von Emmerich Kálmán (1882 – 1953), Operette in drei Akten, Libretto: Leo Stein und Bela Jenbach, Textbearbeitung: Werner Schneyder
UA: 1915, Wien
Regie: Werner Schneyder, Bühne/Kostüme: Monika Gora, Choreographie: Jacqueline Davenport
Dirigent: Enrico Calesso, Philharmonisches Orchester Erfurt, Opernchor des Theaters Erfurt, Einstudierung: Andreas Ketelhut, Studioballett
Solisten: Reinhard Friedrich (Fürst), Rosemarie Deibel (Fürstin), Erik Fenton (Edwin Ronald), Christa Maria Dalby (Komtesse Stasi), Jörg Rathmann (Graf Boni), Ilia Papandreou (Sylva Varescu), Gregor Nöllen (Eugen Rhonsdorff), Juri Batukov (Feri Bacsi), Dirk Biedritzky (Notar), Roland Rohds (Janos), Ralph Neubert (Barpianist)
Besuchte Aufführung: 25. Oktober 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Budapest 1913. Die Chansonette Sylva Varescu bereitet sich auf eine Gastspielreise nach Amerika vor und verabschiedet sich von ihren Freunden und Edwin, einem Wiener Fürstensohn. Dieser will sie von der Reise abhalten und heiraten – gegen den Willen seiner Eltern. Denn sie haben bereits die Verlobung mit Komtesse Stasi arrangiert. Als Graf Boni Sylva darüber informiert, reist sie erzürnt ab.
In Wien wird die Verlobung von Edwin und Stasi gefeiert als Sylva mit Boni erscheint, der sie als seine Frau ausgibt. Als sie ihre wahre Identität enthüllt gibt es einen Skandal. In einem Wiener Hotel erkennt Feri-Bacsi in der Fürstin seine Jugendliebe wieder, eine Provinzprimadonna. Die Fürsten geben daraufhin den Widerstand auf und willigen in die Ehe zwischen Edwin und Sylva sowie zwischen Boni und Stasi ein.
Aufführung
Es kommt eine Drehbühne mit vier Feldern zum Einsatz. Sie ermöglicht nicht nur schnelle Umbauten, sondern auch rasche Auftritte und Abgänge des Chors und der Solisten. Das erste Feld zeigt den Ballsaal des Orpheums, das nächste Feld die Garderobe der Sylva. Das dritte und vierte Feld ist der Festsaal bei den Fürsten in Wien und das dazu gehörende Vorzimmer. Im dritten Akt nehmen der Eingangsbereich des Hotels und das Raucherzimmer diese Felder ein. Während der kurzen Drehung zum nächsten Feld gibt es sozusagen als Da Capo noch eine kurze Wiederholung des Themas der letzten Nummer. Stilistisch ist man bei der Ausstattung und den Kostümen in der Endphase des österreichischen Jugendstils, der Ringstraßenepoche. Eugen Rhonsdorff erhält im zweiten und dritten Akt zusätzliche Sprechtexte, in denen er Zeitungsberichte rezitiert, die vom drohenden Krieg und vom beginnenden Untergang künden. An den Tanzeinlagen sind neben Chor und Ballett– auch alle Solisten beteiligt.
Sänger und Orchester
Erik Fenton präsentiert sich hier sehr ordentlich als Operettentenor mit Charme und Überzeugungskraft: Ganz ohne Weiber geht eben die Chose nicht. Das ist nicht wirklich erstaunlich, denn seit 2003 gibt er am Haus den Spieltenor im italienischen Fach. Länger am Haus ist Jörg Rathmann, der wie immer zuverlässig, die kleinen Nebenrollen im Tenorfach abdeckt. Christa Maria Dalby ist ein erfrischender jugendlicher Sopran mit sehr klarer Höhe und erfreulicher Wortverständlichkeit. Der dramatische Sopran von Ilia Papandreou als Sylva erstaunt mit ihrer sicheren Höhe. Die Arie Heia in den Bergen unterstreicht dies eindrucksvoll und wird vom Publikum gefeiert.
Auch das Orchester unter Enrico Calesso hat Anteil am Erfolg der Produktion. Die Vorspiele zum ersten und zweiten Teil und das Finale gelingen als ein melancholischer Abgesang auf die Donaumonarchie.
Fazit
Die Csárdásfürstin steht am Ende der Donau-Monarchie, für das Ende der Wiener-Operettentradition, für das Ende des Wiener Walzers. Werner Schneyder zeichnet exakt mit kleinen, aber bis ins Detail durchdachten Gesten die Charaktere der Handlung: Fürst und Fürstin sind seriöse Grandseigneurs und keine komischen Gestalten. Die Abschiedsstimmung wird nostalgisch eingefangen: neben den Schönheiten der untergehenden Epoche werden auch dezente Kritikpunkte gesetzt. Musikalisch eine Operette auf der Höhe der Zeit mit viel Wiener Schmäh und Charme, die richtige Wahl zu Sylvester oder Karneval. Donnernder Applaus vom ausverkauften Haus!
Oliver Hohlbach
Bild: Lutz Edelhoff
Das Bild zeigt: Mag die ganze Welt versinken, ich habe Euch lieb: Ein Nachruf auf die heile Welt der Donaumonarchie.