Von Leoš Janáček, Oper in drei Akten nach A.N. Ostrowskijs „Gewitter“, Deutsch von Reinhold Schubert,
UA: 23. November 1921, Nationaltheater Brünn
Regie: John Dew, Bühne: Heinz Balthes, Kostüme: José-Manuel Vázquez
Dirigent: Martin Lukas Meister, Chor und Orchester des Staatstheaters Darmstadt, Choreinstudierung: André Weiss
Solisten: Andreas Daum (Sawjol Prokofjewitsch Dikoj), Norbert Schmittberg (Boris Grigorjewitsch), Sonja Borowski-Tudor (Marfa Kabanowa, genannt Kabanicha), Andreas Wagner (Tichon Kabanow), Susanne Serfling (Katja Kabanowa), Lucian Krasznec (Wanja Kudrjasch), Viola Zimmermann (Barbara), u.a.
Besuchte Aufführung: 27. September 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Nachdem ihr Ehemann fortgefahren ist, gesteht Katja Barbara, daß sie einen anderen Mann liebt. Die innere Zerrissenheit bringt sie fast um den Verstand. Barbara gibt Katja den Schlüssel zum Gartenhaus, in dem sie ihren Geliebten Boris treffen soll. Als Boris und Katja sich sehen, gesteht er ihr seine Liebe. Später berichtet Barbara Boris, daß Katja seit der Rückkehr ihres Mannes wahnsinnig geworden sei. In aller Öffentlichkeit gesteht Katja ihren Ehebruch und wird daraufhin von der Gesellschaft ausgeschlossen.
Ein letztes Mal will sie Boris sehen und sich dann das Leben nehmen. Nachdem sie mit ihm gesprochen hat, springt sie in die Wolga.
Aufführung
John Dew inszeniert die Katja Kabanowa sehr schlicht. Eine schmiedeeiserne Brücke führt über die Wolga, das Wasser auf der Bühne schimmert im Licht der Scheinwerfer und wird an den Wänden der Bühne reflektiert. Es ist stets dunkel, nur die Brücke ist beleuchtet. Sie verändert sich durch die Szenen, die Ausstattung bleibt durchweg unaufdringlich mit nur einzelnen Möbelstücken, die auf der Brücke plaziert werden. Die Kostüme erinnern an die Jahrhundertwende. Dew arbeitet deutlich mit Farben: Tichon, die Kabanicha und Dikoj treten in Schwarz auf, was ihre Zusammengehörigkeit anzeigt. Kudrjasch, Boris, Barbara und Katja erscheinen in hellen Farben.
Sänger und Orchester
Susanne Serfling in der Titelrolle hat einen warmen Sopran, der besonders in den Liebesszenen mit Norbert Schmittberg (Boris Grigorjewitsch) sehr deutlich und weich klang. Sie setzte leider ihre Gesangskraft in den Szenen, in denen ihr Wahnsinn zum Ausdruck kommen sollte, kaum ein und blieb etwas verhalten, was die Stimmungswechsel angeht. Ihr Spiel war stellenweise undeutlich, und sie konnte die innere Zerrissenheit kaum szenisch umsetzen. Dennoch erntete sie viel Applaus und Bravorufe. Die Katja zu singen ist eine Herausforderung, da in diesem Stück fast nur Melodiefetzen aneinandergereiht werden, es aber keine Arien oder ähnliche lange solistische Abschnitte gibt. Dies liegt an der beinahe wortgetreuen Umsetzung des Theaterstücks in eine Oper. Norbert Schmittberg zeigte durchweg eine grandiose Leistung, er fand sich in der Rolle des verliebten Boris sehr gut zurecht. Andreas Daum (Dikoj) glänzte durch seine herausragenden schauspielerischen Leistungen und die außerordentlich klare Bruststimme, die er mit viel Freude am Musizieren präsentierte. Lucian Krasznec (Wanja Kudrjasch) und Viola Zimmermann (Barbara) sangen beide ihre Rollen perfekt. Leider wurden sie manchmal vom Orchester übertönt. Die Rolle der Schwiegermutter Kabanicha besetzte Regisseur John Dew mit Sonja Borowski-Tudor, die sich durch ruppige und hysterische Wechsel zwischen Brust- und Kopfstimme und eine giftige Tonlage auf der Bühne auszeichnete. Doch auch sie kam leider gegen das Staatsorchester nicht an.
Unter der Leitung von Martin Lukas Meister bewiesen die Darmstädter Musiker, zu welch guten Leistungen – bei einem anspruchsvollen Stück wie der Katja Kabanowa – sie fähig sind. Nur die Lautstärke sollte besser mit den Sängern abgestimmt werden. Die Intonation war nicht immer perfekt, daran hätte noch besser gearbeitet werden können, aber dies kann auch durch die erhöhte Luftfeuchtigkeit aufgrund des Wassers auf der Bühne (s.o.) erklärt werden könnte.
Fazit
Die Übertitel sind bei der deutlichen Aussprache der Sänger nicht nötig, werden aber standardmäßig in Darmstadt verwendet. Das ist schade. Dennoch übertrifft die Inszenierung die Erwartungen des Publikums, wie ich den Pausengesprächen entnehmen konnte. Mit lang anhaltendem Applaus werden Sänger und Orchester gefeiert. Besonders das Bühnenbild, das in Kooperation mit der Oper Göteborg entstand, wurde durchweg gelobt.
Sophia Krüger
Bild: Barbara Aumüller
Das Bild zeigt: Susanne Serfling (Katja), Norbert Schmittberg (Boris Grigorjewitsch)