von Carl Maria von Weber (1786-1826), Romantische Oper, Libretto: James Robinson Planché, zweiaktige Textfassung von Martin Mosebach, UA: 1826, London, Royal Opera House Covent Garden.
Regie: Michael Kloss und Manfred Roth, Bühne: Thomas Rump, Kostüme: Esther Dandani, Puppenbau: Hagen Tilp, Beleuchtung: Bernhard Oesterle, Dramaturgie: Dominica Volkert
Dirigent: Patrick Peire, Orchester: Philharmonisches Orchester Freiburg, Chor-Einstudierung: Bernhard Moncad
Solisten: Christian Voigt (Oberon, Gesang), Matthias Lodd (Oberon, Schauspiel), Vanessa Valk (Oberon, Puppenspiel), Anja Jung (Titania, Gesang), Johanna Eiworth (Titania, Schauspiel), Patricia Christmann (Titania, Puppenspiel), Sigrun Schell (Rezia), Gunnar Gudbjörnsson (Hüon), Sang Hee Kim (Fatima), Christoph Waltle (Scherasmin), Kyoung-Eun Lee und Yulianna Waydner (Meermädchen)
Besuchte Aufführung: 7. November 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Das zerstrittene Königselfen-Ehepaar Oberon und Titania hat beschlossen, sich erst wieder zu lieben, wenn ein Menschenpaar sich über alle Gefahren hinweg treu bleibt. Zu diesem Zweck läßt Oberon dem Ritter Huön die orientalische Prinzessin Rezia im Traum erscheinen, damit er sich in sie verliebt. Titania macht dasselbe mit Rezia. Nachdem es Hüon mit Hilfe von Oberons Zauberhorn gelungen ist, Rezia aus einem Harem in Bagdad zu befreien, flüchten sie auf ein Schiff. Titania aber läßt das Schiff kentern, so daß sich die gestrandeten Gefährten, von Piraten verkauft, am Hof des Bei von Tunis wiederfinden. Der Bei verliebt sich in Rezia und will sie heiraten, diese aber möchte lieber sterben. Auch Hüon bleibt gegenüber den Verführungsversuchen der Haremsmädchen standhaft. Im letzten Augenblick gibt Titania nach: Rezia und Hüon haben ihre Prüfung bestanden.
Aufführung
In Martin Mosebachs zweiaktiger Textneufassung von 1995 fehlen einige reine Sprechrollen, z. B Karl der Große, der Kalif von Bagdad oder Puck. Die Handlung rückt nun mehr Oberon und Titania in den Vordergrund, als dies in den vorherigen Fassungen des Librettos der Fall war. Über Hüon und Rezia sowie Scherasmin und Fatima erfährt man kaum etwas, sie sind keine Individuen, sondern stehen ganz unter dem Bann der Elfenherrscher. Daß die Menschen gleichsam wie Marionetten behandelt werden, nimmt die Aufführung wörtlich: Hier sind sie tatsächlich Marionetten. Die Vokalpartien beider Liebespaare übernehmen die Sänger an den Seiten der Bühne. Titania und Oberon gibt es gleich dreimal, als Schauspieler, Sänger und die Menschen-Marionette lenkenden Puppenspieler. Die sechs Figuren der Handlung befinden sich die meiste Zeit auf der trichterförmigen, sich nach vorne ausweitenden Bühne. Deren schwarze Wände werden von Quadraten mit weißen Seiten bedeckt. Hinter einer schiefen Plattform in der Bühnenmitte, auf der die Handlung überwiegend stattfindet, eröffnet eine Drehbühne Möglichkeiten für weitere szenische Schauplätze.
Sänger und Orchester
Insgesamt liefern das Ensemble des Theaters Freiburg, das Philharmonischer Orchester Freiburg und der Opernchor ein überzeugendes Plädoyer für Webers späte Oper. Sigrun Schell sorgt mit ihrem Sopran als Rezia für die nötige Dramatik, sie verfügt außerdem über einen langen Atem und eine flexible Linienführung. Großen Applaus erhält sie für ihre Arie Ozean, du Ungeheuer. Anders verhält es sich leider bei Gunnar Gudbjörnssons Hüon, ein Part, der eigentlich einen Heldentenor verlangt. Gudbjörnsson gehört aber eher ins lyrische Fach. Sein recht enger Tenor klingt in der Höhe oft angestrengt schrill. Zwar gelingen dem Isländer auch schöne Töne, doch treten bei ihm Ausspracheprobleme hinzu (z. B „schone Rezia“ statt „schöne Rezia“). In dieser Aufführung gibt es keine Übertitelung, worunter die Verständlichkeit der Handlung leidet. Anja Jung (Titania) und Christian Voigt (Oberon) sind als Gesangssolisten angenehm artikulationssicher und präsent, der größte Anteil ihrer Figuren entfällt jedoch auf die Sprechrollen, d.h. auf die Schauspieler Johanna Eiworth und Mathias Lodd. Eiworths freche wie facettenreiche Titania dominiert dabei den mehr verhalten gespielten Oberon von Lodd. Erfreulich klangschön und geschmeidig singt Sang Hee Kim die Fatima, Christoph Waltle bleibt als Scherasmin hingegen unauffälliger. Unter Patrick Peire glückt dem präzise aufspielenden Philharmonischen Orchester Freiburg eine gelungene Umsetzung von Webers farbenreich instrumentierter Partitur. Lust am Spiel und stimmliche Durchschlagskraft sind dem Opernchor des Theaters Freiburg zu bescheinigen.
Fazit
Der Jubel beim Publikum für sämtliche Beteiligten war groß. Ein Besuch dieses Oberon lohnt sich, zumal die Oper selten auf dem Spielplan steht. Die Idee, die Menschen als Puppen auftreten zu lassen, wirkt in dieser Umsetzung nur selten gekünstelt, weil sie dem Stoff der Oper angemessen erscheint. Nicht nur für ein eher kleines Haus wie das Freiburger Theater stellt die Inszenierung sowohl szenisch als auch musikalisch insgesamt eine respektable Leistung dar.
Aron Sayed
Bild: Maurice Korbel
Das Bild zeigt: Mitte: Puppenspielerin Patricia Christmann mit Puppe Hüon