Il Barbiere di Siviglia – Köln, Oper

von Gioachino Rossini (1792-1868) Opera buffa  in zwei Akten, Libretto: Cesare Sterbini nach Pierre Augustin Caron de Beaumarchais, UA: 20. Februar 1816, Rom

Regie: Ruth Berghaus, Bühnenbild & Kostüme: Achim Freyer

Dirigent: George Petrou und das Gürzenich-Orchester Köln

Solisten: Alasdair Kent (Graf Almaviva), Enrico Marabelli (Doktor Bartolo), Adriana Bastidas-Gamboa (Rosina), Bjarni Thor Kristinsson (Don Basilio), Claudia Rohrbach (Berta), Wolfgang Stefan Schwaiger (Figaro)

Besuchte Aufführung: 12. Juni 2022 (Premiere)

Kurzinhalt

Graf Almaviva ist in Rosina, das Mündel der Doktor Bartolo, verliebt und möchte sie heiraten. Allerdings will er zuvor sichergehen, dass sie sich nicht wegen seines Titels in ihn verliebt. Auf Rat des Barbiers Figaro verkleidet er sich erst als betrunkener Soldat und später als Musiklehrer, um ohne Aufsehen in ihr Haus zu kommen und sich ihr zu nähern. Beide gestehen sich ihre Liebe. Bartolo plant währenddessen selbst seine Hochzeit mit Rosina und hat schon den Notar bestellt. Almaviva steckt dem Notar Geld zu, sodass dieser die beiden sofort verheiratet. Als Bartolo mit den Wachen eintrifft, gibt Almaviva sich zu erkennen und Bartolo wird großzügig entschädigt.

Aufführung

Die Bühne im Staatensaal 2 ist komplett in Weißtönen gehalten und sehr schlicht ausgestattet: ein rechteckiger Kasten mit bemalten Vorhängen an den Wänden steht in der Mitte der Bühne. Auf die Vorhänge sind Häuserfassaden gezeichnet, die Mitte des Raumes dient als Zimmer in dem sich die Handlung abspielt. Über der Bühne hängt ein Relief im Barock-Stil mit opulenten Figuren und Engeln, darunter hängen Papp-Lüster. Die Kostüme sind ebenfalls in Weißtönen gehalten und dem Rokoko-Stil des 18. Jahrhundert nachempfunden: die Herren tragen Perücken, Kniebundhosen und Rüschenhemden, die Damen ausgestellte, glänzende Kleider mit Reifröcken und Korsetten. Die Inszenierung ist die Übernahme einer Berliner Produktion; dabei wird der Opernstoff originalgetreu umgesetzt, viel Raum für das komödiantische Schauspiel der Solisten gelassen und die Musik in den Vordergrund gestellt.

Sänger und Orchester

Alastair Kent (Graf Almaviva) beginnt den Abend mit einem zarten, sehr lyrischen Tenor, dem es in der Höhe leider nicht gelingt, einen profunden Klang zu erzeugen. Zwar bringt seine Stimme eine sehr klare und helle Stimmfarbe mit, in seiner ersten Arie wirkt er stimmlich aber etwas angeschlagen und singt die schnellen Läufe zu abgehackt. Wolfgang Stefan Schwaiger (Figaro) ist dagegen von Anfang an in seinem Element und bringt stimmlich eine der besten Leistungen des Abends. Die berühmte Arie Largo al factotum – Das Faktotum der schönen Welt singt er mit einem strahlenden Bariton, dabei gelingt es ihm besonders den schnellen Rhythmus des typischen canto fiorito zu halten, durch einen sehr akzentuierten Gesang und eine sehr klare Betonung der Silben. In der Höhe lässt er seine Stimme warm und anmutig anschwellen, in der Tiefe klingt er sehr sonor und metallisch. Dabei ahmt er Situationen aus seinem Arbeitsalltag als Barbier nach, wetzt sein Messer und pfeift umher. Ebenso überzeugend singt Adriana Bastidas-Gamboa (Rosina), die mit ihrem warmen Mezzosopran unangestrengt und leichtfüßig durch die Arien schwebt. Während sie sich ankleidet, singt sie die tiefen Tönen sehr inbrünstig, und betont durch ein kokettes Wegwerfen ihres Schmucks ihr Selbstbewusstsein als junge verliebte Frau. Besonders die Spitzentöne gelingen ihr durch das Anschwellen ihrer Stimme ausgenommen gut, dabei legt sie sich voll in die Stimmung der Musik. Enrico Marabelli (Doktor Bartolo) bringt ein sehr parodistisches Schauspiel zum Ausdruck und sorgt so für einige Lacher. Er  mimt den Doktor als einen etwas schusseligen, tollpatschigen Zeitgenossen, der leicht auf die Scharade um ihn herum herein fällt. Sein knurrender, dunkel gefärbter Bariton passt ausgenommen gut zu der Rolle des knuttrigen Doktors, dabei unterstützt er seinen oft sehr lautmalerisch betonten Gesang durch ein exzessives Schauspiel, beispielsweise indem er sich jedes Mal, wenn er den Grafen erblickt auf den Boden fallen lässt. Bjarni Thor Kristinsson (Don Basilio) sieht in seiner Robe wie ein Pfarrer aus und zeigt einen durchgängig sehr verbissenen Gesichtsausdruck. Dabei singt er mit einem sehr dunklen, donnernden Bass, der ein großes Volumen mitbringt und ein düsteres Timbre aufweist. Die Arien singt er sehr akzentuiert, betont dabei den Text sehr klar und zieht dabei durch seine übertriebene Strenge alles ein bisschen ins Lächerliche. Erwähnenswert sind ebenfalls die Finali des ersten und zweiten Aktes, in denen alle Sänger zusammen auftreten, sich hervorragend stimmlich ergänzen, einen majestätischen Klang erzeugen und dabei sehr synchron miteinander singen. Das Orchester wird von George Petrou, der nebenher auch das Klavier spielt, sehr sicher durch die vielen rhythmischen Raffinessen der Partitur geführt.

Fazit

Eine heitere Inszenierung, die besonders durch ihre Schlichtheit besticht; manchmal ist weniger mehr. Das Bühnenbild und die Kostüme passen perfekt zu der Rossini-Oper. Am besten ist aber die musikalische und schauspielerische Leistung des Ensembles und des Orchesters. Publikumslieblinge sind Wolfgang Stefan Schwaiger und Adriana Bastidas-Gamboa, die für ihren makellosen Auftritt besonders schallenden Applaus erhalten. Insgesamt eine der besten Inszenierungen der laufenden Spielzeit. Absolut sehenswert!

Melanie Joannidis

Bild:  Paul Leclaire

Das Bild zeigt: Alasdair Kent (Graf Almaviva), Wolfgang Stefan Schwaiger (Figaro)

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