L’Elisir d’Amore – Der Liebestrank – Hamburg, Staatsoper

von Gaëtano Donizetti (1797-1848), Melodramma in zwei Akten, Libretto: Felice Romani nach Eugène Scribes Libretto Le Philtre von Daniel François Esprit Auber, UA: 12. Mai 1832 Mailand, Teatro della Canobbiana

Inszenierung und Bühnenbild nach: Jean-Pierre Ponnelle, Kostüme: Pet Halmen

Dirigent: Matteo Beltrami, Orchester Symphoniker Hamburg und Chor der Hamburgischen Staatsoper, Choreinstudierung: Christian Günther

Solisten: Mariam Battistelli (Adina), Seungwoo Simon Yang (Nemorino), Andrzej Filonczyk (Belcore), Tigran Martirossian (Doktor Dulcamara), Yeonjoo Katharina Jang (Gianetta)

Besuchte Aufführung: 9. Juni 2024

Kurzinhalt

Nemorino ist über beide Ohren in die junge, schöne, reiche Gutspächterin Adina verliebt. Dagegen ist Nemorino arm und Erntearbeiter bei Adina. Da kommen Soldaten mit Musik ins Dorf, geleitet vom attraktiven Offizier Belcore. Dieser verliebt sich sofort in Adina, die tatsächlich sein Werben annimmt. Kurz darauf erscheint mit großem Getöse Doktor Dulcamara. Mit seinem Zaubertrank verspricht er den herbeiströmenden Dorfbewohnern Heilung von all ihren Leiden. Nemorino verspricht sich vom Heiltrank Hilfe für seine Liebesleiden. Doch eine Flasche Heiltrank wirkt nicht. Um Geld für eine zweite Flasche zu erhalten verdingt er sich als Soldat bei Belcore. Dieser ist hocherfreut, seinen Rivalen damit unter Kontrolle zu bekommen. Die anschließende Wirkung scheint umwerfend: alle Erntehelferinnen verlieben sich in Nemorino. Sie haben soeben vom Tod von Nemorinos Onkel erfahren, womit Nemorino ein reiches Erbe in Aussicht hatte. Dieser selbst weiß allerdings noch nichts davon. Nach vielen Liebesschwüren und Abweisungen erreicht Nemorino schließlich doch, daß Adina ihn erhört, so daß beide ein glückliches Paar werden.

Aufführung

Die Bühne zeigt ein Bauerndorf mit kleinen Häusern, die dichtgedrängt stehen. Das Dorf erstreckt sich den Hügel hinauf. Davor stehen Mädchen, Frauen und Schnitter in ihrer bäuerischen Kleidung. Adina sitzt auf einem Schaukelstuhl auf der linken Seite, während Nemorino, in seiner Arbeitskluft, einem weißen Hemd und kurzer Hose auf der rechten Seite steht und sie unentwegt betrachtet. Adina in einem hübschen Sommerkleid ist dabei, aus einem Buch die traurige Liebesgeschichte von Tristan und Isolde vorzulesen. Die Dörfler hören gebannt zu. Währenddessen hören wir Nemorino, wie er sie schön und begehrenswert findet, aber keinen rechten Mut hat, sie anzusprechen und es ihr zu sagen.

Da erscheint plötzlich ein französischer Soldat mit einer Truppe Soldaten. Es ist Belcore in schmucker Uniform, durch die er glaubt, sofort bei Frauen Erfolg zu haben. Adina zieht seine Aufmerksamkeit auf sich. Doch bei Adina blitzt er ab, indem sie ihn mit Ironie behandelt. Das ist aber etwas, was er gar nicht wahrnimmt. Nemorino, der die Szene beobachtet, bewundert das Auftreten und die Art, die Belcore an den Tag legt. Dann tritt Dulcamara auf einem großen Wagen mit einer verschiedenartigen Ladung, die Flaschen der Wunderdroge – es sind Flaschen Bordeauxwein – auf. Wie er bekleidet ist, sieht er wie einen Fürst aus.

Sänger und Orchester

Das Orchester unter Matteo Beltrami spielt mitreißend und begleitet die Sänger geschmeidig.

