von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in drei Aufzügen, Libretto: Francesco Maria Piave nach Victor Hugos Drama Le Roi s´amuse (1832), UA: 11. März 1851, Teatro La Fenice, Venedig
Regie: Bruno Berger-Gorski, Bühnenbild/Kostüme: Daniel Adinolfi und Fred Fenner, Licht: Max Karbe
Dirigent: Enrico Delamboye; Beethoven Orchester und Opernchor der Oper Bonn, Einstudierung: Sibylle Wagner
Solisten: George Oniani (Herzog von Mantua), Mark Morouse (Rigoletto), Julia Novikova (Gilda), Martin Tzonev (Graf von Monterone) u.a.
Besuchte Aufführung: 25. Oktober 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Keine Schöne ist vor dem skrupellosen Herzog von Mantua sicher. Sein Hofnarr, der bucklige Rigoletto, verhöhnt die Opfer, wie etwa den Grafen Monterone, dessen Tochter der Herzog verführt hat. Der Graf verflucht den Spötter. Die Höflinge hassen Rigoletto für seine Narrenfreiheit und führen dem Herzog Rigolettos schöne Tochter Gilda zu, die er vor seinem lüsternen Dienstherrn zu verstecken suchte. Gilda wird entführt. Als Rigoletto erfährt, daß seine Tochter entehrt wurde, beschließt er, sich zu rächen und den Herzog durch den Mörder Sparafucile beseitigen zu lassen. Doch dieser treibt ein doppeltes Spiel. Ein anderer soll für den Herzog sterben. Gilda hat das Komplott belauscht und opfert sich.
Aufführung
Auf der Bühne sind die Mündungen von verschieden großen Röhren oder Kanälen zu sehen mit einer großen Öffnung im Zentrum, durch die Chor und Komparsen als Höflinge, sowie Herzog und Rigoletto auf die Bühne strömen. Herzog und Rigoletto tragen silbern glänzende, die übrigen Solosänger weiße Anzüge. Komparsen und Chor zeigen sich in neonfarbenen Trainingsanzügen. Mädchen mit blonden Perücken treten in knappen orangenen Röcken auf, die an die Sicherheitswesten von Bauarbeitern erinnern. Die Männer befingern die Mädchen, der Herzog bezieht von Rigoletto Kokain in großen Mengen, vergeht sich an einem an einer Stange lehnenden Mädchen. Eine Frau mit Hund schminkt ihr Kind und überläßt es gegen Bares einem älteren Mann, der einen Zwergwüchsigen an der Leine führt – ein Panorama der Perversionen. Im nächsten Bild ist vor einer auf einen Vorhang aufgemalten barocken Fassade ein Gerüst mit Zementsäcken zu sehen. Die entführte, in metallglänzende Folie eingehüllte Gilda wird vor der neugierig gaffenden und fotografierenden Menge zu einer Stretchlimousine geschleppt. Das Gerüst ist danach Schauplatz der ausführlich dargestellten Kopulation von Maddalena mit dem Herzog. Dazwischen wird sie von ihrem Bruder Sparafucile vergewaltigt. Am Ende fällt die Vorhangfassade in sich zusammen, dahinter baumelt der Herzog an einem Strick von der Decke.
Sänger und Orchester
Das Ensemble, allen voran Mark Morouse in seinem Debüt als Rigoletto, war mehr als hörenswert. Er wirkte nicht zuletzt durch seine vor allem von der Mimik lebenden Darstellung überzeugend, etwa wie er mit verbundenen Augen die Leiter für die Entführung der eigenen Tochter zu halten hatte. Julia Novikova erhielt zu Recht bereits nach ihrer ersten Arie Bravorufe. Sie spielte die Gilda trotzig gegen ihren sie überbehütenden Vater. Man nahm ihr den sowohl von Liebe als auch von Angst erfüllten Entschluß ab, sich für den Herzog zu opfern, als sie das Haus des Mörders Sparafucile betrat. George Oniani gab musikalisch einen überzeugenden, darstellerisch einen im Kontrast zur Musik stehenden, vor allem widerlich wirkenden Herzog. Ziemlich unpassend war es, ihn seine Bravourarie La donna è mobile wie einen Rockstar, umringt von kreischenden Blondinen, singen zu lassen. In der ersten Hälfte der Aufführung waren Orchester und Sänger nicht immer synchron. Der Dirigent Enrico Delamboye zeigte wenig Gefühl für eine ausgewogene Dynamik zwischen Orchester und Sängern. Im Verlauf besserte sich jedoch dieses Zusammenwirken. Beachtlich war, wie konzentriert die Solisten und auch der Chor, dem Ausdrucksgehalt der Musik vertrauten. Sie befreiten den Hörer dadurch von der Trivialität der Bilder, die mit dem Stoff des 16. Jahrhunderts nicht das mindeste zu tun hatten.
Fazit
Bis auf die mit guter Lichtregie umgesetzte Gewitterszene, in der Rigoletto auf die Ermordung des Herzogs wartet, und den Schluß mit der einstürzenden Fassade, gab es keine Bilder, die im Einklang mit der Musik gewesen wären. Vielmehr wurde eine der schönsten Verdi-Opern erniedrigt und mit menschenverachtenden Darstellungen und platt nach Provokation heischenden Mitteln erzählt, etwa in Gestalt der Orgienszenen oder des Treffens von Maddalena und Herzog. Die Sänger waren zu bewundern: Ihnen gelang eine gute musikalische Interpretation, trotz eines sie nicht immer tragenden Orchesters und der geradezu gegen die Musik gerichteten Regie. Dafür gab es lauthals Buhs bereits nach der ersten Szene, was sich am Ende der Oper wiederholte.
Felicitas Zink
Bild: Thilo Beu/Oper Bonn
Das Bild zeigt: Julia Novikova (Gilda, links oben), Mark Morouse (Rigoletto, Mitte) und Chor