von Charles Gounod (1818-1893), Oper in einem Prolog und 5 Akten, Libretto: Jules Barbier und Michel Carré nach William Shakespeares Romeo and Juliet; UA: 27. April 1867, Paris
Regie: Martin Schüler, Ausstattung: Gundula Martin; Dirigent: Evan Christ, Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus. Opernchor und Extrachor sowie Ballett des Staatstheaters Cottbus
Solisten: Heiko Walter (Fürst von Verona u. Grégorio), Volker Maria Rabe (Graf Pâris), Jens Klaus Wilde (Roméo), Hardy Brachmann (Stéfano), Andreas Jäpel (Mercutio), Dirk Kleinke (Benvolio), Juliette (Anna Sommerfeld), Capulet (Jörg Simon), Tybalt (Matthias Bleidorn), Gertrude (Carola Fischer), Ingo Witzke (Pater Laurent), Thomas Pöschel (Bruder Jean) u. a.
Besuchte Aufführung: 17. Oktober 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Roméo, ein Montague, und Juliette, die der verfeindeten Familie der Capulets angehört, verlieben sich auf einem Fest ineinander. Nach ihrer Vermählung durch Pater Laurent tötet Tybalt, Angehöriger der Familie Capulet, in einem Streit Roméos Freund Mercutio, worauf Roméo Tybalt ersticht. Roméo wird vom Fürsten verbannt und Juliette soll Graf Pâris heiraten. Daraufhin trinkt Juliette einen Trank, der sie in einen todesähnlichen Schlaf versetzt. Da Roméo sie tot wähnt, begeht er Selbstmord. Als Juliette erwacht und sie erkennt, daß Roméo stirbt, ersticht sie sich.
Aufführung
In der mit deutschen Rezitativen versehenen Aufführung in Originalsprache dominieren bedrückend dunkle Farben das Bühnengeschehen. Im Prolog sind vor schwarzem Hintergrund dunkle Gräber angedeutet, im Fest des ersten Akts deutet dazu ein Lüster den Bankettsaal an. Schwarze Stellwände imitieren Gassen und Mauern, das Kircheninnere sowie die Familiengruft in den weiteren Akten. Hinzu treten wenige Ausstattungsgegenstände, wie Geschenke im ersten Akt, Kerzen bei der Trauung oder ein Bett als Liebeslager. Auch die Kostüme der Darsteller sind durchweg in gedeckten Tönen gehalten. Allein Juliettes Kleid ist im ersten Akt tiefrot, in den weiteren Akten schneeweiß gefärbt. Zudem setzen die Balletttänzer in weißen Roben kontrastierende Akzente.
Sänger und Orchester
Die Sopranistin Anna Sommerfeld (Juliette) singt mit beweglicher Phrasierung in der Mittellage bei leuchtend kristallinen Höhen, wie in der Arietta Valse. Ihr dunkler Sopran, besonders in den dramatischen Passagen, bannte den Hörer. Die Stärke der schlanken, geradlinigen Tenorstimme von Jens Klaus Wilde (Roméo) liegt in den lyrischen Abschnitten, wie beim Ange adorable – Schöner Engel (2. Akt), die er mit eindringlicher Emphase zu nehmen weiß. Schwächen zeigen sich jedoch in den Spitzentönen, wie bei der Cavatine, die stark gepreßt fahl ausklingen. Spielerisch eindrucksvoll sind Anna Sommerfeld und Jens Klaus Wilde in den Duetten des Stücks (2., 4. Akt). Hier harmonieren beide Stimmen gesanglich in dynamisch vorwärtsdrängenden und dramatisch packenden stimmlichen Farbwechselspielen. Andreas Jäpel (Mercutio) besticht mit sauberer Intonation und klarem Duktus, wobei sein schlanker Bariton in der Ballade de la reine Mab – Ballade der Königin Mab seine geschmeidig dunklen Klangfarben voll zum Einsatz bringen kann. Hardy Brachmann (Stéfano) überrascht mit seiner druckvoll nuancierenden Tenorstimme, die sich in der Canzone des 3. Aktes voll entfaltet. Jörg Simons beweist sich als adäquater Capulet, wobei sein Baß in den Tiefen in warmen Klangfarbspektren leuchtet, der in gedämpft leuchtend timbrierte Höhen mündet. Neben dem geschmeidigen, in den Tiefen druckvoll intonierten Baß von Ingo Witzke (Pater Laurent) und dem leuchtend klaren Bariton von Heiko Walter (Fürst) überzeugen auch der Tenor Matthias Bleidorn (Tybalt) sowie auch Carola Fischer (Gertrude), deren erdig timbrierter Mezzosopran in voller Üppigkeit ausgekostet wird.
Das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus unter Evan Christ weiß die Gefühlsschwankungen innerhalb des Stückes in elegischer Klangharmonie und pulsierender Dramatik auszukosten und webt, zusammen mit dem glänzend aufgestellten Chor, dem Ensemble einen satten, lichtdurchfluteten Klangteppich.
Fazit
Eine teilweise bewegend atmosphärische Inszenierung, die insbesondere von der packenden Dramatik der guten sängerischen Leistungen lebt.
Dr. Andreas Gerth
Bild: Marlies Kross
Das Bild zeigt: Kurzes Liebesglück (V.l.n.r): Anna Sommerfeld (Juliette), Ingo Witzke (Pater Laurent), Jens Klaus Wilde (Roméo); (im Hintergrund): Carola Fischer (Gertrude)