Ein sehr junger Tenor, Seungwoo Simon Yang als Nemorino, präsentiert sich vorteilhaft mit seiner Auftrittsarie: Quanto è bella – wie schön sie (Adina) ist … seine Mühelosigkeit im Erreichen der Höhenlage kann man bewundern. Bei ihm gibt es kein Pressen, kein Schleifen, auffallend ist sein unmerkliche Registerwechsel. Seine Tenorstimme ist nach oben ungemein offen, was bei vielen Tenören selten vorkommt. In seiner Arie fühlt man seine Sehnsucht zur angebeteten Adina mit, und er singt: sie hat ja studiert, sie lernt, sie liest. Es gibt nichts, was sie nicht weiß.

Bei Mariam Battistellis(Adina) Della crudele Isotta il bel Tristano andea – für die grausame Isolde entflammt der schöne Tristan (Auftrittsarie) hat sie keine Mühe zu zeigen, wie man stets tongerecht die Höhen erreichen kann. Ihre Stimmführung ist genausogut wie die von Nemorino und ihr Sopran wird in der Höhe strahlend, so daß es ihr ein Leichtes ist, den begleitenden Chor mit Verve zu übertönen. Die Orchesterbegleitung ist im Opernverlauf immer gleichmäßig und überlagert keinesfalls dann die Sänger.

Mit flotter Marschmusik erscheint Andrzej Filonczyk als Belcore in schmucker Uniform an der Spitze seiner Soldaten. Er macht der reizenden Adina sofort den Hof mit come Paride vezzoso porse il pomo alla più bella – so wie der schöne Paris einst den Apfel der Schönsten reichte vollendet die Pastoralstimmung. Sein voller Baß nimmt sofort uns Zuschauer für ihn ein, und die einschmeichelnden Worte passen durchaus zum Gebaren heutiger Jugendlicher: son galante, e son sargente – ich bin galant, ich bin Sergeant.

Schließlich fährt Doktor Dulcamara (Tigran Martirossian) mit seinem fahrbaren ‚Liebestrankverkaufswagen‘ vor. Schon allein mit seiner hünenhaften Figur, aber auch mit seinem bis in die Tiefen wohltönenden Baß schlägt ihm die Sympathie des Publikums entgegen.

Nach einer Flasche des Elixiers begrüßt Nemorino Adina mit Lalalara, Lalalara, protzt mit seiner Männlichkeit und spielt ihr gegenüber den Gleichgültigen, was ihm auch gelingt: er lacht, läßt sich fallen, torkelt ein bißchen und baut sich vor der Schönen auf, sieht sie aber dabei kaum an. Verzweifelt blickt Adina zum Himmel, um von dort Hilfe zu bekommen.

Riesiger Applaus nach diesem komödiantischen Kabinettstückchen bis dann Giannetta (Yeonjoo Katharina Jang) inmitten der Dorfmädchen das „Geheimnis“ von Nemorinos Erbschaft verrät, wodurch dieser eine reiche Partie wird. Dabei zitiert Donizetti musikalisch eine Szene aus dem Aschenputtel von Rossini. Das harmonische Chorsingen tat das übrige um diesen Auftritt umwerfend zu gestalten. Der Befall entsprach der Perfektion der Darstellung und wurde nur noch übertroffen von Nemorinos Gesang una furtiva lagrima – eine verstohlene Träne, die ihm ebenfalls unvergleichlich gelang.

Fazit

Das alles wird von der beschwingten und leichten Musik Donizettis begleitet, die die Szene gewissermaßen mit einer Leichtigkeit beschreibt, wie das eben nur italienische Komponisten können. Auch Zuschauer wie wir, die oft den Text nur wenig kennen, werden von der rhythmisch begleitenden Musik mitgerissen. Eine Geschichte gut und spannend zu erzählen, gelang Jean-Pierre Ponnelle immer mit seinen Inszenierungen, leider ist er zu früh verstorben. Für die Kunstwelt war das ein arger Verlust.

Die Gesangsleistung Nemorinos (Seungwoo Simon Yang), die Inszenierung nach Jean-Pierre Ponnelle und die gekonnten Aktionen der Sänger kann man als gleichermaßen gut bewerten. Das Orchester und der Chor wie auch die Sänger wirkten insgesamt sehr harmonisch.

Das Publikum erlebte das genauso und klatschte frenetisch.

Dr. Olaf Zenner

Bild: Brinkhoff/Mögenburg

Das Bild zeigt: Dulcamara, Adina und Chor

Veröffentlicht unter Hamburg, Staatsoper, Opern