kürze des Werks, die der Einordnung in den Vespergottesdienst geschuldet ist. Zudem weist das Werk eine große Eleganz auf und die einzigartigen, zum Teil anmutigen Arien und kraftvollen Chöre überraschen die Hörer stets aufs Neue. Es ist ein schwieriges chorisch- solistisches Werk.
Um es vorweg zu sagen: die Ausführenden meisterten das einzigartige Werk in anerkennenswerter Weise. Vor allem zeigen die Solisten in hervorragender Weise ihre Musikalität. Ihre Stimmen besitzen alle ein schönes ansprechendes Timbre.Allen voran ist Soetkin Elbers mit fein ausgeglichenem lyrischen Sopranist zu erwähnen, wobei die feine Wiedergabe der zahlreichen Triller, die schon beim ersten Werk von Stölzel aufhorschen ließen, auffällt. Sie trennt auch die einzelnen 16tel Noten sehr gut voneinander, wodurch ihre Darstellung eine große Klarheit erhält. Im et exsultavit spiritus meus in Deo – und mein Geist freuet sich Gottes überzeugt auch Katrin Kingbeil und dies besonders in den Noten hoher Lage, in der ihr lyrischer Sopran regelrecht aufblüht. Ausgezeichnet der Vortrag von Bassist Raphael Bruck in Quia fecit mihi magna – denn er hat große Dinge an mir getan. Sein Triller zum Schluß auf Nomen betont die Stärke seiner Darbietung. Schließlich wurde das Duett von Elvia Bill (Alt) und Wolfgang Klose (Tenor) in der großartigen Ruhe des im Pastoralrhythmus bewegenden Stimmen vorzüglich vorgetragen. Kaftvoll kontrastiert dazu der folgende Vers Fecit potentiam in brachio suo – er übet Gewalt mit seinem Arm. Das Ende mit Gloria und der Wiederholung des Magnificat ist der würdevolle Abschluß eines großen gelungenen Abends und eine Bereicherung für die Zuhörer, die die Trinitatiskirche bis zum letzten Platz besetzen. Sicherlich hat mehr als die Hälfte der Zuhörer außer dem Bachschen Magnificat die Werke der beiden mitteldeutschen Tonschöpfer Stölzel und Fasch gekannt.
Um so mehr ist anzuerkennen, daß der Rodenkirchener KammerChor und sein Orchester sich so ein Wagnis zugemutet hat. Denn allgemein geht man doch eher zu Aufführungen, die bekannte Komponisten darbieten. Stölzel ist wahrscheinlich der unbekanntere der beiden Tonschöpfer, denn Johann Friedrich Fasch wird in zweijährigen Abstand mit den Fasch-Festtage in Zerbst, Sachsen-Anhalt, gefeiert.
Dr. Olaf Zenner
Bild: Rainer Kitz
Das Bild zeigt: den Rodenkirchener KammerChor und Orchester; links neben Arndt Martin Henzelmann, Dirigent, Wolfgang Klose, Tenor. In der letzten Reihe des Orchesters, dritte von links Sibylle Hehn, Oboe