von Gioachino Rossini (1792-1868), komische Oper in zwei Akten, Libretto: Augustin Eugène Scribe und Charles-Gaspard Delestre-Poirson, UA: 20. August 1828, Paris, Opéra de la Salle Le Peletier
Regie, Kostüme: Hugo De Ana, Licht: Valerio Alfieri, Choreographie: Michele Cosentino
Dirigentin: Oksana Lyniv, Orchester und Chor des Teatro Comunale di Bologna
Solisten: Cesar Cortès (Graf Ory), Francesco Samuele Venuti (Raimbaud, Freund des Grafen,), Adolfo Corrado (Erziehr des Grafen), Olga Dyadiv (Gräfin Adèle), Caterina Dellaere (Ragonde, Pförtnerin des Schlosses), Giuseppina Bridelli: (Isolier, Page des Grafen), Silvia Spessot (Alice, Bauernmädchen), Pietro Picone (Kavalier), Gianluca Monti (Dorfbewohner)
Besuchte Aufführung: 19. Oktober 2023, Neue Inszenierung des Teatro Comunale di Bologna, Übernahme vom Rossini Opera Festival Pesaro
Graf Ory hat beschlossen, die Abwesenheit der Kreuzritter auszunutzen und den alleingelassenen Frauen und Mädchen nachzustellen. Er verkleidet sich als Eremit und begibt sich in die leere Einsiedelei in der Nähe von Schloß Formoutier, dessen Bewohnerin Gräfin Adèle seine besondere Aufmerksamkeit erregt. Nach kurzer Zeit kommen die Dorfbewohner zu ihm, um Rat und Beistand zu holen. Ragonde, die Pförtnerin des Schlosses, bittet den Eremiten, die Gräfin wegen eines unbekannten Leidens anzuhören. Auch Orys Page Isolier vertraut sich arglos dem vermeintlichen Gottesmann an: Sie ist in Liebe zur Gräfin Adèle entbrannt und möchte als Nonne verkleidet unerkannt ins Schloß kommen Zudem bittet Isolier den Eremiten, der Gräfin als Heilmittel ihres Leidens eine neue Liebe zu empfehlen.
Adèle kommt und berichtet dem Eremiten von dem Gelübde, den Rest ihres Lebens in keuscher Witwenschaft zu verbringen. Rasch entbindet Ory sie von diesem Schwur, doch weiter kommt er nicht; denn Isolier hat Verdacht geschöpft und entlarvt den falschen Eremiten.
Ein Bote meldet die baldige Heimkehr der Kreuzritter. Ory ersinnt neue Pläne, die Isolier so weit wie möglich durchkreuzen will. Er und seine Genossen, als Pilgerinnen verkleidet, bitten während eines schweren Gewitters um Unterkommen im Schloß. Die Gräfin gewährt dies gern, zumal sie hört, daß Ory auch diesen Pilgerinnen nachgestellt hat.
Isolier hat sich inzwischen Zutritt zur Gräfin verschafft und klärt sie auf, um wen es sich bei den Pilgerinnen handelt. Er bietet sich an, ihr gegen Orys Nachstellungen Hilfe zu leisten. Dieser zögert nicht, im nächtlichen Dunkel die Gräfin aufzusuchen und sie zu hofieren. Zu spät bemerkt er, daß er die ganze Zeit statt mit der Gräfin mit seinem Pagen gescherzt hatte. Plötzlich ertönen Trompeten, die die Rückkehr des Grafen mit seinen Krieger melden. Ory und seine Kumpanen entfliehen.
Aufführung
Vom Anfang der Aufführung bis zum Ende bleiben die Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner in ständiger Bewegung. Alle Mädchen sind in schönen und bunten Kleiden, auf dem Kopf haben einen Blumenkranz. Als Eremit erscheint Graf Ory mit einem langen Rauschebart in hellem Gewand. Die Kostüme sind in leuchtender Farbe. Auf der Bühne stehen drei Glasboxen, die wie eine Vitrine aussehen. Es gibt auch ausgestopfte Tiere mit grotesken Köpfen, weiß gefiederte Vögel oder Dinosaurier auf der Bühne. Zwischendurch erscheinen zwei rosa angekleidete Engel mit je zwei riesigen Flügeln. Die Pilgerinnen sind in blauen Kleidern mit einer weißen Haube gekleidet.
Als Gag kommt der Graf, wie eine Nonne angezogen mit einem elektrischen Roller auf die Bühne.
Sänger und Orchester
Das gut miteinander harmonierende Orchester wird von der Dirigentin des Hauses (Teatro Comunale di Bologna) Oksana Lyniv geleitet. Mit spritzig guter Laune meisterte sie gut die Ouvertüre. Man hatte einen Wunsch: das Tempo könnte etwas rascher sein.
Cesar Corès als Graf Ory konnte hier mit seinem komödiantischen und erstaunlich frischen Tenor alle Register ziehen und überzeugte auch mit der Eleganz seiner sportlichen Erscheinung. Im Terzett À la faveur de cette nuit obscure – Im Schutz der dunklen Nacht haben Olga Dyadiv (Gräfin Adèle) und die Mezzosopranistin Giuseppina Bridelli als Isolier, die ihre Hosenrolle in pikanten Situationen genüßlich zu spielen, gut positioniert.
Die Stars des heutigen Abends sind Cesar Cortès als Graf Ory und Olga Dyadiv als Gräfin Adèle.
Olga Dyadiv konnte ihre leuchtende Sopranstimme mit ihrer brillanten Belkantotechnik in der Höhe die Töne mühelos erreichen. Ihre Stimme gleicht geschmeidig einer Perlenkette. Isolier war ihre Rolle gerecht. Doch manches Mal gab es Schwierigkeiten in der Intonation.
Adolfo Corrado als Erzieher des Grafen hat eine sehr dunkele Baßstimme. Seine Intonation war immer wieder zu wacklig. Chor und Orchester waren gut zusammen, es wurde akkurat gesungen und gespielt. Musikalisch waren alle topfit.
Fazit
Regisseur Hugo De Ana hat begriffen, welche Art diese Rossini-Oper ist: diese Musik hat Vaudeville Charakter. Manchmal erinnert man sich an die Musik Jacque Offenbachs. Er erklärte in einem Interview, daß er sich einige Male von einem Gemälde des niederländischen Malers Hieronymus Bosch (Der Garten der Lüste) inspirieren lassen.
In der Musikdarbietung hat sie manchmal durch zu viel Unruhe im Szenenablauf den Rossini Charakter verloren.
Dr. Olaf Zenner
Bild: Andrea Ranzi
Das Bild zeigt: Adolfo Corrado (Erziehr), Giuseppina Bridelli: (Isolier) und Dorfbewohnerinnen