von Albert Lortzing (1801-1851), Komische Oper in drei Aufzügen, Libretto vom Komponisten, UA: 1837 Leipzig, Stadttheater
Regie: Adriana Altaras, Bühne/Kostüme: Ingrid Erb, Choreographie: Dimas Casinha, Dramaturg: Ralf Waldschmidt
Dirigent: Kevin John Edusei, Philharmonisches Orchester Augsburg, Chor des Theaters Augsburg, Einstudierung: Karl Andreas Mehling, Kinder und Jugendliche der Ballettschule Erich Payer
Solisten: Jan Friedrich Eggers (Peter I.), Roman Payer (Peter Iwanow), Per Bach Nissen (van Bett), Chathrin Lange (Marie), Stephen Owen (Admiral Lefort), Tareq Nazmi (Lord Syndham), Seung-Hyun Kim (Marquis Chateauneuf), Stephanie Hampl (Witwe Browe), Erik Frithjof Grotz (Offizier)
Besuchte Aufführung: 5. Dezember 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Bisher unentdeckt befindet sich Zar Peter I. im Jahr 1698 als Zimmergeselle auf der Schiffswerft im holländischen Saardam. Auch der junge Peter Iwanow, ein Deserteur, treibt sich hier als Zimmermannsgeselle herum. Als der Zar von Aufständen in Moskau erfährt, plant er seine Abreise. Die Nachricht, daß ein Fremder namens Peter auf der Schiffswerft sein Unwesen treibe, versetzt den Bürgermeister van Bett und die Bürger Saardams in Aufruhr. Van Bett macht Peter Michaelow, den Zaren, und Peter Iwanow als Fremde ausfindig, und hält Iwanow für den Gesuchten. Als bei einer Hochzeitsfeier herauskommt, daß der Gesuchte der Zar ist, plant van Bett ein Fest für diesen. Da nun alle Iwanow für den Zaren halten, ist dieser willig, ihn zu spielen. Bevor der echte Zar abreist, gibt er Iwanow einen Brief, den er erst in einer Stunde lesen darf. Beim Fest wird der Brief geöffnet, in dem sich der Zar zu erkennen gibt. Währenddessen befindet er sich aber schon auf einem auslaufenden Schiff.
Aufführung
Das Bühnenbild von Ingrid Erb zeigt an Rück- und Seitenwänden das gemalte Panorama einer Stadt (St. Petersburg) mit Hafen. Die mobile Rückwand wird während der Aufführung mehrfach auf- und zugezogen, im dritten Aufzug von einem roten Vorhang ersetzt, der zum Schluß aufgezogen wird und ein Schiff erscheinen läßt. Rechts vorne an der Bühne ist ein Steg mit Geländer, über den die Sänger, zum Teil durch die Tür im Zuschauerraum, die Bühne betreten. So kommt am Anfang Peter I. über den Steg auf die Bühne und tauscht dort seine Uniform gegen eine schwarze Kluft. Die Kostüme der Zimmerleute sind, neben einigen modernen Handwerkerkostümen, traditionelle Zunftkleidung in verschiedenen Farben. Die Damen, Jugendlichen und Kinder tragen überwiegend typisch holländische Tracht, allerdings in Kombination mit quietschbunten Strümpfen, Gummistiefeln oder anderen modernen Details. Im ersten Aufzug befinden sich anstelle einer Schiffswerft Holzkisten auf der Bühne, in die die Zimmermänner gerahmte Bilder packen. Die Schenke im zweiten Aufzug wird durch Bierbänke und -tische dargestellt. Während der Zar sich im Original während des Schlußstücks So scheid‘ ich denn von euch schon auf dem auslaufenden Schiff befindet, beginnt er es hier am vorderen Bühnenrand, während Saardams Bürger im Standbild verharren. Erst als der Chor einsetzt, geht er auf das Schiff.
Sänger und Orchester
Gesanglich brillierte Seung-Hyun Kim (Marquis) mit einem klaren Tenor, besonders in Lebe wohl, mein flandrisch Mädchen. Dagegen wirkte Roman Payer (Iwanow), ebenfalls Tenor, eher dünn. Jan Friedrich Eggers (Zar) sang trotz Erkältung einwandfrei und meisterte auch das gesangstechnisch anspruchsvolle Rezitativ mit der Arie Verraten! Von euch verraten. Per Bach Nissen (van Bett) schaffte es, die Komik des selbstgefälligen Bürgermeisters gesanglich und spielerisch darzustellen, ohne dabei ins Lächerliche abzurutschen. Cathrin Lange (Marie) wurde mit ihrem jungen, hellen Sopran ihrer Partie gerecht und zeigte in den Sprechpartien auch schauspielerisches Können. Das Sextett von Seung-Hyun Kim (Marquis) Roman Payer (Iwanow), Jan Friedrich Eggers (Zar), Stephen Owen (Lefort) Tareq Nazmi (Lord Syndham) und Per Bach Nissen (van Bett) gelang besonders gut. Hervorzuheben ist die Leistung des Chors, der die Witzigkeit der Kantate, in der elfmal der gleiche Ton erklingt, gekonnt herausstellte. Kapellmeister Kevin John Edusei und das Orchester wurden in das Spielgeschehen mit einbezogen ohne dabei an eigener Spielkraft einzubüßen. Doch leider übertönte das Orchester an vielen Stellen die Sänger.
Fazit
Wer dachte, Zar und Zimmermann sei nur eine etwas verstaubte Verwechslungskomödie, wurde hier eines Besseren belehrt: Mit neu hinzugefügten Gags erlebten die Zuschauer einen amüsierenden Abend, der durch Anspielungen auf Gewerkschaftsstreiks, die Augsburger Lokalzeitung und den Weihnachtsmarkt mit aktuellen Bezügen angereichert wurde. Dabei wurde im Wesentlichen nicht von Lortzings Text abgewichen. Nachdem während der Aufführung reichlich gelacht wurde, dankte das Publikum mit langem Applaus.
Anna Setecki
Bild: A. T. Schäfer
Das Bild zeigt: den Holzschuhtanz während des Festes für den Zaren mit Kindern und Jugendlichen der Ballettschule Payer, links Per Bach Nissen (van Bett)