von Claudio Monteverdi (1567-1643) Dramma per musica in drei Akten und Prolog, Libretto: Giacano Badoaro, UA: 1640 Venedig
Regie: Jakob Peters-Messer, Bühne: Markus Meyer, Kostüme: Sven Bindseil, Dramaturgie: Johannes Blum, Licht: Fredy Deisenroth
Dirigent: Boris Brinkmann, Wuppertaler Sinfonieorchester
Solisten: Timothy Sharp (Odysseus/Die menschliche Zerbrechlichkeit), Joslyn Rechter (Penelope), Banu Böke (Athene/Die Liebe), Christian Sturm (Telemachos), Miriam Scholz (Eurykleia), Miljan Milovic (Eumaios), Nathan Northrup (Peisandros), Marco Agostini (Anfinomo), Thomas Schobert (Antinoos/Die Zeit), Peter König (Iros), Ute Temizel (Das Schicksal)
Besuchte Aufführung: 15. Januar 2010 (Premiere)
Kurzinhalt
Vor dem Einsetzen der Handlung stehen im Prolog die allegorischen Figuren Zeit, Schicksal und Liebe der Menschlichen Zerbrechlichkeit gegenüber; sie kommen zu dem Schluß, daß der Mensch dem Spiel höherer Mächte ausgesetzt ist. Seit zwanzig Jahren wartet Penelope in Ithaka auf die Heimkehr ihres Mannes Odysseus aus dem trojanischen Krieg. Im Laufe der Zeit haben sich einige Freier in Penelopes Palast eingenistet und umgarnen die Königin. Odysseus wird von den Phäaken am Strand von Ithaka ausgesetzt. Verkleidet macht er sich daran, Frau und Thron wieder zu erobern. Bei dem Hirten Eumaios findet er Unterstützung, danach gibt er sich seinem Sohn Telemachos zu erkennen und begibt sich in seinen Palast. Die Freier umwerben Penelope erneut und stören sich an dem als Bettler verkleideten Odysseus. Dieser besiegt zuerst einen Freier im Zweikampf, bevor er in der anschließenden Bogenprobe auch die übrigen von ihnen tötet.
Aufführung
Die Bühne besteht aus drei Teilen: Der Frontbereich ist ebenerdig bespielbar, an den Rändern liegen Müllsäcke und Elektroschrott. Wenn es im Prolog heißt Das Leben ist ein Glücksspiel, werden hier die Verlierer gezeigt. Über diese Requisiten kann der dahinter liegende, komplett in weiß gehaltene Raum bestiegen werden, der den Palast von Penelope darstellt. Nach hinten wird der Raum an allen vier Seiten enger. Die abgeschrägte Decke kann im Verlauf der Oper hochgefahren werden; so können die Götter quasi vom Himmel herab zu den Menschen steigen. Die Kostüme sind zeitgenössisch gehalten: Die Freier in Anzügen, der gefräßige Iros in Jogginghose, Odysseus hingegen in konventioneller Alltagskleidung.
Sänger und Orchester
Unter der Leitung von Boris Brinkmann präsentiert eine kleine Anzahl von Musikern des Wuppertaler Sinfonieorchesters einen schlanken, bewegten Monteverdi. Da kein Original-Quelle existiert, gibt es verschiedene Besetzungsmöglichkeiten, z.B. mit Orgel sowie historischen und nicht-historischen Instrumenten, insbesondere in den rezitativischen Passagen. In Wuppertal wird darauf verzichtet und mit konventionellem Instrumentarium gespielt. In kleiner Besetzung kann die Orchestermusik voll überzeugen: Die für die Oper kennzeichnenden Wechsel zwischen heiteren und ernsten Stellen sind, ganz im barocken Stil ohne Vibrato, deutlich voneinander abgesetzt. Z.B. klingt bei der komischen Besiegung von Iros die Sinfonia da guerra spöttisch, um später bei der Tötung der Freier ernst zu tönen. Die Wendungen des Stoffes bringt auch Joslyn Rechter (Penelope) auf die Bühne. Der Stimmklang ihres Eröffnungsmonologes Di misera regina – Elende Königin ist gezeichnet von düster-trauriger Verzweiflung, und schlägt dem dramatischen Text folgend in Hoffnung auf eine baldige Rückkehr um. Bemerkenswert, wie sie hier die Höhen nimmt, scheinbar ohne irgendwelche Probleme. Als ihr Mann weiß Timothy Sharp (Odysseus/Die menschliche Zerbrechlichkeit) in den lyrischen Passagen seiner Partie zu gefallen, ohne jedoch einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Man vermißt das Individuelle in seinem Gesang. Eine eigene Klangfarbe fehlt auch Christian Sturm (Telemachos), seine Stärken liegen ebenfalls in den lyrischen Passagen. Del mio lungo viaggio – Von meinen Irrfahrten gelingt fast schon zu zerbrechlich leicht. Banu Böke (Athene) ist gewohnt souverän, nimmt ihre Koloraturen beschwingt, zum Beispiel in O coraggioso Ulisse – O mutiger Odysseus. Regelmäßige Besucher der Wuppertaler Bühne wissen aber, daß sie noch mehr kann. Besonders zu gefallen wissen der vorher als erkältet angekündigte Peter König (Iros) mit einem zupackenden O dolor! O martir! – Oh Schmerzen! Oh Leiden! und Marco Agostino (Anfinomo) als der beste von den Freiern. Sein Mitbewerber Nathan Northrup (Peisandros) singt mit zu dünner Stimme, Thomas Schobert (Antinoos/Die Zeit) dröhnt unangenehm in den tiefen Passagen seiner Partie.
Fazit
Ein gut aufgelegtes Orchester und eine Inszenierung, die sowohl die heiteren als auch die tragischen Elemente der Oper berücksichtigte, sorgten für einen kurzweiligen Abend, bei der Leistung des Sängerensembles mußten jedoch einige Abstriche hingenommen werden.
Malte Wasem
Bild: Uwe Stratmann
Das Bild zeigt: Christian Sturm (Telemaco); Joslyn Rechter (Penelope); Banu Böke (Minerva); Timothy Sharp (Ulisse)