von Wolfgang A. Mozart (1756-1791); Opera buffa in vier Akten von Lorenzo da Ponte; UA: 1786, Wien
Regie: Guy Montavon, Bühne: Hank Irwin Kittel
Dirigent: Samuel Bächli, Philharmonisches Orchester Erfurt, Opernchor des Theaters Erfurt
Solisten: Mate Solyom-Nagy (Figaro), Julia Neumann (Susanna), Peter Schöne (Graf Almaviva), Ilia Papandreou (Gräfin Almaviva), Mireille Lebel (Cherubino), Franziska Krötenheerdt (Barbarina), Vazgen Ghazaryan (Bartolo), Stephanie Müther (Marcellina), Jörg Rathmann (Basilio), Reinhard Becker (Don Curzio), Dario Süß (Antonio)
Besuchte Aufführung: 27. September 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Figaro und Susanna sind Bedienstete des Grafen Almaviva und wollen heiraten. Allerdings stellt der Graf Susanne nach. Doch damit nicht genug: Marcellina, die Figaro im Gegenzug für ein Heiratsversprechen Geld geliehen hat, besteht nun auf dem Eheversprechen. Doch alsbald stellt sich heraus, daß Marcellina Figaros Mutter ist. Nachts im Park erwartet die Gräfin in Susannas Kleidern Almaviva, den treulosen Ehemann. Figaro glaubt, seine Ehefrau wolle ihn betrügen. Nach einigen Verwirrungen versöhnt man sich, und die Paare finden wieder zueinander.
Aufführung
Am Abend einer Bundestagswahl ein Stück über Machtmißbrauch der Regierenden anzusetzen ist eine faszinierende Situation. Guy Montavon versetzt dazu den Zuschauer ins Frankreich der Zeit zwischen Französischer Revolution und der Zeit Charles de Gaulles. Die barock anmutenden, postmodernen Kostüme haben historische Glaubwürdigkeit, sind aber auch alltagstauglich. Am Anfang hat der Zuschauer einen Blick in drei Zimmer: Das Wohnzimmer von Figaro und Susanna, das Zimmer des Grafen rechts und das der Gräfin links davon. Das Wohnzimmer ist voller Umzugskartons, die eine Reihe von Versteckspielen ermöglichen. Der Auftritt der Landleute als finstere Gestalten mit Heugabeln gerät zu einer Drohung gegen das Ancien Regime. Im zweiten Akt steht das Zimmer der Gräfin im Mittelpunkt, neben dem Bett befinden sich drei Türen und stapelweise Schuhe. Hinter einer Tür ist der Raum, in dem Susanna und Cherubino mit dem Grafen ihr Versteckspiel treiben. Beim Sprung aus dem Fenster landet man auf einer Matratze im Orchestergraben, aus dem später der Gärtner emporklettert. Der Festschmaus nach dem Prozeß zwischen Figaro und Marcellina findet an zwei zusammengeschobenen Richtertischen statt. Auch für die feschen Bauernmädchen ist der Tisch gedeckt, die Tafel wird jedoch von der finsteren Landbevölkerung geplündert. Die Verwechslungskomödie nimmt im Garten ihren Lauf, die Blumen tragen die Köpfe bekannter Liebespaare/Liebhaber/Triebtäter unserer Tage. Zum Schluß werden dem Grafen seine Missetaten nicht verziehen – er wird von der Bühne gestoßen.
Sänger und Orchester
Samuel Bächli hat sich für ein sehr schlankes und filigranes Dirigat entschieden, die entstehenden Klangbilder wirken überraschend modern und atmen doch den Geist Mozarts.
Mate Solyom-Nagy (Figaro) ist ein Spielbariton mit heldischem Glanz. Peter Schöne als souveräner Graf ist auch sängerisch der ebenbürtige Gegenpart zu Figaro. Die Gräfin Ilia Papandreou versucht es dagegen mit Kraft und hat in den Höhenlagen zu kämpfen. Julia Neumann (Susanna) ist ein jugendlich dramatischer Sopran mit zartem Klang. Mireille Lebel, gerade aus Kanada zum Ensemble gestoßen, gibt mit Cherubino ihr gelungenes und entzückendes Europa-Debüt. Stephanie Müther als Marcellina zeigte in der meist gestrichenen und sehr schweren Arie Il capro e la capretta – Der Ziegenbock und die Geiß ihr Können. Die Arie wurde zur umjubelten Glanznummer. Vazgen Ghazaryan (Bartolo) und Jörg Rathmann (Basilio) sind solide Besetzungen für ihre Rollen, Dario Süß kann als betrunkener Gärtner auch schauspielerisch glänzen. Franziska Krötenheerdt ist stimmlich die bezaubernde jugendlich-naive Barbarina.
Fazit
Es wurde ein bunter Abend: Szenenapplaus für farbenprächtige Bilder bereiteten das Feld für einen sehr langen und begeisterten Schlußapplaus. Dank eines ausgezeichneten Sänger-Ensembles, einer ausgefeilten Personenregie im Sinne der Partitur Mozarts und einer beeindruckenden Ausstattung bot die
Komödie eine angenehme und intelligente Unterhaltung
Oliver Hohlbach
Bild: Hank Irwin Kittel
Das Bild zeigt: Das Wohnzimmer Figaros und Susannas liegt genau zwischen den Zimmern des Grafen und Gräfin