Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Dramma giocoso in zwei Akten, Libretto: Lorenzo da Ponte, UA: 29. Oktober 1787, Prag
Regie: Cecilia Ligorio, Bühne: Gregorio Zurla, Kostüme: Vera Pierantoni Giua, Choreographie: Daisy Ransom Phillips
Dirigent: Tomáš Netopil und das Gürzenich-Orchester Köln
Solisten: Seth Carico (Don Giovanni), Kathrin Zukowski (Donna Anna), Dmitry Ivanchey (Don Ottavio), Christoph Seidl (Komtur), Valentina Mastrangelo (Donna Elvira), Adrian Sâmpetrean (Leporello), Wolfgang Stefan Schwaiger (Masetto), Giulia Montanari (Zerlina)
Besuchte Aufführung: 9. März 2025 (Premiere)
Kurzinhalt
Bei dem Versuch, Donna Anna zu verführen, gerät der Schwerenöter Don Giovanni mit ihrem Vater, dem Komtur, in einen Zweikampf und ermordet ihn. Donna Elvira, die Don Giovanni sitzen gelassen hat, sinnt nach Rache für ihre Schmach. Auf einer Hochzeitsgesellschaft sucht Don Giovanni mit seinem Diener Leporello bereits ein neues Opfer, das er verführen kann: die Braut Zerlina. Doch als diese bei seinen Annäherungsversuchen um Hilfe schreit, wird er vor versammelter Gesellschaft als Verbrecher entlarvt. Die Betrogenen vereinen sich, um Don Giovanni zur Rechenschaft zu ziehen. Zuvor erscheint ihm aber der Geist des ermordeten Komturs, den er zum Abendmahl einlädt. Der Geist ermahnt ihn, seine Taten zu bereuen. Doch Don Giovanni weigert sich und stirbt. Alle ziehen die Moral aus der Geschichte und gehen ihrer Wege.
Eine Drehkonstruktion in der Mitte der Bühne wird zum Hauptschauplatz der Handlung. Sie zeigt die graue Steinfassade eines Anwesens. Die Räume werden so gedreht, dass je nach Szene Innen- oder Außenraum sichtbar sind und durch Requisiten und Licht inszeniert (in der Hochzeitsszene beispielsweise durch weiße Möbel und Kleidung, in den orgienhaften Szenen durch rotes Licht und Kostüme). Die Kostüme erinnern durch glänzende Satinstoffe in gedeckten Rot-Blau- und Crèmetönen an elegante Abendgarderobe. Die Damen tragen stilvolle, figurbetonte Abendkleider. Don Giovanni trägt ein weit aufgeknöpftes Hemd mit einem goldenen Mantel. Eine Stierkopfmaske, als Symbol für Erotik und Aggression, zieht sich als roter Faden durch das Stück und wird sowohl bei zügellosen Orgien in Don Giovannis Haus von Tänzern getragen, als auch von ihm selbst. Insgesamt betont die Inszenierung durch viele erotisierte Szenen und Tanzchoreographien die Anziehungskraft des Chaos und der Zügellosigkeit.
Sänger und Orchester
Trotz des schwungvollen Dirigats von Tomáš Netopil braucht es eine Weile, bis das Gürzenich-Orchester den gewohnt prachtvollen Klang entfalten kann. Die Ouvertüre beginnt etwas verhalten, das Orchester steigert sich dann aber schnell und erzeugt einen satten, ausgewogenen Klang. Unangefochtener Star unter den männlichen Stimmen ist Seth Carico (Don Giovanni), dem die Rolle des temperamentvollen Weiberhelden durch Stimme und Ausstrahlung wie auf den Leib geschnitten scheint. Mit seinem energischen Baß-Bariton, scheppert er glanzvoll durch die Arien, dabei betont er sehr viel mit Bruststimme und hat eine scharfe Intonation. In der Arie Fin ch’an dal vino – Lass ein glanzvolles Fest bereiten läuft er stimmlich und schauspielerisch zu Höchstformen auf: das schnelle Tempo beherrscht er sowohl rhythmisch als auch intonatorisch perfekt, dabei läuft er wie ein wilder Stier energisch lachend und tanzend über die Bühne, umgarnt seine weiblichen Mitstreiterinnen und ist kaum zu bremsen. Damit kann sein Mitstreiter Adrian Sâmpetrean (Leporello) kaum mithalten. Er verfügt zwar über einen sehr anmutigen, klaren Baß, der ein eher helles Timbre hat. Leider ist sein Gesang an vielen Stellen zu leise und auch rhythmisch nicht immer ganz synchron mit dem Dirigat. Eher leise und zurückhaltende Töne schlägt auch Dmitry Ivanchey (Don Ottavio) an: mit seinem schmelzenden Tenor singt er sehr sanft und betont dabei seine Rolle als umsorgender Ehemann, der Donna Anna zur Seite steht. Wolfgang Stefan Schwaiger (Masetto) zeigt mit seinem klaren Bariton, den er sehr akzentuiert einsetzt, eine ebenfalls gute Leistung und sorgt besonders schauspielerisch für sehr viel Komik, indem er sich beispielsweise unter einen Schemel quetscht, um Don Giovanni auf frischer Tat zu ertappen. Unter den Frauenstimmen kann besonders Kathrin Zukowski (Donna Anna), die ihr Rollendebüt gibt, überzeugen. Ihren lyrischen Sopran setzt sie technisch sehr versiert ein, dabei gelingt es ihr besonders gut, ihren hellen, klaren Sopran nie angestrengt klingen zu lassen oder zu stark zu forcieren. Als sie im ersten Akt von ihrer Schändung erzählt, betont sie sanft im sotto voce, kauert dabei am Boden zusammen und betont ihre Rachegedanken in den Spitzentönen glockenklar. Valentina Mastrangelo (Donna Elvira) verfügt über einen metallischen, warmen Sopran, den sie sehr inbrünstig präsentiert. In der Arie Ah, chi mi dice mai – Ach, werde ich ihn finden, steht sie mit geballter Faust, schmeißt ihren Koffer nieder und singt die Koloraturen anmutig und mit voluminöser Stimme. Ebenfalls eine sehr gute Leistung bringt Giulia Montanari (Zerlina), die mit ihrem klaren, mädchenhaften Sopran das Unschuldige ihrer Rolle sehr gut verkörpern kann. Dabei verfügt sie über eine sehr gute Technik, die ihre Stimme sehr flink und leicht klingen läßt.
Fazit
Bei dieser Inszenierung ergänzt sich alles perfekt: Bühne und Kostüme erzeugen eine stimmungsvolle, sinnliche Atmosphäre, die zu dem Stoff der Oper ausgesprochen gut passt. Das mitreißende Schauspiel, allen voran von Seth Carico, sowie auch die wunderschönen Tanzchoreographien, die die Handlung wunderbar untermalen, sorgen für Unterhaltung. Die hervorragende musikalische Leistung rundet den Abend ab: Allen voran Seth Carico und Kathrin Zukowski werden als Publikumslieblinge vom Publikum gefeiert. Für Mozart-Fans ein Muß!
Melanie Joannidis
Bild: Sandra Then
Das Bild zeigt: Tanzensemble / Statisterie, Seth Carico